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Notfallszenario Yellowhammer

Brexit: Nahrungsknappheit, steigende Preise und Hamsterkäufe

No deal brexit
am Montag, 16.09.2019 - 14:00 (1 Kommentar)

Unruhen, knappe Nahrungsmittel, Hamsterkäufe, steigende Preise bei Lebensmitteln und lange Warteschlangen an den Grenzübergängen, sind nur einige der Risiken die das als Yellowhammer-Dokument bezeichnet Notfallszenario der britischen Regierung bei einem No-Deal-Brexit am 31. Oktober enthält.

Das Dokument musste in der vergangenen Woche von der Regierung auf Druck der Abgeordneten veröffentlicht werden. Das als "Official Sensitive" gekennzeichnete und auf den 2. August 2019 datierte Dokument enthält eine Reihe von "Worst-Case-Planungsannahmen".

Es wurde im Rahmen der "Operation Yellowhammer" ausgearbeitet - das ist der Name des Notfallplans der britischen Regierung zur Vorbereitung auf einen uneingeschränkten Austritt aus der Europäischen Union. Die britische Regierung gibt zusätzliche 2,1 Mrd. GBP für die Planung des No-Deals aus und aktualisiert diese Planungsannahmen fortlaufend.

Operation Yellowhammer

Nach Berichten der BBC und der britischen Presse hatte die britische Regierung versuchte, sich der Veröffentlichung des Dokuments „Operation Yellowhammer“ zu widersetzen. Man verlor jedoch am Montag  noch vor der Suspendierung des Parlaments die entscheidende Abstimmung über das Thema im Unterhaus und war daher gezwungen, dies zu tun.

Das sechsseitige Dokument warnt unter anderem vor Unterbrechungen des Warenverkehrs in Dover und an den anderen Kanalübergängen. Direkte Folgen wären ein erhöhtes Risiko bei der Versorgung mit frischen Lebensmitteln.

In Bezug auf die Versorgung mit Lebensmittel heißt es in dem Dokument, dass bestimmte Arten der Versorgung mit frischen Lebensmitteln "abnehmen" und dass "kritische Abhängigkeiten für die Lebensmittelkette", z. B. bei Schlüsselzutaten "möglicherweise kürzer sind."

Angebot schrumpft, Preise steigen

Lebensmittel Lager

Diese Faktoren würden zwar nicht zu einer allgemeinen Nahrungsmittelknappheit führen, "sondern die Verfügbarkeit und Auswahl von Produkten verringern und den Preis erhöhen, was sich auf bestimmte Gruppen auswirken könnte". Das Dokument besagt auch, dass besondere einkommensschwache Gruppen "überproportional von Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Treibstoffen betroffen sein werden".

Der kanalübergreifende Warenfluss könnte außerdem "erheblichen Störungen von bis zu sechs Monaten Dauer" ausgesetzt sein. "Das wird sich auch auf die Versorgung mit Medikamenten und medizinischen Hilfsgütern auswirken", heißt es.

Chris Mason von der BBC sagte dazu, dass einige der skizzierten Szenarien "krass" seien, aber die Minister bestanden darauf, dass das Papier keine Vorhersage darüber sei, was am Ende wirklich passieren wird. Das Dokument, das bisher als „sensibel" eingestuft wurde, ist kein offizielles Kabinettspapier. Es stammt aus den ersten 10 Tagen, nachdem Boris Johnson Premierminister wurde.

Warenverkehr kommt ins Stocken

LKW Warenverkehr

Britische Einzelhändler sagten indessen, dass das Dokument bestätigt, was sie erwarten, das im Falle eines No-Deal-Brexit passieren wird. "Die Verfügbarkeit frischer Lebensmittel wird sinken, die Auswahl der Verbraucher wird zurückgehen und die Preise werden steigen", sagte Helen Dickinson vom British Retail Consortium.

Alles hängt mit der Grundannahme zusammen, dass der Güterverkehr über den Ärmelkanal empfindlich gestört wird. In dem Dokument, heißt es, dass Frankreich möglicherweise am ersten Tag EU-Kontrollen für Waren verhängen könnte, die nach Dover kommen. Dies könnte den Lastkraftwagenfluss über den Kanal um 40 bis 60 Prozent verringern und bis zu drei Monate lang zu schweren Störungen führen.

Mehr als die Hälfte der Warenlieferungen dürfte bis zu zweieinhalb Tage stecken bleibt, heißt es in dem Papier. Die Annahmen über die Handelsströme haben sich in letzter Zeit jedoch verbessert heißt es weiter,  sie sind aber immer noch unzureichend. In jedem Fall handelt es sich bei dem Dokument um die tatsächlichen, plausiblen und kurzfristigen Schocks eines unveränderten Brexits.

Panikkäufe von Nahrungsmitteln möglich

Das Dokument räumte weiterhin ein, dass die Regierung möglicherweise nicht in der Lage ist, die vollständigen Auswirkungen auf die Lieferkette für Lebensmittel und Landwirtschaft vorherzusagen: „Bestimmte Arten der Frischwarenversorgung werden abnehmen“, heißt es. "Es besteht die Gefahr, dass durch Panikkäufe die Versorgung mit Nahrungsmitteln unterbrochen oder verschlechtert wird."

Weitere Hürden könnten die Unterbrechung grenzüberschreitender Finanzdienstleistungen im Vereinigten Königreich und Probleme mit dem Fluss personenbezogener Daten aus der EU sein. Die Existenz des Projekts Yellowhammer - benannt nach einem kleinen Singvogel - wurde erstmals im September 2018 bekannt.

Im August hatte die Sunday Times erstmals ein vollständiges Exposé über den Inhalt des Dossiers veröffentlicht, dass unter anderem Warnungen vor steigenden Lebensmittelpreisen und der Verknappung von Treibstoff und Problemen medizinischer Versorgung enthielt.

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