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Wettbewerbsrecht

EU-Kommission geht gegen Knebelverträge des Einzelhandels vor

Einkaufen im Supermarkt
am Donnerstag, 12.04.2018 - 10:36 (Jetzt kommentieren)

Die Europäische Kommission geht gegen die schlimmsten unfairen Praktiken des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) vor. Landwirte sowie kleine und mittlere Unternehmen sollen vor der Marktmacht der Handelsriesen geschützt werden.

Die EU-Kommission hat heute den Entwurf einer Richtlinie vorgelegt. Mit ihr sollen die schädlichsten unlauteren Handelspraktiken in der Lebensmittelversorgungskette verboten werden.

Das sind zum Beispiel

  • kurzfristige Stornierungen,
  • einseitige oder rückwirkende Vertragsänderungen und
  • Zahlungen für nicht verkaufte Ware.

Ebenso untersagt werden verspätete Zahlungen für verderbliche Ware. Das Zahlungsziel wird auf 30 Tage begrenzt. Werbekostenzuschüsse und Vertragsprämien sind nur erlaubt, wenn sie im Vorfeld klar und eindeutig vereinbart werden.

Schutz gilt nicht für größere Verarbeitungsunternehmen

Die Vorschriften sollen für alle landwirtschaftlichen Produkte und daraus hergestellte Verarbeitungserzeugnisse gelten.

Betroffen wären nicht nur Einzelhandelsketten wie Edeka oder Rewe, sondern auch Verarbeiter, Großhändler, Genossenschaften wie die BayWa oder Erzeugerorganisationen.

Der Schutz würde sich aber auf Landwirte sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) beschränken. KMU sind nach EU-Definition Unternehmen bis 50 Mio. Euro Jahresumsatz und 250 Mitarbeiter. Damit würden zum Beispiel die meisten Molkereien durch die neue Richtlinie nicht vor der Marktmacht des Einzelhandels geschützt.

Anonyme Beschwerden gegen unfaire Handelspraktiken

Phil Hogan

EU-Agrarkommissar Phil Hogan erklärte, Ziel sei es, den "Angstfaktor" in der Lebensmittelversorgungskette abzubauen, indem Beschwerden vertraulich behandelt werden können.

Dazu müssen die Mitgliedstaaten die Möglichkeit zur anonymen Beschwerde einrichten. Außerdem müssen sie eine Behörde benennen, die für die Durchsetzung der neuen Vorschriften zuständig sein wird. Sie soll bei nachweislichen Verstößen verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen verhängen.

Rukwied fordert einen weiter reichenden Schutz

Joachim Rukwied, DBV-Präsident

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, hält den Vorschlag der EU-Kommission für nicht weitreichend genug. Er sei zwar ein wichtiger, erster Schritt gegen unfaire Praktiken im Lebensmittelhandel. Damit würden im europäischen Recht erstmals Mindestregeln gegen den Missbrauch von Einkaufsmacht durch den Lebensmitteleinzelhandel anerkannt und gesetzt, stellte Rukwied fest.

Nach Einschätzung des DBV muss im weiteren Verfahren aber geprüft werden, ob die Liste verbotener Handelspraktiken ausreichend ist. Nicht nachvollziehbar ist für den DBV die vorgesehene Beschränkung des Schutzes auf kleinere und mittlere Unternehmen.

Der DBV fordert ferner, die kartellrechtlichen Möglichkeiten zur Bündelung auf Erzeugerebene auf alle von Landwirten getragenen Vermarktungs- und Verarbeitungsorganisationen - einschließlich der Genossenschaften - zu erweitern.

Der Richtlinienvorschlag wird nun im EU-Parlament und im Ministerrat beraten.

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