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Industrieemissionsrichtlinie

Emissionsschutz: In Zukunft 185.000 statt 20.000 Betriebe betroffen

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am Donnerstag, 07.04.2022 - 10:00 (24 Kommentare)

Die EU-Kommission möchte den Geltungsbereich der Emissionsrichtlinie für die Industrie ausweiten. Dies wirkt sich auch auf die Landwirtschaft aus. Vor allem nutztierhaltende Betriebe sollen betroffen sein.

Die Europäische Kommission will den Geltungsbereich der Industrieemissionsrichtlinie deutlich ausweiten. Die Anzahl betroffener, landwirtschaftlicher Betriebe in der EU würde von 20.000 auf 185.000 steigen. Dies entspricht gut 13 Prozent der gewerblichen Nutztierhaltungsbetriebe in Europa.

In Zukunft sollen nicht nur Schweine- und Geflügelbetriebe, sondern auch rinderhaltende Betriebe von der Richtlinie betroffen sein. Sobald der Schwellenwert von 150 Großvieheinheiten (GVE) überschritten ist, fallen Betriebe unter die überarbeitete Fassung der Richtlinie.

Industrieemission: Welche Betriebe waren bisher betroffen?

Von den Betrieben, die von der bisher gültigen Richtlinie betroffen waren, kamen bereits gut die Hälfte aus der Landwirtschaft. Dazu gehörten Betriebe mit:

  • 40.000 Geflügelmastplätze
  • 2.000 Schweinemastplätze (Schweine über 30 kg)
  • 750 Sauenplätze

Was verspricht sich die EU-Kommission von den neuen Auflagen?

Oberstes Ziel der überarbeiteten Richtlinie ist, die Verschmutzung von Boden, Wasser und Umwelt einzudämmen und die Methan- und Ammoniakemissionen zu mindern. Laut Novelle der Richtlinie sind die betroffenen 185.000 europäischen Landwirtschaftsbetriebe für 60 Prozent der Ammoniakemissionen und 43 Prozent der Methanemissionen verantwortlich.

Durch die neuen Auflagen verspricht sich die Europäische Kommission, den Ausstoß von Methan um 265.000 t und den Ausstoß von Ammoniak um 128.000 t zu senken. Die aktualisierten Vorschriften sollen Betriebe dazu bewegen, sich frühzeitig damit zu beschäftigen, die Industrie der Mitgliedsstaaten bis 2050 schadstofffrei, wettbewerbsfähig und klimaneutral zu machen.

Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Betriebe tätigkeitsspezifische Emissionsauflagen erfüllen. Diese sogenannten besten verfügbaren Techniken (BVT) werden durch Industrie, Experten der Mitgliedsstaaten, Komission und Zivilgesellschaft abgestimmt.

Emissionsrichtlinie: Wann gelten die neuen Vorschriften?

Die neuen Vorschriten sollen nach Angaben der EU-Kommission schrittweise ausgedehnt werden und in Zukunft gut neunmal mehr Betriebe betreffen als zuvor. Nach endgültiger Abnahme der neuen Richtlinie durch das Europäische Parlament und den Rat haben die einzelnen Mitglieder 18 Monate Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht umzuwandeln und die BVT zu erarbeiten.

Nach der Abnahme durch die Europäische Kommission bleiben den nutztierhaltenden Betrieben drei und Industriebetrieben vier Jahre, um die Maßnahmen umzusetzen. Erste neue Verpflichtungen für die Industrie sollen demnach in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts in Kraft treten.

Neue Richtlinie: Was bringt es?

Die EU-Kommission verspricht sich neben geminderten Emissionen auch einige weitere Vorteile von der neuen Richtlinie. Dazu gehören:

  • Einbezug von größeren Emissionsquellen
  • gestraffte Genehmigungsverfahren
  • geringere Verwaltungskosten
  • geförderte Zukunftstechnologien
  • erhöhte Transparenz

Wie viel Mehrarbeit kommt auf Landwirte zu?

Die Mehrarbeit durch die neuen Auflagen sind noch nicht genau abschätzbar. Da die EU die Abläufe in Nutztierhaltungsbetrieben für nicht so komplex hält-wie bei Industrieanlagen, sollen die Regeln bei der Genehmigung für alle betroffenen Landwirtschaftsbetriebe weniger streng sein.

Durch die vereinfachten Verfahren möchte die EU die Verwaltungskosten um insgesamt 113 Mio. Euro pro Jahr reduzieren.

Bauernverband befürchtet Abwicklung der Tierhaltung

Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV), kritisiert die vorgestellte Novelle massiv. Wenn der Entwurf der Richtlinie so durchgesetzt wird wie geplant, würde dass ein Einstieg in die Abwicklung der Tierhaltung sein.

Durch die Vorgabe, Betriebe bereits ab einer Größe von 150 GVE mit in die Richtlinie aufzunehmen, wären in Zukunft schon kleine Betriebe mit 100 Milchkühen plus Nachzucht oder Schweinehalter mit 500 Mastplätzen betroffen. Der DBV befürchtet dadurch weitreichende und kostenträchtige Maßnahmen zur Emissionsminderung in den Betrieben.

Mit Material von Europäische Kommission; Agra Europe; Deutscher Bauernverband

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