Es ist ein zwiespältiges Signal, das die Europäische Kommission nach Kiew sendet: Die EU verlängert zwar einerseits das befristete Freihandelsabkommen mit der Ukraine um ein Jahr bis Juni 2024.
Zugleich entschied die Brüsseler Behörde gestern (5.6.) jedoch, auch die Einfuhrsperren für Mais, Weizen, Raps und Sonnenblumen aus der Ukraine in fünf EU-Mitgliedstaaten über die kommende Ernte hinaus aufrechtzuerhalten.
Ohne diese Verlängerung wären die Importsperren, die für Bulgarien, Polen, Rumänien, Ungarn und die Slowakei gelten, gestern ausgelaufen. Nun werden sie bis zum 15. September beibehalten.
Die Getreidelager in Osteuropa sind voll – vor der Ernte
Die begrenzten Einfuhrsperren basieren auf einer Schutzklausel, die in der EU-Freihandelsverordnung mit der Ukraine (ATM) vorgesehen ist für den Fall von Marktstörungen. Der Transit von Mais, Weizen, Raps und Sonnenblumen aus der Ukraine durch die fünf osteuropäischen EU-Mitgliedstaaten zum Beispiel nach Deutschland ist aber weiterhin erlaubt.
In Bulgarien, Polen, Rumänien, Ungarn und der Slowakei sieht die Kommission hingegen so ernste logistische Engpässe und begrenzte Lagerkapazitäten, dass die Einfuhr dieser Produkte über die kommende Ernte hinaus untersagt bleibt.
Um den Transit der ukrainischen Agrarexporte über die sogenannten Solidaritätskorridore zu erleichtern, hat inzwischen eine gemeinsame Koordinierungsplattform die Arbeit aufgenommen. Sie wird von EU-Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis geleitet.
Özdemir: Kommission soll Solidaritätskorridore zur Chefsache machen
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hatte die EU-Kommission beim Agrarministerrat Ende Mai nachdrücklich dazu aufgefordert, das Funktionieren der Solidaritätskorridore zur Chefsache zu machen.
Die EU-Kommission warnte die fünf osteuropäischen Mitgliedstaaten nun ihrerseits, sollte der Transit der Agrarlieferungen aus der Ukraine übermäßig behindert werden, werde sie die Einfuhrsperren neu bewerten.
Mehrere westliche EU-Staaten, darunter Frankreich und Deutschland, hatten sich ohnehin gegen eine Verlängerung der Einfuhrbeschränkungen ausgesprochen. Darüber setzte sich die EU-Kommission nun aber hinweg. EU-Agrarkommissar Januz Wojciechowski wollte die Importsperre sogar bis Oktober aufrechterhalten. In Polen wird im Herbst das Parlament neu gewählt.
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