Was ist das erste, das Sie als neuer Vorstand des BÖLW angehen wollen?
Seit dem 8. Juni darf ich im Vorstand des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft die Landwirtschaft vertreten. Ich bringe also die Anliegen der Biobäuerinnen und Biobauern und deren Praxiserfahrungen in die Arbeit des Verbands ein. Das Besondere am BÖLW ist ja, dass er die gesamte Wertschöpfungskette repräsentiert, also „From Farm to Fork“ unter einem Dach. Es gibt nicht viele derart umfassende Verbände in Deutschland. Das bietet in der politischen Arbeit noch mal einen anderen Hebel als ein Anbauverband.
Diesen Hebel will ich als erstes nutzen, um noch einmal letzte Verbesserungen bei der nationalen Umsetzung der GAP zu erreichen. Es ist grotesk, dass die neue Gemeinsame Agrarpolitik (GAP), die ja eigentlich grüner werden soll, derzeit ausgerechnet die Biobetriebe massiv benachteiligt. Hier müssen wir zurück zum bislang gültigen Prinzip „Green by definition“, also zu einer grundsätzlichen Anerkennung und Honorierung der hohen Umweltleistungen des Biolandbaus. Das brächte den Betrieben nicht nur die dringend notwendige Wertschätzung für ihre Arbeit, sondern würde auch sehr, sehr viel Bürokratie sparen. Mittelfristig müssen wir die GAP aber komplett neu aufsetzen: weg vom bisherigen System, das viel zu kompliziert und nicht mehr reformierbar
Angesichts der vielen Krisen, mit denen wir uns momentan konfrontiert sehen, betrachten viele Bio als zunehmend zu teuer und zu wenig effizient. Gleiches gilt für die Eco-Schemes. Was entgegnen Sie darauf?
Gerade in Sachen Effizienz ist Bio unschlagbar, davon bin ich zutiefst überzeugt! Denn Effizienz bedeutet in der Landwirtschaft weit mehr als nur Ertragsmaximierung. Das Prinzip der reinen Ertragsmaximierung, das die Verfechter des agrarchemischen Modells seit Jahrzehnten wie eine Monstranz vor sich hertragen, greift viel zu kurz. Denn dabei wird vollkommen verkannt, dass die Landwirtschaft enorme Vorleistungen und Energieeinsatz benötigt, um solche Maximalbeträge erzielen zu können. Das ist nicht effizient, sondern viel zu teuer und aufwändig. Langfristig werden wir uns dieses System nicht leisten können.
Stattdessen muss man das System betrachten. Wie können wir in der EU und weltweit langfristig Ernährungssicherheit erreichen? Ich sage, das geht nur mit stabilen Erträgen, die auch nachhaltig sind. Also Erträge, die wir nicht nur heute ernten können, sondern auch noch morgen und übermorgen. Und diese Form der Effizienz bietet aus meiner Sicht der ökologische Landbau. Daneben müssen wir auch daran arbeiten, die Lebensmittelverschwendung zu begrenzen und die Ernährungsweisen anzupassen. Auch da ist der BÖLW als branchenübergreifender Verband ein wichtiger Impulsgeber.
Bereitet es Ihnen Sorge, wie stark die Lebensmittelpreise sowohl für Bio als auch für konventionell in letzter Zeit gestiegen sind? Ist das gut oder schlecht für Bio?
Wenn wir die wahren Kosten der Lebensmittelproduktion betrachten, also auch die dabei verursachten Umweltkosten, dann müssten konventionelle Produkte eigentlich schon immer teurer sein als Biolebensmittel. So gesehen erleben wir gerade fast schon eine Art Normalisierung – allerdings unter falschen Vorzeichen und mit vielen Unsicherheiten für alle Beteiligten, auch für die Biobetriebe. Auffällig ist aber, dass die konventionellen Preise viel stärker steigen als die Biopreise. Natürlich haben auch die Biobetriebe mit steigenden Kosten für Produktionsmittel und Energieeinsatz zu kämpfen, aber sie sind eben doch weit weniger abhängig von zugeführter Energie wie Düngemitteln. Und die Ökologische Landwirtschaft ist weniger abhängig von globalen Märkten, weil wir uns schon immer darum bemüht haben, stabile regionale Wertschöpfungsketten aufzubauen. Das zahlt sich jetzt aus. Bei allen aktuellen Unsicherheiten, die uns allen zu schaffen machen, zeigt sich letztlich auch hier, dass Bio das effizientere System ist.
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