In Deutschland finden drei Gruppenspiele und ein Viertelfinale der EM 2021 in der Münchner Allianz-Arena statt. Das Bundesumweltministerium sorgt bei DFB-Coach Jogi Löw für schlaflose Nächte. So wurde dem Bundeskabinett eine Vorlage zugeleitet, wonach zehn Prozent der Rasenfläche in deutschen Fußballstadien für urbane Biodiversität zu reservieren ist. Ob nun als Randstreifen, Landschaftselement oder gar Brachfläche bleibt dem Eigentümer und Bewirtschafter überlassen. Jährlich ist die Entwicklung zu dokumentieren und staatlich zu kontrollieren. Die Kontrollkosten hat der Stadionbetreiber zu tragen. Löw reagiert umgehend. Die Stadien seien keine Spielwiese für Fantasten, denen die Bindung zum Fußballspiel fehle. Umweltschutz sei wichtig, aber bitte außerhalb des Spielfelds.
Wiederaufforstung in Stadien
Unbeeindruckt äußert Bundesumweltministerin Svenja Schulze gegenüber Journalisten zur EM 2021, auch den Waldanteil auf den „verödeten“ deutschen Fußballflächen anheben zu wollen. Im ersten Schritt auf zehn Prozent, weitere Anhebungen können mit freiwilligen Verpflichtungen zur Errichtung von Knicks an den Westkurven verrechnet werden. Auf der verbleibenden Fläche gilt das Grätschen ab sofort als Grünlandumbruch und wird verboten.
Löw kritisiert, für den Erfolg der „Mannschaft“ bei der EM 2021 sei das aber eine Grundvoraussetzung. „So können wir nicht arbeiten“, klagt der Bundestrainer. Zudem könne man sich ohne zahlende Zuschauer keinen Naturschutz leisten. „Wie sollen wir da weltweit konkurrenzfähig bleiben?“ Löw klagt, die Umweltministerin stelle die Wirtschaftlichkeit des Fußballbetriebes hintan. Naturschutz müsse man sich verdienen. Schulze schlägt als Lösung die Konzentration des Fußballs auf den heimischen Markt vor. Dies sei durchaus eine Einkommensalternative.
Monokulturen auf Fußballrasen verhindern
Der Eklat für DFB-Trainer Löw ist aber die geplante Verpflichtung, 50 % des Strombedarfs aus eigenen regenerativen Quellen einzuspeisen. „Auf vielen Plätzen ist das nur mit einer Windkraftanlage am Anpfiffpunkt machbar“, pfeift Löw die Umweltinisterin an. „Erneuerbare Energien sind wichtig. Aber das reicht!“ Denn die Besucher bei der EM 2021 seien nicht bereit, den Zuschlag für Ökostrom zu zahlen. Damit würden die Vereine auf den Kosten sitzen bleiben. „Das scheint unserer Ministerin völlig egal zu sein,“ so Löw.
Der ist es offenbar egal, sie reagiert in den Medien gereizt: Es sei unverantwortlich, wie der Deutsche Fußball-Bund den Naturschutz bisher vernachlässigt habe. Die Rasenfläche werde seit Jahrzehnten massiv überdüngt. Der unverantwortliche Einsatz von Pestiziden mache erst eine Grasmonokultur möglich, die negative Auswirkungen auf viele Tierarten habe. Deutsche Stadien seien das Paradebeispiel für eine rückwärts gewandte, einseitig von ökonomischen Interessen geleitete Wirtschaft. „Ich mache Schluss mit ausgeräumten Stadionlandschaften. Es gibt keinen heiligen Rasen“, entgegnet Schulze. „Naturschutz muss im Sinne der Sozialpflichtigkeit des Eigentores, äh Eigentumes gerade von der Wirtschaft gelebt werden“, fordert die Ministerin in einem Interview zur EM 2021 auf dem gepflegten Kurzrasen ihres Ministeriums.
Reiseziel für die EM 2021: Biofußball
Sie umwirbt die Vereine, die Chancen des Biofußballspiels bei der EM 2021 zu sehen und die Fördermittel des Ministeriums für eine ökologische Inwertsetzung der monotonen Rasenflächen in Anspruch zu nehmen. Auch ethisch sei der konventionelle Rasenfußball ihrer Ansicht nach in Frage zu stellen. „Wir haben heute Alternativen, deshalb brauchen wir eine neue Begründung für reine Rasenflächen.“ Schulze tritt noch einmal nach: Wer eine Sportförderung in großem Ausmaß nutze, der müsse auch etwas dafür tun. Geld für ein „Weiter so“ werde es nicht geben. Der Bürger wolle für seine Steuermittel eine Gegenleistung. Das Fußballspiel reiche da nicht aus. Das Ministerium kündigt weitere Maßnahmen an, mit oder ohne DFB.
Löw drohte, leeren Kassen würde eine Aufgabe des Fußballs erzwingen. „Dann machen wir die Tore zu!“ Schulze reagiert über die Medien mit Verständnis: „Ich bin doch dafür, dass die Eintrittspreise erhöht werden. Die Zuschauer sind seit langem dazu bereit.“ Um bei der EM 2021 bestehen zu können, müssten deutsche Spiele einen höheren Umweltstandard bieten.
Weniger Tore mit höherer Qualität
Gegenüber Medienvertretern äußert sich Schulze aber auch verärgert. Sie verstehe nicht, warum der DFB ihre Vorschläge zur Einkommenssicherung bei der EM 2021 immer wieder abwehre und gibt Löw medial geschickt, aber ungefragt Nachhilfe in Sachen Unternehmenserfolg: „ Im internationalen Massenmarkt können wir nicht konkurrieren. Heben Sie sich ab, statt weiter auf Wachstum zu setzen. Schießen Sie endlich weniger Tore, dafür mit höherer Qualität.“ Als Ministerin vertrete sie die Gesellschaft und die sage immer häufiger Nein zu konventionellen Pestizid-Kunstdünger-Massentorschüssen. Fußball dürfe im Stadion nicht alles bestimmen. Es gehe auch um eine Heimat für den Wolf...
So weit der Blick in die Zukunft der Fußball-Europameisterschaft. Unrealistisch? Heute schon Wirklichkeit – in der deutschen Landwirtschaft.
Hier ist Ihre Meinung gefragt
Werden Sie Teil unserer Community und diskutieren Sie mit! Dazu benötigen Sie ein myDLV-Nutzerkonto.