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Nach Brand: Tierrechtsorganisation PETA zeigt Landwirt an

Der Betrieb in Obing liegt in Schutt und Asche.
Philipp Seitz, Bayerisches Landwirtschaftliches Wochenblatt
am Donnerstag, 28.07.2022 - 05:15 (2 Kommentare)

Die Feuertragödie von Obing ist mehr, als nur eine Katastrophe für den betroffenen Landwirt. Der Fall zeigt, wie Organisationen den Brand nutzen, um Aufmerksamkeit zu erzielen. Doch das wiederum sorgt vor Ort für Empörung.

Der Hof in Obing nach dem Brand: Die Glutnester mussten noch tagelang gelöscht werden.

Flammen schießen aus dem Strohstadel empor, Feuerwehrleute versuchen, den Brand unter Kontrolle zu bringen: Es sind Bilder, die eine Landwirtsfamilie aus Obing im oberbayerischen Landkreis Traunstein nicht mehr vergessen wird.

Und es sind Aufnahmen einer Katastrophe, die von den Zeitungen abgedruckt und für ein großes mediales Echo sorgen werden. Vier Kälber kamen bei dem Brand ums Leben, die Polizei schätzte den Schaden auf eine halbe Million Euro.

PETA kündigt Strafanzeige gegen den Landwirt an

Die Brandtragödie von Obing ist jedoch mehr, als nur ein furchtbares Drama für die Familie, die selbst kurz nach dem Brand sagte, dass sie nahezu alles verloren habe. Der Fall Obing ist ein Paradebeispiel dafür, wie ein furchtbares Drama im Kampf um Aufmerksamkeit geschickt genutzt wird.

Denn die Brandtragödie von Obing könnte jetzt ein juristisches Nachspiel haben: Die Organisation PETA hat nach eigenen Angaben Strafanzeige gegen den Landwirt aus Obing gestellt. So ist es in einer von PETA veröffentlichten Mitteilung an die Medien zu lesen. Konkret spricht die Organisation davon, dass die Tiere aufgrund mutmaßlich unzureichender Brandschutzmaßnahmen „qualvoll in den Flammen“ verendet seien.

Die angekündigte Anzeige von PETA gegen den Landwirt sorgte in den sozialen Netzwerken für Empörung und Kritik. Unter dem Beitrag eines Online-Portals auf der digitalen Plattform Facebook ist etwa der folgende Kommentar zu lesen: „Die Familie hat alles verloren und dann kommt so eine Gruppe und haut noch einen drauf! Wie krank ist das?“

Wie die Tierrechtler ihre Anzeige begründen

Die Anzeige begründet PETA unter anderem damit, dass zehn Tiere in den Flammen verendet seien. Doch das stimmt nicht: Tatsächlich waren es vier Kälber, wie auch die Polizei dem Wochenblatt bestätigte. Die Organisation argumentiert zudem damit, dass der Landwirt gegen das Tierschutzgesetz verstoßen haben soll, weil bei dem Brand Tiere starben. Es würde Sicherheitsvorkehrungen geben, die laut PETA „meist aus Kostengründen nicht genutzt werden“.

Doch um was geht es der Organisation Peta: Um den Tierschutz oder doch um schnelle mediale Aufmerksamkeit? Der Bayerische Bauernverband (BBV) vermutet Letzteres. Nach Einschätzung der Rechtsabteilung des BBV kann der betroffene Landwirt einer angekündigten Klage von PETA „mit allergrößter Gelassenheit“ entgegensehen. Die Juristen des Verbandes rechnen damit, dass das Verfahren eingestellt wird. Der Bauernverband vermutet, dass die Organisation mit ihrer Anzeige eigene Motive verfolgt. Die Anzeige sei für den Verband „nicht nachvollziehbar“.

Carl von Butler, stellvertretender BBV-Generalsekretär, sagte dem Wochenblatt: Für PETA könne eine Anzeige schon Sinn machen, um etwa Spendengelder zu gewinnen. „Insofern gibt es hier ja gänzlich unterschiedliche Motivationen zu einem solchen Vorgehen.“ Gegen Falschverdächtigungen könne die angezeigte Person auch vorgehen. PETA selbst formuliere deshalb den Vorwurf „wachsweich“. Der BBV gehe davon aus, dass das Stallgebäude genehmigungskonform errichtet und betrieben worden sei. Der Vorwurf von PETA sei damit „von vornherein unbegründet“.

Es geht um mediale Aufmerksamkeit, nicht um juristische Aufarbeitung

Tatsächlich erzielt PETA mit den angekündigten Anzeigen zwar große Aufmerksamkeit, doch dem BBV sind keine strafrechtlichen Verurteilungen von Landwirten aufgrund von Anzeigen nach Bränden bekannt. Selbst eine PETA-Sprecherin bestätigt das: Vor Gericht sei nach einem Brand auf einem landwirtschaftlichen Betrieb noch keine PETA-Anzeige verhandelt worden. „Wir verdienen mit Anzeigen kein Geld, wir verdienen unser Geld über Spenden.“

Um den juristischen Erfolg geht es der Organisation, wie im Gespräch deutlich wird, nicht: „Wir wollen auf ein gesellschaftliches Problem aufmerksam machen“, sagt Lisa Kainz, Fachreferentin bei PETA. Ihrer Ansicht nach sei der Brandschutz bei den kleineren Ställen „quasi gar nicht vorhanden“. Dieses Thema müsse die Politik angehen – und dabei auch den Betrieben in Finanzierungsfragen helfen. „Es muss ein hoher Brandschutzstandard in den Ställen vorhanden sein“, lautet ihre Forderung. Alles andere sei im Brandfall eine „fahrlässige Tötung von Lebewesen“.

Der Staatsanwaltschaft liegt keine Anzeige vor

Die Anschuldigungen von PETA verärgern wiederum Obings Bürgermeister Josef Huber. Auf die Anzeige angesprochen, holt der Politiker erst einmal tief Luft. „So geht man nicht mit Menschen um, denen ein solches Unglück widerfahren ist“, sagt er wütend.

Der Organisation PETA wirft Huber schlechten Stil vor: Das Unglück sei der Familie und allen im Ort, die sie kennen, sehr nahe gegangen. „Die Situation ist für alle Beteiligten nicht einfach.“ Und dann komme gerade jetzt die Ankündigung von PETA, Anzeige erstattet zu haben. Ein Vorgehen, das den Bürgermeister empört: „Die Familie hat davon aus der Presse erfahren und die Mitteilung von Peta war zudem sehr schlecht formuliert. Das kann ich nicht tolerieren und so ein Vorgehen verurteile ich!“

Zur Anzeige selbst will sich Bürgermeister Huber nicht äußern – und der Organisation auch keine zusätzliche Aufmerksamkeit schenken: „Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch keine Anzeige eingegangen und uns liegt nichts Offizielles vor.“ Darauf verweist auch der betroffene Landwirt. Und tatsächlich liegt auch der Staatsanwaltschaft Traunstein derzeit noch keine Strafanzeige von PETA vor. „Die Anzeige ist gestellt worden“, sagt hingegen eine Sprecherin von PETA.

Egal, ob die Anzeige eingegangen ist oder nicht: Erfolg hatte die Organisation PETA schon jetzt. Ihre Pressemitteilung und die angekündigte Anzeige haben den Tierrechtlern hohe Aufmerksamkeit beschert.

Der BBV kritisiert das: „Wir gehen davon aus, dass PETA die Tierschutzthematik vorrangig dazu nutzt Spendengelder zu generieren. Mutmaßlich werden diese Spendengelder nicht für direkte Zwecke des Tierschutzes, sondern eher zur Honorierung des gehobenen Lebensstandards der hinter PETA stehenden Personen verwendet.“

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