In der ganzen Oder-Region können landwirtschaftliche Betriebe kein Wasser mehr für Tiertränken und die Bewässerung aus dem Fluss entnehmen. Und das ausgerechnet in der anhaltenden Hitze und Trockenheit.
Der Landesbauerverband Brandenburg fordert darum eine schnellstmögliche Aufklärung der Ursachen des massiven Fischsterbens in der Oder. „Nicht zuletzt, um vorzubeugen, dass am Ende diffuse Quellen, vage Thesen oder die Landnutzer als mögliche Verursacher dargestellt werden“, sagt Henrik Wendorff, der Präsident des Landesbauernverbandes.
Bis zum vergangenen Wochenende wurden in Polen und Deutschland schon rund 200 Tonnen Fischkadaver eingesammelt. Über die Ursachen dieses ungewöhnlichen Fischsterbens herrscht Streit zwischen polnischen und deutschen Behörden.
Polen wirft Deutschland Verbreitung von Fake News vor
Das Brandenburger Umweltministerium hatte am Wochenende mitgeteilt, an der Messstelle Frankfurt an der Oder seien zwischen dem 7. und 9. August hohe Konzentrationen des herbiziden Wirkstoffs 2,4-Dichlorphenoxyessigsäure nachgewiesen worden. Die gemessenen Konzentrationen seien für Fische aber nicht unmittelbar tödlich gewesen.
Polens Umweltministerin Anna Moskwa erhob dennoch auf Twitter den Vorwurf, in Deutschland würde „Fake News“ über Pestizide in der Oder verbreitet. Moskwa zufolge wurde der Fluss in Polen auf den Wirkstoff getestet. Die nachgewiesenen Mengen seien ohne Auswirkungen auf Fische oder andere Tiere.
Bundesregierung weist die Kritik zurück
Die Bundesregierung wies den polnischen Vorwurf zurück, Deutschland verbreite Falschnachrichten. „Wir bedauern, dass es zu dieser Bewertung von polnischer Seite gekommen ist“, sagte ein Sprecher des Bundesumweltministeriums.
Die Suche nach den Ursachen für das Fischsterben sei nach wie vor nicht abgeschlossen. Inzwischen verdichten sich Hinweise, dass die Tiere an einem von Algen produzierten Gift verendet sind.
Salzliebende Alge könnte das Fischsterben in der Oder ausgelöst haben
So sehen Experten des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin deutliche Anzeigen dafür, dass eine giftige Alge schuld am Tod der Fische ist. Das starke Wachstum der Alge, die eigentlich im Brackwasser gedeiht, gehe wiederum auf einen Salzeintrag in den Fluss zurück, sagte Forscher Tobias Goldhammer der Deutschen Presse-Agentur.
„Das ist unsere derzeit am wahrscheinlichsten scheinende Hypothese.“ Woher das Salz stamme, sei vorerst unklar. Auch spielten vermutlich weitere Faktoren eine Rolle, darunter das Niedrigwasser und eine erhöhte Wassertemperatur, sagte Goldhammer.
Satellitenbilder zeigen eine massive Algenblüte
Das Leibniz-Institut hatte vergangene Woche auf das starke Wachstum der Algenart Prymnesium parvum hingewiesen, die ein für Fische tödliches Gift bilden kann. Am Wochenende ergänzte das Institut, dass dieses Gift im Wasser der Oder tatsächlich nachgewiesen worden sei. Zudem hätten Satellitendaten eine massive Algenblüte in der Oder belegt.
Auch polnische Wissenschaftler wiesen Prymnesium parvum in Wasserproben nach. Eine Sprecherin des brandenburgischen Umweltministeriums sagte, die Hinweise des Leibniz-Instituts auf das Gift der Alge seien plausibel. Wichtig sei jedoch, die Ursache des Salzeintrags weiter zu untersuchen. Man gehe nach wie vor davon aus, dass mehrere Ursachen für das Fischsterben verantwortlich sein könnten.
Haben die Überwachungsbehörden die Signale verschlafen?

Heute wird sich der Umweltausschuss des Brandenburger Landtags mit den Ursachen des Fischsterbens beschäftigen. Geplant ist, dass Landesumweltminister Axel Vogel (Grüne) über die bisherigen Erkenntnisse berichtet. Außerdem sollen Fachleute zu Wort kommen, darunter Vertreter des Leibniz-Instituts.
Der Vorsitzende des Umweltausschusses, Wolfgang Roick (SPD), hält es für notwendig, Konsequenzen aus dem Fischsterben zu ziehen. Der Brandenburger Bauernverband fordert eine Überprüfung des Mess- und Meldesystems. Der Verband warf die Frage auf, wieso die Aufklärung so schleppend verlaufe, obwohl an der Oder ein Mess- und Meldesystem installiert sei, das durch automatisierte Proben regelmäßig den Gewässerzustand überprüfe.
Der SPD-Politiker Roick sagte in diesem Zusammenhang gegenüber dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB): „Es werden ja ständig Messungen gemacht. Und in dem Falle war es wohl so, dass man auf erhöhte Konzentrationen doch etwas zu langsam reagiert hat.“
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