„Keine gute Idee“ urteilt mehr als die Hälfte der Landwirte über die Vorschläge zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), die das Bundeslandwirtschaftsministerium gestern vorgelegt hat. In einer Blitzumfrage auf agrarheute.com, an der innerhalb von weniger als 24 Stunden fast 1.000 Nutzer teilnahmen, finden aber immerhin 28 Prozent Klöckners Umsetzungsvorschlag „gut“ (Stand: 10:45 Uhr, 2.3.2021).
Und ähnlich unterschiedlich fallen die Reaktionen der Verbände aus. Nur bedingt zufrieden ist der Deutsche Bauernverband (DBV). DBV-Präsident Joachim Rukwied sprach in einer ersten Reaktion von Licht und Schatten. Positiv wertet Rukwied die Ansätze bei den Eco-Schemes, die grundsätzlich in die richtige Richtung gingen. Scharfe Kritik übte er hingegen an den vorgesehenen Umverteilungen bei den Direktzahlungen.
„Zusätzliche Kürzungs- und Umverteilungsmechanismen durch die Neueinführung einer betrieblichen Degression, eine Regelung für verbundene Unternehmen und die erhöhte Umschichtung von der ersten in die zweite Säule schwächen die Betriebe und schaffen zusätzliche Nachweisbürokratien“, warnte der Bauernpräsident. Der DBV bleibt bei seiner Forderung, statt Kappung und Degression auf einen maßvollen Zuschlag für die ersten Hektare zu setzen.
Scharfer Gegenwind aus dem Osten
Einen Vorgeschmack auf die zu erwartende Kritik aus den neuen Ländern gab der Präsident des Landesbauernverbandes Brandenburg (LBV), Henrik Wendorff. Seiner Auffassung nach gefährden die Vorschläge das unternehmerische Handeln und die Wettbewerbsfähigkeit der meisten Brandenburger Landwirtschaftsbetriebe und schaden erheblich dem ländlichen Raum. Bereits heute erhalte ein kleinerer Landwirtschaftsbetrieb pro Hektar eine höhere Förderung als ein größerer Betrieb. Durch die nochmals zusätzliche Umverteilung von Mitteln hin zu kleinen Strukturen würden die ostdeutschen Unternehmensstrukturen zusätzlich massiv geschwächt.
Eine klare Absage erteilte Wendorff weiteren Kürzungen ohne Berücksichtigung der vollen Anrechnung von Lohn- und Arbeitskosten. Betroffen von den Kürzungen seien insbesondere die Vollbeschäftigten auf den Agrarbetrieben Ostdeutschlands. Ohne ein verlässliches Einkommen über die Basisprämie seien die geforderten Investitionen in Klima-, Arten-, Tier- und Umweltschutz nicht möglich. Der Landesbauernverband Brandenburg plädiere deshalb nachdrücklich für einen Erhalt der Basisprämie mindestens auf dem aktuellen Niveau.
Umweltverbände halten Reformvorschläge für unzureichend
Kritisch werten Umweltverbände die von Klöckner vorgelegten Eckpunkte. Der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Olaf Bandt, nannte die Vorschläge angesichts der enormen Herausforderungen für die Landwirtschaft „ärmlich“. Klöckner bewege sich am unteren Limit dessen, was im noch laufenden Trilog-Verfahren in Brüssel diskutiert werde, stellte Bandt fest. Der Ministerin fehle der Kompass, „um Bäuerinnen und Bauern eine wirtschaftliche Zukunft aufzuzeigen und das mit Natur- und Klimaschutz zu verbinden“.
Auch für Naturschutzvorstand Christoph Heinrich vom World Wide Fund for Nature (WWF) Deutschland sind die Vorschläge unzureichend. Der Entwurf helfe weder den Landwirten noch der Natur. Im Herbst 2020 habe die Ministerin das unter deutscher Ratspräsidentschaft zustande gekommene Ergebnis zur EU-Agrarreform mit der Blockadehaltung einiger Mitgliedstaaten begründet. „Jetzt diesen kleinsten gemeinsamen Nenner auch auf Deutschland übertragen zu wollen, ist unglaubwürdig“, so Heinrich. Der WWF fordert neben einem Mindestanteil der Eco-Schemes von 30 % mindestens 5 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche für nichtproduktive Flächen.
Greenpeace fordert das Ende der Direktzahlungen
Nach Darstellung von Greenpeace-Agrarreferent Martin Hofstetter setzt Klöckner mit ihrer Vorlage „die schlechte Agrarpolitik von gestern“ fort. Die milliardenschweren Agrarsubventionen würden weitere sieben Jahre ganz überwiegend nach altem Muster verteilt, monierte Hofstetter und kritisierte, dass die Umschichtung in die zweite Säule ab 2023 lediglich auf 8 % steigen solle.
Stattdessen müssten die flächenbezogenen Direktzahlungen in den kommenden Jahren auslaufen und die gezielte Förderung ökologischer Maßnahmen in der Landwirtschaft dynamisch ansteigen.
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