Die Wiederzulassung des Herbizidwirkstoffs Glyphosat im Rahmen der EU-Pflanzenschutzmittelverordnung widerspricht danach nicht dem in der Europäischen Union geltenden Vorsorgeprinzip. Sie kann deshalb nicht als Beleg für mögliche Mängel im Zulassungsprozess angesehen werden.
Rechtsstreit in Frankreich
Hintergrund der EuGH-Entscheidung war eine Anfrage eines französischen Gerichts aus der Stadt de Foix. Französische Umweltaktivisten wurde dort zur Last gelegt, in mehreren Städten Kanister mit Unkrautvernichtungsmitteln, die das Pflanzenschutzmittel Glyphosat ("Roundup") enthielten, in strafrechtlich relevanter Weise beschädigt zu haben.
Den Aktivisten wurde vorgeworfen, gemeinschaftlich handelnd einen einem Dritten gehörenden Gegenstand beschädigt oder zerstört zu haben. Das Französische Gericht in de Foix gelangte zu der Auffassung, dass die Ungültigkeit der maßgeblichen Pflanzenschutzverordnung die den Beschuldigten zur Last gelegte Straftat neutralisieren könnte.
Das Gericht wollte daher vom EuGH wissen, ob diese Verordnung mit dem Vorsorgeprinzip vereinbar ist. Konkret hat das Gericht Zweifel, ob mit diesem Prinzip bestimmte Vorschriften der Pflanzenschutzmittelverordnung vereinbar sind.
Gültigkeit der Verordnung nicht berührt
Der EuGH kam am Donnerstag zu dem Ergebnis, dass die Prüfung der vom nationalen Gericht vorgelegten Fragen nichts ergeben hat, was die Gültigkeit der Verordnung berühren könnte. Nach Auffassung des EuGH hat der Gesetzgeber beim Erlass von Vorschriften zum Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln das Vorsorgeprinzip zu befolgen, um ein hohes Gesundheitsschutzniveau sicherzustellen.
Diese Vorschriften müssten somit einem normativen Rahmen folgen, der es den zuständigen Behörden ermögliche, über hinreichende Angaben zu verfügen, um die sich aus der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln für die Gesundheit ergebenden Gefahren zu beurteilen.
Jeder Stoff muss exakt geprüft werden
Weiter führt das EuGH aus: Der Antragsteller haben bei der Einreichung seines Antrages auf Zulassung eines Pflanzenschutzmittels jeden Stoff zu prüfen, der in der Zusammensetzung dieses Mittels verwendet werde. Er muss außerdem angeben ob die Stoffe die in der Pflanzenschutzmittelverordnung aufgestellten Kriterien erfüllen.
Damit hat der Antragsteller entgegen der Prämisse, auf die sich das französische Gericht stütze, keine Möglichkeit, nach Ermessen zu entscheiden, welcher Bestandteil des Mittels für die Zwecke der Prüfung des Antrages als ein Wirkstoff anzusehen sei.
Es sei nicht offensichtlich, dass die in dieser Vorschrift genannten Kriterien ungenügend wären, um eine objektive Bestimmung der betreffenden Stoffe zu ermöglichen und sicherzustellen, dass die Stoffe, die für die Wirksamkeit der Pflanzenschutzmittel tatsächlich eine Rolle spielen, bei der Beurteilung der Gefahren, die sich aus der Verwendung dieser Mittel ergeben, tatsächlich berücksichtigt werden.
Cocktaileffekte sind berücksichtigt
Der EuGH gelangte deshalb zu folgendem Schluss: Die Entscheidungen, denen der Antragsteller bezüglich der Identifizierung der Wirkstoffe unterliege, die Bestandteil des Pflanzenschutzmittels seien, auf das sich sein Zulassungsantrag beziehe, sind nicht mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet.
Hinsichtlich der Frage einer spezifischen Analyse der Wirkungen der Kumulierung mehrerer Wirkstoffe in einem Pflanzenschutzmittel ("Cocktaileffekt") mit dem Vorsorgeprinzip weist der EuGH darauf hin, dass im Rahmen des Verfahrens zur Zulassung die Kummulations- und Synergieeffekte dieses Mittels zu berücksichtigen seien.
Deshalb müssten die Verfahren, nach denen die Zulassung erfolge, zwingend eine Beurteilung der in diesem Mittel enthaltenen Wirkstoffe, und auch der Kumulationseffekte dieses Pflanzenschutzmittels umfassen. Die Pflanzenschutzverordnung sei somit nicht mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet.
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