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Ersatzprodukte

Frankreich streicht vegane Wurst: Ende eines Etikettenschwindels

Veganes-Fleisch
am Mittwoch, 06.07.2022 - 16:09 (4 Kommentare)

Frankreich entscheidet, dass vegane Wurst oder veganes Steak nicht mehr zulässige Bezeichnungen sind. Das sorgt für Klarheit, gefällt aber nicht jedem.

Es gibt Dinge in unserer Sprache, bei denen sich rasend schnell Kopfschmerzen einstellen, sobald man genauer drüber nachdenkt. Sie sind aber so alltäglich geworden, dass man sie mit einem Achselzucken hinnimmt. Was soll zum Beispiel „bittersüß“ bedeuten? Ist es bitter, dass es einem die Fußnägel hochzieht? Oder irgendwie noch süß wie eine in die Jahre gekommene Prinzessin Lillifee?

Ähnlich konfus ist „Hassliebe“ bei genauerer Betrachtung. Oder „stummer Schrei“, „aggressive Kampfansage“, „dummschlau“ ... oder „vegane Wurst“. Oxymoron nennt man solche Worte, die ganz offensichtlich nicht zusammen passen. In Frankreich hat man jetzt entschieden, dass Verbraucher nicht mehr auf so eine ebenso literarische wie irreführende Weise mit Produkten ohne Tier zugreifen sollen.

Wurst bleibt Wurst, Veganes bekommt einen eigenen Namen

In Zukunft ist Wurst bei unseren Nachbarn nur noch Wurst, wenn sie Fleisch enthält. So will es eine neue Verordnung zur Namensgebung pflanzlicher Ersatzprodukte. Sie betrifft auch „Steak“ oder „Bacon“ und alle Begriffe, die sich auf Tierarten oder ihre Körperteile beziehen. Nicht erlaubt sind zudem Worte, die sich auf eine „spezifische Terminologie der Fleischerei, der Wurstwarenindustrie oder der Fischindustrie“ beziehen.

Das ganze gilt ab dem 1. Oktober, wenn auch zunächst nur für französische Produkte. Was werden wir das vegane Grillhähnchen vermissen. Wie genau veganer Ersatz in Zukunft heißt, ist noch nicht klar. Vertreter von Landwirte fordern aber bereits eine EU-weite Regelung.

Vegane Milch gibt es europaweit nicht mehr

Die Diskussion um vegane Ersatzprodukte ist nicht neu. 2017 hatte der Europäische Gerichtshof entschieden, dass rein pflanzliche Produkte nicht länger als „Milch“, „Käse“ oder „Joghurt“ bezeichnet werden dürfen. Und so heißt es seitdem nicht mehr „vegane Kochsahne“ sondern „Hafercreme Cuisin“ oder Veggie Schmelz Scheiben“ statt „veganer Scheibenkäse“.

Ob der Verbraucher sich in solchen Bezeichnungen verheddert haben, stand bei der Entscheidung nicht zur Debatte. Thema war die Wettbewerbsverzehrung durch eine Vermengung der Begriffe. Beim Fleisch war man bislang weniger strikt. Noch 2020 erklärte das EU-Parlament etwa „vegane Burger“ für legitim.

Fleischindustrie begrüßt die neue Klarheit

Nun also macht Frankreich in Sachen veganes Fleisch den ersten Schritt. Die fleischverarbeitende Industrie hatte seit langem darauf gedrängt und begrüßt die Entscheidung. Es ginge dabei um Informationstransparenz. Letztendlich ist es eine Abgrenzung zur veganen Konkurrenz. Und so wundert es nicht, dass die französische Organisation ONAV (Observatoire national de l‘alimentation végétale) die Maßnahme kritisiert. Sie diene eindeutig dem Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Fleischindustrie, ONAV ist ein Zusammenschluss von Wissenschaftlern und Gesundheitsexperten, die auf Fleischersatz spezialisiert sind.

Wie es weitergeht, ist noch nicht klar. Doch Frankreichs Produzenten müssen aufpassen: Wer gegen die neuen Vorschriften verstößt, muss mit einer Geldstrafe zwischen 1.500 € und 7.500 € rechnen. Dazu passt ein weiteres Oxymoron: „liebevolle Kampfansage“.

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