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Tierwohl in der Milchviehhaltung

Ganzjährige Anbindehaltung: Bundesregierung ohne Plan

Fleckviehkühe im Anbindestall
am Donnerstag, 13.07.2023 - 13:30 (14 Kommentare)

Die Zahl der Rinder in Anbindehaltung ist in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren um zwei Drittel gesunken.

Die Anbindehaltung in Deutschland ist stark rückläufig. Zudem sind davon nur rund zehn Prozent der Rinder betroffen. Allerdings hat die Bundesregierung keinen Überblick, wie viele Rinder davon ganzjährig angebunden sind. Zudem werde ein Verbot der Anbindehaltung, wie die Ampelregierung es derzeit plant, den Strukturwandel beschleunigen.

Das räumt das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) auf eine parlamentarische Anfrage der AfD ein. 

Starker Rückgang der Rinder in Anbindehaltung

Gemäß der Landwirtschaftszählung aus dem Jahr 2020 wurden rund 1,14 Millionen Rinder in Anbindehaltung gehalten. Dies entsprach rund zehn Prozent der Rinder in Deutschland. 

Eine Differenzierung, inwiefern die Rinder teilweise oder ganzjährig in Anbindehaltung gehalten wurden, sei anhand der Daten aus der Landwirtschaftszählung 2020 nicht möglich, heißt es in der Antwort. 

Vor zehn Jahren (2010) zählten die Statistiker noch 3,02 Millionen Anbindehaltungsplätze. Damit ist die Zahl der Rinder in Anbindehaltung innerhalb von rund zehn Jahren um zwei Drittel geschrumpft. Hält der Trend an, wären es bis 2030 nur noch 0,4 Millionen Rinder.

Verbotspläne forcieren den Strukturwandel

Berechnungen des Thünen-Instituts von 2020 hätten außerdem ergeben, dass insgesamt 28.257 Betriebe das Verfahren der Anbindehaltung genutzt haben. Davon hätten 17.485 Betriebe ihre Rinder in ganzjähriger Anbindehaltung gehalten.

Laut Thünen-Institut ist bei dem geplanten Verbot der Anbindehaltung grundsätzlich von einem Vorzieheffekt des Strukturwandels auszugehen. Dieser sei jedoch nicht abschließend quantifizierbar, so das BMEL.

Fazit: Die Zahl der Rinder in Anbindehaltung könnte bei den derzeitigen Verbotsplänen und höheren Auflagen für die Kombihaltung noch schneller sinken als bisher erwartet, vor allem wenn die Milchpreise weiter fallen sollten.

Bundesregierung will Folgenabschätzung berücksichtigen

Der Strukturwandel in der Milchviehhaltung könne durch zahlreiche Faktoren, wie den Generationswechsel und etwaige Preisabschläge der Molkereien für Milch aus Anbindehaltung, beeinflusst werden. „Die Folgenabschätzung wird bei der Ausgestaltung der Änderungen in Bezug auf die Anbindehaltung mit einbezogen“, versichert die Bundesregierung in ihrer Antwort.

Längere Lebensdauer in Anbindehaltung? Bund hat keine Daten

Der Bundesregierung gab in ihrer Antwort zu, keine belastbaren Erkenntnisse zu haben, dass Tiere aus Anbindehaltung im Vergleich zu Tieren im Laufstall eine wesentlich höhere Lebenserwartung haben. 

Gleichzeitig betont sie, dass insbesondere das Management der Tierhaltung einschließlich Fütterung und getroffene Maßnahmen – inklusive bauliche und technische Maßnahmen – verantwortlich sind, um Emissionen zu mindern, zum Beispiel durch Trennung von festen und flüssigen Ausscheidungen, emissionsarmen Laufflächen, Einsatz von Reinigungsrobotern oder emissionsarme Lagerung und Ausbringung von Mist.

Studien weisen Anstieg von Stresshormonen bei Kühen in Anbindehaltung nach

In seiner Antwort verweist das BMEL auf Studien, in den einen signifikanter Anstieg des Stresshormons Cortisol bei Rindern nach Verbringen in Anbindehaltung nachgewiesen werden konnte, was ein deutlicher Indikator für Stressbelastung sei. Zwar sinken die Werte aufgrund physiologischer Ausgleichsprozesse (Homöostase) nach einiger Zeit wieder, jedoch zeigen laut BMEL-Antwort körperliche Befunde und Verhaltensauffälligkeiten dauerhafte Probleme bei Anpassung an die anbindungsbedingten Einschränkungen von Fortbewegungs-, Sozial- und Körperpflegeverhalten an.

Dem Vorteil von geringeren sozialen Auseinandersetzungen, wie sie in Laufstallhaltungen auftreten können, steht der Mangel an positiven sozialen Interaktionen gegenüber, legt das BMEL die Studienergebnisse aus.

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