Das ist ein Artikel vom Top-Thema:

EU-Agrarrat

Deutschland will Schutz vor Agrarimporten aus Ukraine abschaffen

Demo polnischer Bauern Mitte April 2023
am Mittwoch, 31.05.2023 - 15:11 (7 Kommentare)

Deutschland unterstützt ein Auslaufen der Schutzmaßnahmen für Osteuropäer. Der polnische EU-Agrarkommissar Wojciechowski ist strikt dagegen.

Brüssel Sehr unterschiedliche Haltungen gab es beim Brüsseler EU-Agrarrat zu den Handelsschutzmaßnahmen für Agrarimporte aus der Ukraine. Sie laufen am 5. Juni aus. Nach dem Willen von EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski sollen sie bis Oktober verlängert werden. Nach derzeitigem Stand dürfen Weizen, Mais, Raps- und Sonnenblumensaat aus der Ukraine lediglich als Transitware durch die östlichen Mitgliedsländer Polen, die Slowakei, Ungarn sowie Rumänien und Bulgarien transportiert werden.

Der Brüsseler Agrarchef betonte allerdings auch, dass der Wunsch nach einer Verlängerung der Transitregelung seine persönliche Meinung sei. Eine Entscheidung auf Ebene der Kommission sei dazu noch nicht gefallen. Als Begründung für seine Forderung führte Wojciechowski an, dass die Bauern in den östlichen Mitgliedstaaten Zeit bräuchten, um ihre Lagerbestände abzubauen.

Özdemir: Solidaritätsrouten funktionieren nicht gut

Ganz anderer Meinung indes ist der deutsche Bundesagrarminister Cem Özdemir. Aus seiner Sicht funktionieren die Solidaritätsrouten für ukrainische Agrarexporte nicht gut genug. Er forderte die EU-Kommission deshalb dazu auf, dieses Thema „endlich“ zur Chefsache zu machen. Nur eine supranationale Institution wie die Brüsseler Behörde könne einen reibungslosen Abtransport der ukrainischen Agrargüter in Drittstaaten organisieren könne. Özdemir kritisierte, dass mehrere Mitgliedstaaten unilaterale Handelsschutzmaßnahmen gegen ukrainischen Agrarimporte erlassen hatten. Dies spiele lediglich den Interessen des russischen Präsidenten Wladimir Putin in die Hände. Dieser setze aktuell alles daran, dass die Unterstützung für die Ukraine nachlasse, warnte Özdemir.

Ukraine drängt auf Auslaufen der Schutzmaßnahmen

Ähnlich wie Özdemir sieht dies auch der ukrainische Agrarminister Mykola Solskyi. Er forderte in Brüssel ein Ende der Agrarhandelsbeschränkungen gegenüber der Ukraine. Der Kiewer Ressortchef gab zu bedenken, dass sein Land auf einen ungehinderten Marktzugang über die EU-Solidaritätsrouten angewiesen sei. Die alternativen Exportrouten über das Schwarze Meer - die derzeit über das Istanbuler Getreideabkommen sichergestellt würden - seien zu sehr vom Willen Russlands abhängig.

Unverständnis äußerte Solskyi insbesondere mit Blick auf die Rapslieferungen. Sein Land habe bereits vor dem Krieg Rapssaat ohne Begrenzungen in die EU exportieren können. Ihm sei nicht klar, was sich seitdem geändert habe, um die geltende Restriktion zu rechtfertigen. Nachdrücklich stellte der Minister aber auch klar, dass es sich hier um eine „Diskussion unter Freunden“ handele. Solskyi mahnte aber eine zügige Lösung an. „Alles andere wird nur Russland nützen“.

Wojciechowski will 250 Mio. Euro auf EU-Mitgliedstaaten verteilen

Außerdem will Wojciechowski mit einem Zugeständnis an die anderen Mitgliedsländer die erforderliche Zustimmung zu dem geplanten 100-Mio.-Euro-Hilfspaket für fünf östliche EU-Staaten sicherstellen. Das Geld ist zur Abfederung der Erlöseinbußen gedacht, die den landwirtschaftlichen Betrieben in Polen, der Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien aufgrund der ukrainischen Agrarimporte entstanden sind. Der Brüsseler Agrarchef stellte gestern Abend nach dem Ratsreffen in Aussicht, die für dieses Jahr noch „verbleibenden rund 250 Mio. Euro an die übrigen 22 Mitgliedstaaten“ zu verteilen.

Mit dieser Ankündigung versucht der Kommissar der zuletzt vorwiegend von westlichen Ländern vorgetragenen Kritik an der bisherigen Verteilung der Mittel aus der insgesamt 450 Mio. Euro starken Agrarreserve entgegenzuwirken.

Laut Wojciechowski können vor allem Spanien, Portugal, Frankreich und Italien bereits im Juni mit einem Vorschlag der Kommission für Gelder aus der Agrarreserve rechnen. Diese Länder waren in den letzten Monaten besonders von der Dürre betroffen. Portugal hatte beim gestrigen Ministertreffen zusätzliche EU-Mittel für seine Landwirtschaft mit Unterstützung der anderen drei Staaten eingefordert. 

Mit Material von AgE

Kommentare

agrarheute.comKommentare werden geladen. Bitte kurz warten...