EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski ist unzufrieden: Nach dem EU-Agrarrat am 17. Oktober rügte er die EU-Staaten, weil sie die europäischen Staaten und die EU-Düngerindustrie in der aktuellen Phase hoher Energiekosten zu wenig unterstützen. Der Pole verwies bei dem Termin auch auf die für den 9. November geplante Mitteilung seiner Behörde über eine Düngemittel-Strategie. Darin will die EU-Kommission Maßnahmen vorschlagen, um die Versorgungssicherheit mit Düngemitteln in der EU sicherzustellen. Aus Brüsseler Kreisen hat agrarheute den aktuellen Planungsstand der Europäischen Kommission für diese Strategie erfahren.
Anti-Dumping-Zölle sollen bleiben
Im Jahr 2019 verhängte die EU-Kommission Anti-Dumping-Zölle gegen Einfuhren von Ammoniumnitrat-Harnstoff-Lösung aus Russland, Trinidad und Tobago sowie den USA. Diese Zölle verteuern die Einfuhren des Düngers. Landwirtschaftliche Organisationen wie Copa-Cogeca fordern daher bereits seit geraumer Zeit deren Aufhebung. Europäische Düngemittelhersteller sprechen sich allerdings dagegen aus und warnen vor einer Destabilisierung der europäischen Düngemittelproduktion. In der geplanten Mitteilung scheint die Kommission dieser zweiten Argumentationslinie zu folgen. Die Anti-Dumping-Zölle sollen noch bis 2024 bleiben.
Landwirten und Düngerherstellern mit Übergewinnabgaben helfen
Mehr Spielraum sieht die Kommission in ihren derzeitigen Überlegungen bei der Entlastung von Landwirten und Düngemittelherstellern im Rahmen staatlicher Krisenbeihilfen. Dazu könnten die EU-Staaten unter anderem Übergewinn- und Solidaritätsabgaben sowie die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds nutzen.
Mehr Krisenhilfe für Landwirte
Als Teil der Düngemittel-Strategie der EU-Kommission will die Behörde derzeit auch prüfen, neue Sonderhilfen für Landwirte einzuführen. Diese sollen aus der Krisenreserve der EU gespeist werden, basieren also auf einer Kürzung der Direktbeihilfen für alle Landwirtinnen und Landwirte in der Staatengemeinschaft.
Düngerhersteller von Gas-Rationierung ausnehmen
Die EU-Kommission plant, die Mitgliedstaaten aufzurufen Düngemittelhersteller von einer möglichen Rationierung von Erdgas auszunehmen, sollte es dazu kommen. Die Länder müssten diese Regelung allerdings noch in ihre jeweiligen nationalen Notfallpläne mit aufnehmen.
Nationale Strategiepläne anpassen
In ihrer Düngemittel-Strategie will die EU-Kommission die EU-Staaten auch dazu aufrufen, die nationalen Strategiepläne zur Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik an die aktuelle Situation anzupassen. Besonders werde die Brüsseler Behörde darauf achten, wie weit Mittel für die Unterstützung des nachhaltigen Düngereinsatzes abgerufen würden. Außerdem sollen Anpassungen an die Strategiepläne, zügig und positiv bewilligt werden, wenn sie eine der folgenden Maßnahmen unterstützen:
- Förderung der Düngeeffizienz, z.B. durch Nährstoffmanagementpläne, Precision-Farming, Ökolandbau, Agrarökologie;
- Anbau von Eiweißpflanzen als Teil der Fruchtfolge;
- Weiterbildung von Landwirten beim Nährstoffmanagement;
- Eco-Schemes zur Förderung des Einsatzes organischer Düngemittel.
Neue Marktbeobachtungsstelle Dünger
Um die Markttransparenz zu verbessern, plant die EU-Kommission, eine Marktbeobachtungsstelle Düngemittel einzuführen. Derartige Beobachtungsstellen gibt es bereits für Fleisch, Milch, Ackerfrüchte und Zucker.
Autonomie bei bestimmten Düngemitteln
In ihrer Düngemittelstrategie will die EU-Kommission ankündigen, weitere Maßnahmen vorzuschlagen, um strategische Autonomie bei organischen Düngemitteln und der Nährstoffrückgewinnung beispielsweise aus Abwasser zu erreichen. Außerdem soll die Umstellung der EU-Düngemittelindustrie auf sogenannten „grünen“ Ammoniak aus erneuerbaren Quellen vorangetrieben werden.
Internationale Kooperation verstärken
Schließlich plant die EU-Kommission, die internationale Zusammenarbeit zur Ernährungssicherheit, zur Reduzierung der Abhängigkeit von importiertem Mineraldünger und zur Verfügbarkeit und Bezahlbarkeit von Düngemitteln weiterführen und verstärken. Eine besondere Rolle soll dabei auch der Austausch über die G-20-Gruppe von Industrie- und Schwellenländern sowie der EU spielen.
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