
„Richtigerweise“ kündige die Ampelkoalition an, in diesem Jahr eine verbindliche Tierhaltungskennzeichnung einführen zu wollen, heißt es in einem Schreiben von CDU/CSU-Fraktionsvize Steffen Bilger und Albert Stegemann, das agrarheute vorliegt.
In ihrem Brief an die Unions-Abgeordneten stellen Bilger und Stegemann fest, es bleibe abzuwarten, wie Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir die EU-Kommission von der Vereinbarkeit einer nationalen verbindlichen Kennzeichnung mit europäischem Binnenmarktrecht überzeugen wolle.
Zudem sei dieses grundsätzlich „erfreuliche“ Vorhaben mit der SPD in der letzten Wahlperiode nicht zu machen gewesen, bemerken Bilger und Stegemann.
Keine tauglichen Instrument zur Finanzierung
Die Unionspolitiker kündigen an: „Vor allem werden wir genau beobachten, ob das Geld, das Verbraucher an der Ladenkasse für mehr Tierwohl bezahlen sollen, am Ende auch tatsächlich auf den Höfen ankommt.“ Hierzu fänden sich im Koalitionsvertrag keine tauglichen Instrumente.
Die frühere Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) war mit einem Anlauf für ein freiwillig zu nutzendes Tierwohlkennzeichen gescheitert. Sie hatte wiederholt betont, dass dies verbindlich nur EU-weit möglich sei.
Ampelkoalition ignoriert Borchert-Kommission und ZKL-Empfehlungen
Bilger und Stegemann kritisieren, der Koalitionsvertrag der Ampel enthalte „Leerformeln“, wenn es um eine Gesamtstrategie für den gesellschaftlich gewollten Umbau der Nutztierhaltung gehe. Die Empfehlungen der Borchert-Kommission würden im Koalitionsvertrag mit keinem Wort erwähnt.
Die exzellenten fachlichen und überparteilichen Ratschläge der Zukunftskommission Landwirtschaft wolle die neue Bundesregierung offenbar auch nicht annehmen. Stattdessen wolle die Ampelkoalition die Landwirte unter Generalverdacht stellen, in dem Teile des Tierschutzrechts in das Strafrecht überführt und das Strafmaß erhöht würden.
Modernisierung des Baurechts wurde von SPD verhindert
Als überraschend unkonkret bewerten die Unionspolitiker die Ankündigung der Ampelkoalition, das Bau- und Genehmigungsrecht für einen besonders tierwohhlorientierten Stallumbau anzupassen. Genau diese Modernisierung des Baurechts sei in der letzten Wahlperiode an der SPD gescheitert.
Weitere unklare Absichtserklärungen sieht die Union beim Pflanzenschutz. Wahrscheinlich sei, dass der Nationale Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln so geändert werde, dass auf die Landwirte weitere Dokumentationspflichten und mehr Bürokratie zukämen.
Kein "Speiseplan nach dem Gehaltszettel"
Bilger und Stegemann pochen darauf, dass es in Deutschland keinen „Speiseplan nach dem Gehaltszettel“ geben solle. „Gerade in Zeiten ohnehin drastisch steigender Lebenshaltungskosten kommt es auf eine soziale Ausgewogenheit der Ernährungspolitik an. Nicht alle können sich regelmäßig Bioprodukte leisten.“
Die Debatte um Billigpreise war zum Jahreswechsel wieder aufgeflammt. Minister Özdemir hatte gefordert, es dürfe „keine Ramschpreise“ für Lebensmittel mehr geben. Auch Klöckner hatte wiederholt mehr Wertschätzung angemahnt.
Die CDU-Agrarpolitiker attackierten auch Positionierungen Özdemirs, der verbindlich festschreiben wolle, „wie viel Zucker im Müsli, Salz im Brot oder Fett in der Wurst enthalten sein dürfen“. Die Union vertraue auf die Entscheidungsfähigkeit mündiger Bürger. „Wir wollen den Menschen nicht in den Kühlschrank hineinregieren, sondern wir setzen auf Ernährungsbildung von früher Kindheit an.“
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