Für den amtierenden Vorsitzenden der Agrarministerkonferenz, Sachsens Landwirtschaftsminister Wolfram Günther (Grüne), ist die Sache bei der Düngeverordnung klar: Bei der Festlegung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift (AVV) zur Ausweisung der roten und gelben Gebiete (Gegenden mit hohen Nitrat- und Phosphatbelastung) im Rahmen der Düngeverordnung hat der Bund seine Hausaufgaben nicht gemacht. Bei einer Pressekonferenz zum Abschluss der Agrarministerkonferenz erklärte Günther, dass die Länder nur im Vertrauen auf die Abstimmung der Inhalte mit der EU-Kommission zugestimmt hätten. Nun zeige sich, dass dem nicht so war und weitere Verschärfungen drohten. Günther zeigte sich besorgt, denn „wir stehen bei unseren Landwirten im Wort.“
Till Backhaus: Schwarze Wolken treiben auf uns zu
Till Backhaus (SPD), Landwirtschaftsminister von Mecklenburg-Vorpommern, fügte warnend hinzu: Es gebe Hinweise aus Brüssel, dass die AVV, die vom Bundeslandwirtschaftsministerium im Rahmen der Ausgestaltung der Düngeverordnung erarbeitet worden sei, nicht von der EU-Kommission akzeptiert würde. Konkret betreffe dies insbesondere die Binnendifferenzierung der roten und gelben Gebiete sowie die Modellierung. Dies könne weitreichende Konsequenzen haben. Unter anderem könne die EU-Kommission die Verhängung von hohen Strafen gegen die Bundesrepublik erwirken. Wörtlich sagte Backhaus: „Ich sehe hier ganz schwarze Wolken am Horizont auf uns zutreiben. Ich hoffe, dass wir das Problem ganz schnell gelöst kriegen.“
Klöckner: Länder waren immer mit im Boot
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner betonte, der Bund habe die Länder bei der Ausgestaltung der AVV nicht getäuscht. Es habe bei der Ausgestaltung der Vorschrift wöchentliche Treffen von Bund und Ländern gegeben. Gerade die Frage der Modellierung und der Binnendifferenzierung sei gemeinsam mit den Ländern erarbeitet worden.
Günther: Bund habe massiv Druck gemacht
Minister Günther wollte das nicht unkommentiert stehen lassen. Er verwies auf den vom Bund immer wieder genannten hohen Zeitdruck in den Gesprächen. Die Argumentation sei immer gewesen, die Länder müssten wegen des Drucks aus Brüssel zustimmen. Nun sei er sehr erstaunt, warum die EU-Kommission das Ergebnis dieser Gespräche nicht akzeptiere. Klöckner erklärte, dass dieses Erstaunen Bund und Länder verbinde.
Rote Gebiete allein in NRW würden von 20 % auf 60 % anwachsen
Nun schaltete sich Minister Backhaus ein. Er betonte: "Wenn wir das Problem mit dem Nitrat im Grundwasser nicht lösen, geht es ans Eingemachte." Zuerst habe es immer geheißen, die Länder könnten wegen des Drucks aus Brüssel an der AVV nichts ändern. Dem sei man nachgekommen und nun könne es nicht sein, dass die EU-Kommission den Kompromiss nicht akzeptiere. Er verwies auf eine Warnung aus Nordrhein-Westfalen: Wenn die Kommission die Festlegung der roten Gebiete nicht akzeptiere, würde deren Anteil an der Landesfläche wieder von 20 % auf 60 % steigen.
Peter Hauck verweist auf Rolle der Wasserverbände
Peter Hauk (CDU), Landesagrarminister aus Baden-Württemberg, ergriff das Wort. Den Ländern sei von Bundesumweltministerium und Bundeslandwirtschaftsministerium vermittelt worden, dass das Verfahren mit der Kommission abgeschlossen sei. Erstaunlich sei, dass die Kommission mit den Ergebnissen dieses Verfahrens nun nicht zufrieden sei. Er legte nahe, dass Beschwerden von Wasserverbänden bei der Kommission hier eine Rolle gespielt haben könnten.
Axel Vogel zeigt sich erstaunt über Fragen zu gelben Gebieten
Axel Vogel (Grüne), Landwirtschaftsminister Brandenburgs, verwies darauf, dass auch die Ausweisung von phosphatbelasteten Gebieten strittig sei. Hier habe sein Bundesland den Weg gewählt, Gewässerrandstreifen auszuweisen und nicht modellierte Gebiete. Er beklagte: "Das wurde von der Kommission auch in Frage gestellt, obwohl das alles aus unserer Sicht eindeutig geklärt war."
Wolfram Günther: Stehen vor Scherbenhaufen
Günther sagte zusammenfassend: "Jetzt stehen wir vor so einer Art Scherbenhaufen und wissen nicht so richtig, wie es weitergeht." Die Schreiben der EU seien relativ harsch und die Länder hätten keine Klarheit, obwohl das Jahr 2021 schon weit fortgeschritten sei.
Ausweisung zahlreicher neuer roter Gebiete könnte drohen
Das ließ Klöckner nicht stehen. Sie sagte wörtlich: "Scherbenhaufen, also Leute!" Die CDU-Politikerin betonte, dass die Kommission Nachfragen habe. Dies sein in Ordnung. Die Länder hätten nun die Chance, diese Fragen zu beantworten. Bund und Länder seien sich einig, dass gut gearbeitet worden sei. Die Kommission sei mit den Instrumenten zufrieden und kritisiere jetzt erstaunlicher Weise die Umsetzung der Regulierung bei der AVV. Nicht kritisiert werde aus Brüssel die Umsetzung der Düngeverordnung als Ganzes. Entscheidend werde sein, dass die neuen Regeln verursachergerecht seien. Wenn das Vorgehen von der Kommission nicht akzeptiert werde, würde es zu einer massiven Neuausweisung von roten Gebieten kommen. Dann müsse man die Kommission aber auch fragen, wo künftig die im Rahmen des Green Deals von ihr gewünschten regional produzierten Lebensmittel herkommen sollten.
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