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Erntehelfer: Bund will Einreise wieder erlauben

Erntehelfer-Spargel_smb
am Freitag, 03.04.2020 - 16:15 (1 Kommentar)

Um die deutsche Landwirtschaft zu unterstützen, wird die Bundesregierung im April und Mai jeweils bis zu 40.000 Erntehelfer mit dem Flugzeug wieder einreisen lassen. Dabei sollen strikte Hygienestandards eingehalten werden.

Wie die Bundesministerien für Inneres und Landwirtschaft am Mittwoch bekannt gaben, soll ausländischen Erntehelfern im Rahmen der obigen Kontingente die Einreise nach Deutschland wieder ermöglicht werden. Zusätzlich sollen im April und Mai jeweils rund 10.000 Personen aus dem Kreis inländischer Arbeitssuchender als Saisonarbeitskräfte in der heimischen Landwirtschaft gewonnen werden.

Bauernverbände koordinieren Anreise

Die Koordinierung der Einreise - die ausschließlich per Flugzeug erfolgen soll - erfolgt laut Bundeslandwirtschaftsminsiterium über die Bauernverbände. Die Arbeitskräfte sollen an den Flughäfen durch die jeweiligen Betriebe abgeholt werden. Eine Einzelanreise soll nicht möglich sein. Außerdem soll bei der Anreise ein Gesundheitscheck durchgeführt werden. Darüber hinaus schreiben die Bundesministerien eine faktische Quarantäne der Arbeiter auf den Betrieben vor.

Hohe Ernteverluste ohne Saisonarbeiter

Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte erst vergangene Woche im Zuge des Kampfes gegen die weitere Verbreitung des Coronavirus ein Einreiseverbot verhängt. Seitdem mehrten sich warnende Stimmen, dass ohne entsprechende Saisonarbeitskräfte ein Großteil der heimischen Ernte an Obst und Gemüse verloren gehen könnte. Unter anderem hatte am Dienstag Klaus-Josef Lutz, Vorstandsvorsitzender der BayWa AG, des größten deutschen Anbieters für Kernobst aus biologischer Produktion, vor dem „Ausfall ganzer Produktketten bei Obst und Gemüse“ in den kommenden Wochen und Monaten gewarnt.

EU-Kommission forderte Lösung

Am Montag hatte die EU-Kommission in einer Mitteilung darauf hingewiesen, dass „in bestimmten Fällen Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft für wichtige Ernte-, Pflanz- und Pflegearbeiten gebraucht werden.“ In solchen Fällen sollten die EU-Staaten diese Personen genauso behandeln wie beispielsweise Beschäftigte im Gesundheitswesen und ihnen Grenzübertritte zu erlauben.

Lob aus der Landwirtschaft

Lob für den Beschluss kommt insbesondere aus der Landwirtschaft. Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), sagte: " Wir begrüßen sehr, dass sich die Bundesregierung geeinigt hat, zusätzlichen Saisonarbeitskräften aus Osteuropa die Einreise zu ermöglichen. Jetzt geht es an die Umsetzung: unsere Betriebe werden die Leitlinien und Vorgaben des Robert-Koch-Instituts strikt einhalten, um das Infektionsrisiko so gering wie möglich zu halten." 

Ähnlich argumentierte Walter Heidl, Präsident des Bayerischen Bauernverbandes. Er erklärte: " Der Bayerische Bauernverband informiert seine Mitglieder über die wichtigen Details und unterstützt bei der Abwicklung. Denn für die Landwirtschaft und die Versorgung mit frischem Obst und Gemüse ist in dieser schwierigen Situation wichtig, dass die dringend benötigten Arbeitskräfte auf die Höfe geholt werden können und gleichzeitig der Infektionsschutz gewährleistet ist." 

Kritische Stimmen

Kritik kam aus den Reihen der Opposition im Bundestag. Der landwirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Gero Hocker, bezeichnete den Erlass als "nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein". Erlaubt werden die Einreise nur einem Bruchteil der im Lande benötigten Saisonarbeiter. Dies werde unweigerlich zu "massiven Ernteausfällen" führen und die Versorgungssicherheit in Deutschland erschweren.

Ähnlich äußerte sich der agrarpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Stephan Protschka. Zwar sei die Entscheidung richtig, sie komme allerdings viel zu spät und werde wohl nicht ausreichen. Es bleibe zu hoffen, dass das verbleibende kleine Zeitfenster ausreichen werde, damit die Landwirte genügend Saisonarbeitskräfte finden und ins Land holen könnten. Wörtlich sagte Protschka: "Die Sicherung der Obst- und Gemüseernten hat jetzt oberste Priorität in der Landwirtschaft."

Internet-Portal zur Umsetzung

Gemeinsam informierten der DBV, der Gesamtverband der Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände, der Bundesausschuss Obst und Gemüse, die Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen Obst und Gemüse, der Deutsche Raiffeisenverband und der Zentralverband Gartenbau über ein geplantes Internet-Portal, in dem ab kommender Woche  die für die Einreise nach Deutschland benötigten Daten der Erntehelfer eingestellt werden können. 

Die Verbände erinnerten auch daran, dass Betriebe, die sich an dem Verfahren beteiligen, die mit den Bundesministerien vereinbarten Infektionsschutz-Regeln einhalten und sich entsprechend vorbereiten müssten. Sie erklärten auch, dass der Erlass zur Einreise von Saisonarbeitskräften nicht ab sofort, sondern voraussichtlich erst ab 6. April gelten werde.

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