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Bodenversiegelung

Flächenverbrauch müsste fast um die Hälfte reduziert werden

Bagger im Einsatz auf einer noch nicht bebauten Fläche
am Dienstag, 09.02.2021 - 16:40 (1 Kommentar)

Den aktuellsten Zahlen der Bundesregierung zufolge werden in Deutschland pro Tag 56 Hektar für neue Siedlungs- und Verkehrsflächen verbraucht. Dabei hätten seit letztem Jahr 30 Hektar nicht mehr überschritten werden sollen.

Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen zum Flächenverbrauch hervor. In ihrer Anfrage hob die grüne Bundestagsfraktion hervor, dass das sogenannte 30-Hektar-Ziel sowohl in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie von 2002 als auch im Klimaschutzplan 2050 festgehalten sei. Außerdem sehe der Klimaschutzplan vor, bis 2050 einen Netto-Flächenverbrauch von null zu erzielen.

2018 lag der durchschnittliche Wert für den täglichen Verbrauch für neue Siedlungs- und Verkehrsfläche bei 56 Hektar (gleitender Vierjahresdurchschnitt). Zahlen für 2019 und 2020 lagen der Bundesregierung noch nicht vor, es sei aber davon auszugehen, dass das 30-Hektar-Ziel nicht erreicht werden könne.

Flächenverbrauch verlangsamt sich

Zwischen 2000 und 2018 habe sich der Flächenverbrauch ungefähr halbiert, erläutert die Bundesregierung. Diese Entwicklung gehe auf strengere Regelungen im Bau- und Planungsrecht, eine langsamere wirtschaftliche Entwicklung, den demografischen Wandel und entsprechende Bemühungen in den Ländern und Gemeinden zurück.

Unterschiedliche Entwicklung in den Bundesländern

Nicht nur nach dem gesamten Flächenverbrauch pro Tag, sondern auch nach dem Flächen-Neuverbrauch pro Kopf erkundigten sich die Grünen in ihrer Anfrage. Die Bundesregierung erklärte dazu, dass dieser von Veränderungen in der Siedlungsfläche und in der Bevölkerung abhängig sei.

So habe es zwischen 2016 und 2019 in den östlichen Bundesländern und im Saarland höhere Zunahmen beim Flächen-Neuverbrauch pro Person gegeben als in den westlichen Flächenländern. Im Süden Deutschlands war dagegen eine leichte Abnahme des Neuverbrauchs pro Kopf erkennbar gewesen.

2018 und 2019 sei in fast allen Bundesländern ein Anstieg des Flächen-Neuverbrauchs pro Person verzeichnet worden. Nur in Hessen, Hamburg und Berlin entwickelte sich der Verbrauch rückläufig.

In vielen Gemeinden „Donut-Effekt“ zu beobachten

Darüber hinaus gebe es einen Zusammenhang mit dem Stadt- beziehungsweise Gemeindetyp: Je lockerer eine Fläche besiedelt ist, desto mehr Quadratmeter stehen dem Einzelnen zur Verfügung. Daher nehme der Wert (Siedlungs- und Verkehrsfläche in m² je Einwohner) in der Gliederung Großstadt – Mittelstadt – Größere Kleinstadt – Kleine Kleinstadt – Landgemeinde immer weiter zu. Während den Menschen in der Großstadt 2018 durchschnittlich 259 m² Siedlungs- und Verkehrsfläche zur Verfügung standen, waren es in der Landgemeinde 1.274 m².

Lediglich in den Großstädten entwickelte sich das Flächenangebot pro Kopf zwischen 2016 und 2018 rückläufig. Im selben Zeitraum gab es in den Landgemeinden einen deutlichen Anstieg von 1,8 Prozent.

Auf das Problem beim „Donut-Effekt“ machen die Grünen in ihrer Anfrage aufmerksam. In vielen Gemeinden gebe es in den Ortskernen und Dorfzentren Leerstand und freie Flächen, die zwar schon erschlossen, aber ungenutzt seien. Stattdessen werde neues Bauland an den Ortsrändern und umliegenden Ortsteilen ausgewiesen, was zu prall gefüllten Rändern und einer leeren Ortsmitte führe. Hinzu kämen steigende Infrastrukturkosten in den Randgebieten, da die locker bebauten Ein- und Zweifamilienhausgegenden mehr Aufwand für gleichwertige Lebensverhältnisse erforderten – beispielsweise bei der Schaffung attraktiver Busverbindungen.

Flächen werden weiter zulasten der Landwirtschaft verbraucht

Einerseits betont die Bundesregierung, dass „die vorhandene landwirtschaftliche Fläche, die eine begrenzte Ressource darstellt, vollständig und nutzbar erhalten werden“ solle. Für dieses Ziel sei die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie ein wichtiges Instrument. In der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie sei der Zeitpunkt, ab dem der Flächenverbrauch unter 30 Hektar pro Tag betragen soll, mittlerweile auf das Jahr 2030 festgelegt worden. Trotzdem sei „davon auszugehen, dass der Flächenverbrauch auch in Zukunft überwiegend zulasten der landwirtschaftlichen Nutzfläche erfolgen“ werde.

Bei staatlichen Bauprojekten würden bereits bebaute Flächen sowie die Bebauung von Flächen im Innenbereich bevorzugt. Vermieden werden solle eine Zerschneidung der Landschaft durch Verkehrswege, Energieleitungen und ähnliche Vorhaben. Der Anteil an unzerschnittenen verkehrsarmen Räumen solle langfristig mehr als 100 km² der Bundesfläche betragen. Im Rahmen des Bundesprogramms "Wiedervernetzung" sollen zerschnittene Lebensräume wieder miteinander verbunden werden. 

Auch für den Ausbau der erneuerbaren Energien solle eine ausreichende Fläche zur Verfügung stehen, teilt die Bundesregierung mit.

 

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