Selten sind die Reaktionen auf ein Strategiepapier so einhellig zustimmend ausgefallen, wie auf den gestern vom Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung offiziell vorgestellten Abschlussbericht, der agrarheute vorab vorlag.
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, nannte die Vorschläge „grundsätzlich eine Möglichkeit, der Nutztierhaltung in Deutschland eine Zukunftsperspektive zu geben“. Entscheidend sei, dass die Honorierung für höhere Standards tatsächlich bei den Landwirten ankomme, so der DBV-Präsident. Eine langfristige Verlässlichkeit der vorgeschlagenen Tierwohlprämien müsse daher für alle Tierhalter sichergestellt werden.
Rukwied erklärte ferner, die Verbraucher müssten bei ihrem Einkauf den Tierwohlstandard eindeutig erkennen können „und auch aus welchem Land das Fleisch kommt“. Deshalb fordere der Bauernverband eine verpflichtende und flächendeckende Haltungs- und Herkunftskennzeichnung für Fleisch- und Wurstwaren.
"Endlich eine Strategie, die den Namen verdient"
Der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV) bezeichnete die Vorschläge als eine gute Grundlage, um einen neuen gesellschaftlichen Konsens über die Form der landwirtschaftlichen Tierhaltung herzustellen. „Nach Jahren unbefriedigender Debatten liegt jetzt endlich eine nationale Nutztierstrategie vor, die diesen Namen auch verdient“, sagte WLV-Präsident Johannes Röring.
„Bäuerliche Tierhaltung in Deutschland bekommt wieder Zukunft, wenn die Vorschläge des Kompetenznetzwerkes Nutztierhaltung jetzt politisch umgesetzt werden“, lobte der Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Martin Schulz. Der „starke politische Lösungsansatz“ sei ausgesprochen ermutigend angesichts der vielfach angespannten Situation auf den Höfen.
Für den stellvertretenden Vorsitzenden des Bundes der Deutschen Landjugend (BDL), Stefan Schmidt, sind die Vorschläge „keine kleinkarierten Empfehlungen“, sondern „ein Stück Zukunft für die Nutztierhaltung, für mehr Tierwohl und Umweltschutz“. Deren Realisierung biete die Chance, die Landwirtschaft zukunftssicher und den gesellschaftlichen Ansprüchen entsprechend aufzustellen.
Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung
Tier- und Verbraucherschützer gespalten
„Es scheint sich etwas zu bewegen, auch wenn bei der Umsetzung im Detail aus Tierschutzsicht weitere Verbesserungen nötig wären“, kommentierte der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, die Empfehlungen. Für ihn sind die zeitlichen Stufen für die Erreichung höherer Tierwohlstandards allerdings „nicht ambitioniert genug“.
Eine Außenseiterrolle nahm die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) ein. Der vzbv begrüßte zwar die Empfehlungen, beendete aber dennoch seine Mitarbeit im Kompetenznetzwerk. Zur Begründung führte vzbv-Vorstand Klaus Müller den Vorschlag zur Einführung einer Tierwohlabgabe an, um die Umbaukosten zu finanzieren. Besser wären aus seiner Sicht eine Umschichtung bestehender Subventionen, ein staatliches Tierwohllabel und höhere gesetzliche Standards, die auch zu höheren Fleischpreisen für Verbraucher führen müssten.
Selbst Greenpeace zufrieden
Die Empfehlungen der Borchert-Kommission stießen auch bei den Umweltverbänden auf Zustimmung. „In den nächsten 20 Jahren kann damit eine gesellschaftlich wertgeschätzte Nutztierhaltung erreicht werden, die sowohl besser für die Tiere als auch für das Klima und die Umwelt ist“, sagte der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Olaf Bandt, heute in Berlin.
Ähnlich äußerte sich Greenpeace. „Eine zweckgebundene Tierwohlabgabe stellt sicher, dass das Geld der Verbraucher zielgenau bei Landwirten ankommt, die für bessere Haltungsbedingungen in ihren Ställen sorgen“, kommentierte Greenpeace-Landwirtschaftsreferent Martin Hofstetter den Vorschlag der Borchert-Kommission für eine mengenbezogene Verbrauchssteuer auf tierische Produkte.
FDP gegen eine Fleischsteuer
Seltene Einmütigkeit auch im Bundestag: Die Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung wurden von der Opposition weitgehend positiv aufgenommen. Skeptisch zeigte sich lediglich die FDP. „Bessere Haltungsbedingungen erreichen wir nur mit europaweiten Standards, nicht aber mit einer wie auch immer ausgestalteten Fleischsteuer, die am Ende nur den Staatssäckel füllt, nicht aber bei den Tieren ankommt“, monierte der agrarpolitische Sprecher der Liberalen, Dr. Gero Hocker.
„Vieles von dem, was die Borchert-Kommission bekanntgegeben hat, geht in die richtige Richtung“, sagte dagegen der Vorsitzende der Grünen im Bundestag, Dr. Anton Hofreiter. Für Agrarsprecher Friedrich Ostendorff liegt der Ball bei Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, „die jetzt endlich vom Reden ins Handeln kommen muss“.
AfD sieht Chance auf durchdachte Zielbilder
Nach Auffassung der agrarpolitischen Sprecherin der Linksfraktion, Dr. Kirsten Tackmann, dürfen die Empfehlungen des Kompetenznetzwerks nicht wieder „in der Schublade landen wie das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik 2015“.
Der Agrarsprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Stephan Protschka, sieht in den Empfehlungen der Borchert-Kommission die Chance, „dass wir ganzheitlich durchdachte und zukunftsfähige Zielbilder für die Entwicklung der heimischen Nutztierhaltung formulieren“. Protschka meinte, ein Umbau der Nutztierhaltung sollte „gemäß den Empfehlungen der Borchert Kommission angestrebt werden“.
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