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Sitzung des Bundesrats am 20. Mai 2022

Energiesteuern auf Diesel und Benzin werden ab 1. Juni gesenkt

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am Freitag, 20.05.2022 - 16:01 (1 Kommentar)

Der Bundesrat hat heute (20.05.) einer Reihe von Gesetzen zur Abmilderung der Folgen des Kriegs in der Ukraine auf die Energie- und Kraftstoffpreise zustimmt.

Eine unmittelbar bevorstehende Senkung der Energiesteuer kann zu Diesel- und Benzinpreisen auf Vorkriegsniveau führen – aber auch zu überforderten Tankstellen.

Entlastet wird außerdem durch die Energiepauschale, den Kinderbonus und durch die vorgezogene Abschaffung der EEG-Umlage.

Dem 9-Euro-Ticket stimmten die Länder zähneknirschend zu. Zudem brachte der Bundesrat Verbesserungsvorschläge für die Gigabitstrategie der Bundesregierung ein.

Vorübergehende Steuerentlastung für Diesel und Benzin

Für Diesel soll der Steuersatz um gut 14 Cent und für Benzin um fast 30 Cent sinken. Die eigentliche Steuerbelastung geht sogar noch weiter zurück - denn auf den entfallenen Teil der Energiesteuer wird auch keine Mehrwertsteuer mehr fällig. Wie das Bundesfinanzministerium bestätigte, liegt die steuerliche Entlastung insgesamt also bei 16,7 Cent pro Liter Diesel und 35,2 Cent pro Liter Benzin. Der Bundestag hatte dem Energiesteuersenkungsgesetz erst gestern (19.05.) zugestimmt.

Die starke Senkung des Spritpreises stellt die Tankstellenbetreiber vor eine Herausforderung, wie der Hauptgeschäftsführer des Verbandes Fuels und Energie, Christian Küchen, der Rheinischen Post erklärte: Einerseits würden diese versuchen, ihre Bestände bis zum 1. Juni stark herunterzufahren, um so wenig wie möglich hoch versteuerten Sprit ab Juni billiger weiterverkaufen zu müssen. Andererseits sei damit zu rechnen, dass die Autofahrer ausgerechnet ab 1. Juni massenhaft an die Zapfsäulen fahren, um leere Tanks aufzufüllen. „Daher sind vorübergehende Engpässe an den Stationen nicht komplett auszuschließen“, sagte Küchen.

Entlastungen durch Energiepreispauschale und Kinderbonus kommen

Durch die Zustimmung zum Steuerentlastungsgesetz 2022 bekommen Erwerbstätige eine Energiepreispauschale von 300 Euro brutto. Die Pauschale soll einen Ausgleich für die kurzfristig und drastisch gestiegenen Fahrtkosten darstellen.

Einmalig wird sich das Kindergeld durch den im Gesetz enthaltenen Kinderbonus um 100 Euro erhöhen. Einen Anspruch darauf hat jedes Kind, für das im voraussichtlichen Auszahlungsmonat Juli 2022 Kindergeld bezogen wird.

Darüber hinaus wird der Arbeitnehmer-Pauschbetrag bei der Einkommensteuer um 200 Euro erhöht auf 1.200 Euro, rückwirkend zum 1. Januar 2022. Steigen wird auch der Grundfreibetrag für 2022 von derzeit 9.984 Euro um 363 Euro auf 10.347 Euro - ebenfalls rückwirkend zum 1. Januar 2022.

Enteignung von Unternehmen durch Energiesicherungsgesetz möglich

Mit der Novelle des Energiesicherungsgesetzes befasste sich die Länderkammer unter Anwesenheit von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zu Beginn der Sitzung. Wegen der Bedeutung der Themen verzichtete Bundesratspräsident Bodo Ramelow (Linke) auf das Einhalten der Redezeit.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) sagte, es sei richtig, dass die Bundesregierung alles daran setzt, aus russischem Gas und Öl auszusteigen. Es müsse aber geklärt werden, wie Deutschland Zugang zu Fracking-Gas aus anderen Ländern bekommt. Schwesig erklärte sich bereit, für die Versorgung mit verflüssigtem Erdgas (LNG) die Verteilstation in Lubmin zu nutzen, jedoch sei die Umsetzung eine große Herausforderung. Den Plänen der Bundesregierung für einen beschleunigten Bau von LNG-Terminals stimmte der Bundesrat ebenfalls zu.

Zu den Diskussionen mit ostdeutschen Bundesländern, die Robert Habeck zuletzt geführt habe, sagte der Wirtschaftsminister, dass die Sanktionen gegen Russland nicht durch eine „Westbrille“ betrachtet würden. Gerade der Osten wünsche sich ein Ende des Kriegs. Wenn die Gaslieferungen aus Russland eingestellt würden, könnte Deutschland ab Herbst vor einer großen ökonomischen Krise stehen, so Habeck.

Deshalb seien die dramatischen Einschnitte im Energiesicherungsgesetz richtig, auch wenn die Prinzipien des Staates massiv eingegriffen werde. Mit der Gesetzesnovelle sollen Unternehmen, die kritische Energieinfrastrukturen betreiben - also etwa zur Gas- und Stromversorgung - bei Bedarf unter eine Treuhandverwaltung gestellt oder im Notfall auch enteignet werden können. Habeck stellte klar, dass er auf eine sparsame Anwendung der Neuregelungen hoffe.

EEG-Umlage fällt zum 1. Juli 2022 weg

Außerdem hat der Bundesrat den Bundestagsbeschluss zur vorzeitigen Absenkung der EEG-Umlage gebilligt. Damit werden Stromkunden schneller als ursprünglich geplant von den aktuell stark gestiegenen Energiepreisen entlastet. Zum 1. Juli 2022 sinkt die EEG-Umlage von bislang 3,72 Cent pro kWh auf 0 Cent pro kWh.

Stromanbieter sind verpflichtet, die Absenkung in vollem Umfang an die Endverbraucher weiterzugeben. Der Bund erstattet den Unternehmen ihre Ausfälle in Höhe von rund 6,6 Mrd. Euro aus dem Sondervermögen Energie- und Klimafonds. Ab Januar 2023 soll die EEG-Umlage dann auf Dauer entfallen.

Bundesrat sieht in umfassender EEG-Novelle noch Verbesserungsbedarf

Zur geplanten Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) bezog der Bundesrat ebenfalls Stellung. Im Entwurf der EEG-Novelle wird bereits betont, dass die erneuerbaren Energien im besonderen Interesse der Öffentlichkeit stehen sollen. Bei der Schutzgüterabwägung sollen sie vorrangig behandelt werden. Die Ausbaurate für Windenergie an Land soll auf 10 GW pro Jahr gesteigert werden, sodass bis 2030 etwa 115 GW Windleistung in Deutschland installiert sind. Bei der Solarenergie sollen die Ausbauraten auf 22 GW pro Jahr gesteigert werden, sodass es bis 2030 etwa 215 GW Solarleistung in Deutschland gibt.

Die Länder bitten, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, inwieweit die auf Wärmepumpen beschränkte Privilegierung des Paragrafen 22 des Energie-Umlagen Gesetzes erweitert werden kann. Zudem fordert der Bundesrat, neben der Stromerzeugung auch die Wärmeversorgung stärker in den Fokus zu rücken und insbesondere für ein rasches Inkrafttreten der Bundesförderung effizienter Wärmenetze über 2030 hinaus zu sorgen. Die wichtige Rolle der Kraft-Wärme-Kopplung für die Wärmeversorgung, für die Versorgungssicherheit und als Ergänzung der erneuerbaren Energien sei darüber hinaus stärker zu betonen.

Schließlich bittet der Bundesrat um Prüfung, ob die im EEG geregelte finanzielle Beteiligung der Kommunen am Ausbau von Windenergie und Freiflächen-Photovoltaikanlagen zukünftig bundesweit verpflichtend ausgestaltet werden kann. Die EEG-Novelle ist Teil des Osterpakets der Bundesregierung. Im nächsten Schritt muss der Bundestag das Gesetz verabschieden.

Zustimmung bei wenig Begeisterung für 9-Euro-Ticket

Ein 9-Euro-Ticket für Busse und Bahnen im Nah- und Regionalverkehr kann ab Juni für drei Monate durch das Regionalisierungsgesetz genutzt werden. Auch dieses Gesetz hat der Bundestag erst gestern (20.05.) beschlossen. Obwohl es in der Bundesratsdebatte viel Kritik zum 9-Euro-Ticket gab, stimmte eine Mehrheit dem Vorhaben der Regierung zu.

Winfried Herman (Grüne) aus Baden-Württemberg sagte, dass die Umsetzung nicht automatisch gut wird und große Anstrengungen kostet. Als „Ferienticket“, mit dem Pendler nicht zur Arbeit fahren müssen, bezeichnete der schleswig-holsteinische Minister Bernd Buchholz (FDP) das 9-Euro-Ticket. Er warnte vor Überlastungssituationen in Feriengebieten.

Vor Tariferhöhungen ab Herbst als Folge der Entlastungsmaßnahme warnte Guido Beermann (CDU) aus Brandenburg. Laut Beermann habe der Bund die Finanzierungskompetenz, weshalb die rechtlichen Vorgaben nicht eingehalten würden. Mit Abbestellungen und gigantisch steigenden Preisen rechnet auch Christian Bernreiter (CSU) aus Bayern. Bernreiter sagte, er stimme dem Gesetz trotzdem „mit geballter Faust“ zu, damit auch die bayerische Bevölkerung die Entlastung nutzen können.

Länder wünschen sich fairen Mobilfunk- und Glasfaserausbau

Auf Initiative der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz hat der Bundesrat auf die von der Bundesregierung geplante Gigabitstrategie reagiert. Für diese hatte das Bundesministerium für Digitales und Verkehr hatte im März ein Eckpunktepapier vorgelegt.

Manuela Schwesig hob die Bedeutung der Digitalisierung in der Landwirtschaft und in anderen Bereichen des ländlichen Raums hervor. Die Pläne der Regierung hätten Schwachpunkte, weil die Länder durch eine Deckelung der Förderung bestraft würden, die sich bereits bemüht haben, die weißen Flecken zu schließen. Wenn sich die Förderung nur auf Gebiete mit weniger als 30 Mbits konzentriere, werde keine gute Digitalisierung erreicht, so Schwesig.

Mit Material von dpa, Bundesrat

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