Die französischen Bio-Bauern laufen Gefahr, ein Opfer ihres eigenen Erfolgs zu werden. Nach einer sehr schnellen Ausweitung der Bioproduktion in den vergangenen Jahren belastet nun bei einigen Bioprodukten ein Überangebot den Markt.
Hinzu kommt, dass sogar die französischen Verbraucher aufgrund der steigenden Lebensmittelpreise beim Essen sparen. Die Nachfrage nach Bioerzeugnissen hat zuletzt merklich nachgelassen. Der Dachverband der Biolandwirtschaft (FNAB) fordert von der Regierung darum seit einigen Wochen dringend ein umfassendes Hilfsprogramm. Doch die Antwort aus Paris ist für die Bio-Landwirte enttäuschend.
Hilfsfonds von 10 Millionen Euro für Öko-Betriebe in Schwierigkeiten

Premierministerin Elisabeth Borne höchstpersönlich versprach den französischen Bio-Bauern zwar staatliche Unterstützung. Die Einzelheiten des Hilfsprogramms, die Agrarminister Marc Fesneau anlässlich der internationalen Landwirtschaftsmesse (SIAL) in Paris vorstellen durfte, entsprechen jedoch bei weitem nicht den Erwartungen der Landwirte.
Vorgesehen sind diese Sofortmaßnahmen:
- ein Hilfsfonds von 10 Millionen Euro für Ökobetriebe in ernsten wirtschaftlichen Schwierigkeiten,
- die Einrichtung einer Arbeitsgruppe mit dem Ziel, den Anteil von Bio-Erzeugnissen in der Gemeinschaftsverpflegung auf 20 Prozent zu steigern,
- eine Reform der Agentur für den Ökolandbau (Agence Bio).
Zuvor hatte das Ministerium bereits angekündigt, den „Zukunftsfonds Bio“ von 2 Millionen auf 15 Millionen Euro aufzustocken, die Ausbauziele für den Ökomarkt „zukunftsorientiert“ zu überarbeiten und eine Imagekampagne der Agence Bio mit weiteren 750.000 Euro zu fördern.
Bio-Bauern fordern mehr als die zehnfache Summe
Aus Sicht der französischen Bio-Bauern ist das deutlich zu wenig, um den Niedergang der ökologischen Landwirtschaft zu verhindern. Die Nothilfe von 10 Millionen Euro entspricht laut FNAB-Angaben lediglich 166 Euro pro Bio-Betrieb.
Mathieu Lancry, der Vorsitzende der Organisation Forebio, sagte in diesem Zusammenhang: „Angesichts des Ausmaßes der Bio-Krise benötigen wir allein für den Schweine-, Milch- sowie Obst- und Gemüsesektor 150 Millionen Euro.“
Auf ihre verzweifelte Lage machten die Bio-Bauern auf der SIAL aufmerksam, indem sie den Messestand der Agence Bio symbolisch „beerdigten“.
FNAB-Präsident Philippe Camburet warf der Regierung vor, mit zweierlei Maß zu messen. Der konventionelle Sektor erhalte erhebliche Finanzmittel, um seinen wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu begegnen, während die Bio-Branche wieder einmal das Stiefkind der öffentlichen Unterstützung sei.
Jahrelanger Öko-Boom stoppt abrupt

In Frankreich ist der Bio-Markt nach Zahlen der Agence Bio bereits 2021 um 1,3 Prozent auf knapp 12,7 Milliarden Euro geschrumpft. Zuvor war der Markt seit 2014 jährlich zweistellig gewachsen. Für 2022 hat die Agentur noch keine offiziellen Zahlen vorgelegt. Es wird jedoch ein weiterer Rückgang erwartet.
Die zertifizierte Bio-Anbaufläche stieg 2021 hingegen rasant weiter, und zwar um 12,1 Prozent auf 2,19 Millionen Hektar. Das sind 10,8 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Mit 57.140 Bio-Betrieben zählte Frankreich 2021 um 13,5 Prozent oder fast 6.000 Bio-Höfe beziehungsweise Umsteller mehr als noch ein Jahr zuvor.
Unter anderem ist Frankreich mittlerweile der EU-weit größte Bio-Milcherzeuger. Das schnell wachsende Angebot stößt nun jedoch auf einen wenig aufnahmefähigen Markt.
Bio-Milch wird mit konventioneller Milch zusammengeschüttet
Die großen Molkereien wie Lactalis und Sodiaal sind darum im vergangenen Jahr dazu übergegangen, einen Großteil der Bio-Milch der konventionellen Milch beizumischen. Schätzungen gehen davon aus, dass in Frankreich 40 Prozent der Bio-Milch nicht als solche vermarktet werden können.
Die Molkereien zahlten den Bio-Milchbauern teilweise schlechtere Preise als den konventionellen Erzeugern, um das Wachstum zu drosseln und keinen weiteren Anreiz zur Betriebsumstellung auf Bio-Produktion zu geben.
Der nationale Strategieplan der französischen Regierung zur Umsetzung der GAP 2023 sieht vor, den Bio-Flächenanteil bis 2027 auf 18 Prozent zu steigern. Die aktuelle Entwicklung weckt Zweifel daran, ob dieses Ziel erreicht werden kann.
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