Drei Branchengespräche Fleisch hat es mit dem heutigen Treffen seit dem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Deutschland bislang gegeben. Bei keinem dieser Treffen kam für die betroffenen Landwirte recht viel mehr heraus als Ankündigungen. Der Gipfel der Frechheit ist es, wenn Politiker den Landwirten nahelegen, sie sollen jetzt ihre Tierbestände reduzieren - wie Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner es etwa nach dem zweiten Gipfel tat und heute andeutungsweise wieder getan hat. Man kann ruhig darüber reden, welche und wie viel Nutztierhaltung Deutschland in Zukunft braucht und will, man kann über die Borchert-Vorschläge streiten, aber selbst wenn man sich auf den Kopf stellt: Eine trächtige Zuchtsau bleibt knapp vier Monate trächtig.
Was hat der Schweinzyklus mit der Krise zu tun?
Man denke an den Schweinezyklus: Angebot und Nachfrage schwanken zeitverzögert und daher kommt es periodisch zu Zeiten von Überversorgung (schlechte Preise für die Bauern) und Unterversorgung (gute Preise). Wenn etwa eine Ferkelerzeugerin oder ein Ferkelerzeuger im Oktober 2020 der Aufforderung von Julia Klöckner folgte, Produktionskapazitäten zurückzufahren, wurde sie oder er doppelt bestraft: Als die Preise im Herbst schlecht waren, war der Bestand groß (und folglich auch die Verluste), als die Preise von April bis Juni besser waren, war der Bestand klein (und folglich auch die Möglichkeit auf einen zumindest teilweisen Ausgleich der früheren Verluste).
Warum der Verweis auf EU-Hilfen eine Nebelkerze ist
Wenn das Bundeslandwirtschaftsministerium ankündigt, in Brüssel um Hilfen für die Schweinehalter nachgefragt zu haben, so ist das eine Nebelkerze. Vor dem Ausbruch der ASP in Deutschland war aus dem Ressort zu hören, dass man sich im Krisenfalle schnellstmöglich um Beihilfen zur privaten Lagerhaltung bemühen werden. Nach Ausbruch der Krise merkte man, dass das in der derzeitigen Krise nichts nützt, weil das Fleisch nach ein paar Monaten dann wieder auf den Markt drängt. Die Beihilfen-Karte wurden daher in der gesamten Krise auch nicht gezogen.
Aktuell wirbt das Bundeslandwirtschaftsministerium auf EU-Ebene um eine Anpassung der sogenannten „De Minimis“-Regelung, die Sonderbeihilfen bis zu einer gewissen Höhe erlaubt. Die Erfolgsaussichten dafür sind aber winzig bis nicht vorhanden, weil „De Minimis“ eine EU-weite Regelung ist, die nicht ohne weiteres auf Wunsch eines einzelnen Landes angepasst werden kann. Selbst wenn es dafür eine Mehrheit gäbe, müsste immer noch ein mehrjähriges Verwaltungsverfahren durchlaufen werden. Schnelle Hilfe sieht anders aus.
Überbrückungshilfe III Plus als Notnagel
Die Forderungen aus der Branche nach einer „Zukunftsprämie Schweinehaltung“, die auch als „Ausstiegsprämie“ genutzt werden kann, schlägt die Bundespolitik ins hohe Gras nach der Wahl. Was dann passiert, ist völlig offen. Übrig bleibt lediglich als Trostpflaster für die Bauern die Verlängerung der Corona-Überbrückungshilfe III Plus bis Jahresende. Sie kann betroffenen Tierhaltern in der Tat helfen. Zurückzuführen ist dieser Erfolg allerdings nicht allein auf die Agrarpolitik, sondern auf die politische Großwetterlage, angesichts der anhaltenden Corona-Pandemie und der bevorstehenden Bundestagswahl. Und auch hier gibt es noch Handlungsbedarf: Aus einigen Ländern ist zu hören, dass sich die Bearbeitung der Hilfen für Landwirte verzögert, weil Nachfragen kommen, ob der Umsatzrückgang coronabedingt ist. Das ist angesichts der Marktlage zweifellos der Fall und sollte auch so von der Bundesregierung klargestellt werden.
Kleine Erfolge beim Regionalisierungsprinzip
Was man der Fairness halber der Agrarpolitik als Erfolg zugestehen kann, sind Erfolge bei der Anwendung des sogenannten „Regionalisierungsprinzips“. Demnach lassen Handelspartner weiterhin deutsches Schweinefleisch aus den Regionen auf ihre Märkte, die nicht von der ASP betroffen sind. Kanada und Vietnam sind zwei von einer Handvoll Ländern, denen das gelungen ist. Der „große Preis“ China bleibt aber weiterhin außer Reichweite. Hilfreich ist es bei diesen Bemühungen nicht, wenn es ASP-Fälle in deutschen Hausschweine-Beständen gibt - wie unlängst geschehen. Und hier sind wir beim kritischen Punkt, der Verantwortung im Umgang mit der Seuche.
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