Die EU-Kommission bereitet ein begrenztes Einfuhrverbot für bestimmte Agrarprodukte aus der Ukraine vor. Das kündigte EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski heute Abend (25.4.) im Anschluss an die Sitzung der EU-Agrarminister in Luxemburg an.
Damit sollen Marktstörungen in den EU-Nachbarländern der Ukraine gelindert werden. Das Einfuhrverbot soll nur für Lieferungen in die fünf besonders betroffenen EU-Staaten Polen, Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien gelten. Ein Transit der Agrarimporte auf den Binnenmarkt soll möglich bleiben.
Das Importverbot würde laut Wojciechowski zudem nur für fünf besonders sensible Produkte gelten:
- Mais,
- Weizen,
- Raps,
- Sonnenblumensaat und
- Sonnenblumenöl.
Darüber hinaus will die EU-Kommission weitere 100 Mio. Euro aus der Agrarreserve der EU für die fünf EU-Mitgliedstaaten zur Verfügung stellen.
Zweites Hilfspaket soll kurzfristig beschlossen werden
Laut Wojciechowski haben die EU-Agrarminister ihre Zustimmung zu dem zweiten Entlastungspaket signalisiert. Ein formaler Beschluss soll innerhalb kurzer Zeit unter Federführung von EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis herbeigeführt werden. Der ukrainische Landwirtschaftsminister Mykola Solskyi war der Sitzung der EU-Agrarminister zeitweise per Video zugeschaltet. Der amtierende Vorsitzende des EU-Agrarrats, Schwedens Agrarminister Peter Kullgren, sagte, die Ausführungen Solskyis hätten „geholfen zu verstehen, was wirklich wichtig ist“. Die EU müsse geschlossen reagieren und die Ukraine und ihre Nachbarländer bei der Bewältigung der Kriegsfolgen unterstützen.
Einfuhrverbot betrifft 90 Prozent des Agrarimports aus der Ukraine
Wojciechowski zufolge machen die fünf sensiblen Produkte, für die Einfuhren in die direkten Nachbarländer vorübergehend verboten werden sollen, 90 Prozent der Agrarimporte aus der Ukraine in diese Länder aus. Polen forderte eine Erweiterung der Liste um acht weitere Erzeugnisse, darunter Fleisch, Geflügel und Milch. Das lehnte Wojciechowski jedoch ebenso ab wie Forderungen nach einer noch größeren Tranche als 100 Mio. Euro aus der EU-Krisenreserve.
Nationale Einfuhrverbote setzen die Kommission unter Druck
Die Kommission reagiert mit dem lokal begrenzten Importstopp auf nationale Schutzmaßnahmen der Anrainerstaaten. Nach Polen, der Slowakei und Ungarn hatte zuletzt mit Bulgarien das vierte EU-Land ein nationales Importverbot von Agrarerzeugnissen aus der Ukraine verhängt. Der Transit durch diese vier Mitgliedstaaten ist jedoch weiterhin erlaubt. Bisher hat von den fünf besonders betroffenen Ländern damit lediglich die rumänische Regierung trotz der Klagen der heimischen Landwirte noch keine derartigen Schutzmaßnahmen verhängt. Die EU-Kommission gibt dem Druck durch die nationalen Einfuhrverbote nun nach.
Bulgarien fordert schnell eine nachhaltige Lösung
„Wir brauchen nachhaltige Lösungen, und zwar bald. Es muss langfristige Maßnahmen geben“, erklärte der bulgarische Landwirtschaftsminister Yavor Gechev im Anschluss an das Ratstreffen. Bislang seien die Marktstörungen nur in den Nachbarländern der Ukraine zu spüren, doch sie könnten sich noch weiter auf den Binnenmarkt auswirken. „Wir sollten über Garantiefonds nachdenken, um die Märkte der Ukraine, Bulgariens, Rumäniens, Polens, der Slowakei und Ungarns zu garantieren“, sagte Gechev.
Osteuropäische Agrarminister sehen geplante EU-Pflanzenschutzverordnung kritisch

Die EU-Agrarminister beschäftigten sich heute auch mit der geplanten neuen EU-Pflanzenschutzverordnung (SUR). Acht osteuropäische Mitgliedstaaten äußerten sich kritisch zum Vorschlag der EU-Kommission.
Lettland, Polen, Rumänien, Ungarn, Tschechien, die Slowakei sowie Litauen und Bulgarien sehen einen zuverlässigen Pflanzenschutz in Gefahr. Konkret fürchten sie, dass EU-Agrarerzeugnisse den Qualitätsanforderungen von Importeuren in Drittstaaten nicht mehr genügen könnten.
Im Gegensatz dazu warnte Staatssekretärin Silvia Bender vom Bundeslandwirtschaftsministerium vor weiteren Verzögerungen bei der Verordnung. Jetzt sei es wichtig, möglichst schnell in die Verhandlungen mit dem Europaparlament einzutreten, meinte Bender.
Frankreichs Landwirtschaftsminister Marc Fesneau setzt auf Erfolge neuer Züchtungstechniken. Dadurch könne der Pflanzenschutzmitteleinsatz reduziert werden, sagte Fesneau. Die Niederlande forderten die Kommission auf, einen Aktionsplan zu Alternativen für den chemischen Pflanzenschutz vorzulegen.
Berlin bleibt beim Carbon Farming skeptisch
Die EU-Agrarminister berieten bei ihrem Treffen in Luxemburg außerdem über die von der EU-Kommission vorgeschlagenen einheitlichen Regeln für die Bindung von Kohlenstoff in landwirtschaftlichen Böden. Die Mitgliedstaaten drängten auf eine ausreichende Berücksichtigung regionaler Unterschiede. Zwar müsse es beim Carbon Farming gemeinsame Regeln geben, aber geografische und klimatische Unterschiede dürften nicht unter den Tisch fallen, so die mehrheitliche Auffassung der Minister. Viele Minister warnten vor zu weitgehenden Vorgaben der Brüsseler Behörde für ein Zertifizierungssystem.
Staatssekretärin Bender bekräftigte die kritische Haltung des Bundeslandwirtschaftsministeriums zum Carbon Farming. Die Kohlenstoffbindung dürfe nicht zum Greenwashing missbraucht werden, mahnte Bender.
Im Gegensatz dazu sieht Frankreichs Landwirtschaftsminister Marc Fesneau im Carbon Farming „eine gute Gelegenheit“, nachhaltige Bewirtschaftungspraktiken der Landwirte zu belohnen. Im Idealfall könne der Agrarsektor so seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Wirtschaftssektoren stärken.
Agrarminister fordern einheitlich Basislinie für die Kohlenstoffspeicherung
Die spanische Delegation machte darauf aufmerksam, dass in der Vergangenheit erbrachte Leistungen der Landwirte nicht bestraft werden dürften. Es müsse eine möglichst einheitliche Basislinie geben, beispielsweise über den Kohlenstoffgehalt in den unterschiedlichen Bodentypen. Zugleich müssten entsprechend höhere Werte zu Beginn bestimmter Maßnahmen entlohnt werden.
Auch Irland Landwirtschaftsminister Charlie McConologue betonte, dass geleistete Anstrengungen in die Bewertung miteinfließen müssten, so etwa Bewirtschaftungsmethoden, die bereits die Kohlenstoffanreicherung gefördert hätten.
Eine Reihe von vorwiegend östlichen Mitgliedstaaten drängte auf die Priorität der Nahrungsmittelerzeugung. Entsprechende Stimmen kamen unter anderem aus Polen, Rumänien, Ungarn und Bulgarien.
Polens neuer Landwirtschaftsminister Robert Telus forderte zudem, bei den Regeln zum Carbon Farming auch Holzmonokulturen zuzulassen. Diese sind nach Ansicht des PiS-Politikers häufig die effizientesten CO2-Speicher.
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