Anlässlich der Beratung eines Gesetzentwurfs, mit dem die EU-Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken (UTP-Richtlinie) in Deutschland umgesetzt werden soll, sprach sich der Bundesrat heute (12.2.2021) in seiner historischen 1.000sten Sitzung für eine erhebliche Verschärfung des Regierungsentwurfs aus.
In ihrer Stellungnahme fordert die Länderkammer:
- auf Niedrigpreise abgestellte Werbung für Fleisch und Fleischerzeugnisse zu verbieten.
- die Verarbeitungsunternehmen für die Gestaltung fairer Lieferbeziehungen stärker in die Pflicht zu nehmen.
- alle Handelspraktiken der sogenannten grauen Liste zu verbieten. Diese Praktiken gelten gemäß EU-Recht zwar als unerwünscht, dürfen von den Handelspartnern aber vertraglich vereinbart werden. Hier will der Bundesrat deutlich über die EU-Vorgaben hinausgehen und ein Verbot durchsetzen.
- eine offene Generalklausel in das Gesetz aufzunehmen, um weitere, neuartige Formen unlauterer Geschäftspraktiken zu erfassen.
Bundesregierung soll Umkehr der Beweislast prüfen
Die Bundesregierung soll außerdem:
- die Begrenzung des Gesetzes auf Lebensmittelhersteller mit weniger als 350 Mio. Euro Jahresumsatz erneut überprüfen.
- ebenfalls prüfen, ob der Einkauf von Lebensmitteln unter „typisierten Produktionskosten“ entlang der gesamten Wertschöpfungskette verboten werden kann.
- eine Umkehr der Beweislast bei Verstößen gegen das geplante Agrarorganisationen- und Lieferkettengesetz untersuchen.
Länderminister kritisieren enormes Machtgefälle

Die nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) sagte im Bundesrat, die Preise, die beim Landwirt ankämen, seien zu niedrig für eine anspruchsvolle Tierhaltung. Der Preisdruck gehe ganz klar vom Lebensmitteleinzelhandel (LEH) aus. Heinen-Esser plädierte darum für ein Einkaufsverbot unter den Produktionskosten und ein Preiswerbeverbot für Fleisch.
Der grüne Landwirtschaftsminister von Brandenburg, Axel Vogel, machte das enorme Machtgefälle in der Lebensmittelkette als die zentrale Ursache für unlautere Handelspraktiken und unfairen Wettbewerb aus. Allerdings sollte auch nach Einschätzung von Vogel der Verarbeitungssektor stärker in die Pflicht genommen werden. Wolfram Günther, der grüne Agrarminister Sachsens, warf dem LEH vor, seine Machtposition schamlos auszunutzen. Günther regte an, durch eine Preisbeobachtungsstelle Richtwerte für kostendeckende Preise festlegen zu lassen.
Verbot nachträglich festgelegter Milchpreise gescheitert
Die insbesondere von den Ministern Vogel und Günther geforderten weiteren Eingriffe in die Vertragsfreiheit der Unternehmen fanden sich auch in Empfehlungen des Agrarausschusses des Bundesrates wieder. Das Plenum der Länderkammer stimmte diesen drei Punkten jedoch nicht mit der erforderlichen Mehrheit zu:
- Ein Verbot der nachträglichen Festsetzung von Auszahlungspreisen für Milch durch die Molkereien.
- Die Einführung einer Preisbeobachtungs- und Beschwerdestelle.
- Die Prüfung eines Verbots des Verkaufs von Lebensmitteln unter dem Erzeugerpreis.
Der Gesetzentwurf geht nun zur weiteren Beratung zurück an den Bundestag.
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