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EU: Energie- und Düngerpreiskrise könnte Lebensmittel verteuern

EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski
am Dienstag, 12.10.2021 - 16:33 (2 Kommentare)

Lebensmittel könnten in der EU bald teurer werden. Davon geht EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski aus. Der Grund sind die explodierenden Kosten für Energie und damit auch für Mineraldünger. In der Verantwortung sieht der Pole aber zunächst die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten.

Grafik KAS-Preise

Bei der Sitzung der EU-Agrarminister räumte Wojciechowski gestern (11.10.) in Luxemburg ein, es bestehe das reale Risiko, dass die Lebensmittelpreise wegen der sehr hohen Energiepreise steigen werden. Die extrem hohen Erdgaspreise haben die Produktionskosten und damit die Preise für Mineraldünger in jüngster Zeit in die Höhe schießen lassen. Mehrere Düngemittelhersteller wie BASF und SKW Piesteritz haben bereits die Herstellung von Stickstoffdünger gedrosselt.

Die polnische Delegation im Agrarrat warnte eindringlich vor den Folgen der horrenden Düngerpreise. Warschau befürchtet gar „soziale Unruhen“ in der ganzen EU, sollten die Düngerpreise auf die Lebensmittelpreise durchschlagen. Der Düngerpreisindex der Weltbank erreichte bereits im Juni 119,8 Punkte, den höchsten Stand seit Mai 2013. Seither sind die Preise weiter kräftig gestiegen.

Frankreich erinnert an Ernährungsaufgabe der Landwirtschaft

Frankreichs Landwirtschaftsminister Julien Denormandie

Auch der französische Landwirtschaftsminister Julien Denormandie zeigte sich sehr besorgt über die Entwicklung der Düngerpreise. Er erinnerte daran, dass es die Aufgabe der europäischen Landwirtschaft sei, die Menschen in Europa und darüber hinaus zu ernähren. Es gebe eine direkte Korrelation zwischen den knappen und sehr teuren Düngemitteln und den Lebensmittelpreisen.

EU-Kommissar Wojciechowski verwies jedoch auf die Verantwortung der Mitgliedstaaten, den hohen Rohstoffpreisen mit geeigneten Maßnahmen zu begegnen. Zugleich kündigte der Pole an, die Kommission werde Vorschläge zur Linderung der angespannten Lage machen, ohne jedoch Details zu nennen.

Minister und Kommission streiten um Green Deal

In diesem Zusammenhang verwies Wojciechowski auf die Kommissionsstrategie „Farm to Fork“ und den Green Deal. Das Ziel der Farm-to-Fork-Strategie sei unter anderem, die Abhängigkeit der Landwirtschaft von Mineraldüngern zu mindern, beispielsweise indem mehr Gülle eingesetzt werde, erläuterte der Kommissar.

Der Green Deal und die dazu gehörende agrarpolitische Strategie Farm to Fork waren erneut Reizthemen im Agrarrat. Im Kern geht es dabei um die Frage, ob die nationalen Strategiepläne zur Umsetzung der EU-Agrarreform an den Zielen des Green Deal und von Farm to Fork gemessen werden oder nicht.

Mehrere europäische Landwirtschaftsminister betonten, die Ziele dieser politischen Visionen seien rechtlich nicht bindend. Frankreichs Agrarminister Denormandie verwies sehr deutlich auf den Unterschied zwischen rechtlich bindenden Vorschriften, die von den EU-Gesetzgebern beschlossen worden seien, und politischen Visionen der Brüsseler Kommission. Die Kommission dürfe das politische Gleichgewicht, das Rat, Parlament und Kommission mit der EU-Agrarreform gemeinsam vereinbart hätten, mit ihrem Green Deal nicht einseitig in Frage stellen.

Kommission will Strategiepläne transparent und fair beurteilen

Wojciechowski gestand ein, dass die Farm-to-Fork-Ziele, wie zum Beispiel 25 Prozent Ökolandbau im EU-Durchschnitt, für die Genehmigung der nationalen Strategiepläne zwar rechtlich nicht bindend seien. Sie seien aber in den Erwägungsgründen der Strategieplan-Verordnung akzeptiert worden. Darum müsse aus den nationalen Strategieplänen hervorgehen, wie diese Ziele erreicht werden sollten.

Nach Einschätzung des slowenischen Agrarministers und amtierenden Ratspräsidenten Jože Podgoršek werden die meisten Mitgliedstaaten ihre Strategiepläne der Kommission rechtzeitig bis zum Jahresende zur Genehmigung vorlegen. Deutschland dürfte dazu zählen, glaubt man Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner.

Wojciechowski sicherte zu, die nationalen Strategiepläne würden in einem transparenten Verfahren nach einheitlichen Kriterien beurteilt. Alle Pläne würden zudem veröffentlicht.

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