Für eine Verlängerung des Pflanzenschutzmittels Glyphosat wird sich in dieser Woche wahrscheinlich eine Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten aussprechen. Laut Agrarischen Informationszentrum (aiz) kündigte Frankreich im Vorfeld allerdings seine Ablehnung an. "Wir sagen 'Nein' zu Glyphosat", erklärte die französische Umweltministerin Segolène Royal vor dem Ministertreffen in Brüssel. Eine mögliche Abstimmung steht am Montag oder Dienstag auf der Tagesordnung des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette.
Frankreich schließe sich der Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) an und lehne deshalb eine Verlängerung der Zulassung ab, führte Royal aus.
Die Minister in Deutschland befänden sich noch in der Abstimmung, berichtete Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium. Aber nur wenn Umweltbelange ausreichend berücksichtigt würden, werde sein Ministerium zustimmen, betonte Flasbarth. Darüber gebe es noch Abstimmungsbedarf mit der EU-Kommission.
Heinrich-Böll-Stiftung mit Urinal-Untersuchung
Für erneuten Wirbel sorgte die Heinrich-Böll-Stiftung mit ihrer Studie zur Belastung von menschlichem Urin mit Glyphosat. Wie daraus hervorgeht, liegt bei 75 Prozent der Bürger die Belastung mit mindestens 0,5 ng/ml um ein Fünffaches höher als der Grenzwert für Trinkwasser mit 0,1 ng/ml. Ein Drittel der Bevölkerung habe eine zehnfache bis zu 42-fache Menge der für Trinkwasser zulässigen Grenzwerte im Urin. Die höchste Belastung fand die Böll- Stiftung laut Studie bei Kindern bis neun Jahren sowie bei Kindern und Jugendlichen im Alter von zehn bis 19 Jahren. Nach Berufsgruppen seien vor allem Landwirte betroffen gewesen.
In der Untersuchung wurden allerdings, wie schon im vergangenen Jahr bei der sogenannten Muttermilch-Studie der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, die gefunden Wirkstoffmengen mit den Grenzwerten im Trinkwasser verglichen und nicht mit den erlaubten Rückstandshöchstmengen oder der zulässigen Tagesaufnahmemenge.
DBV: Bewertung auf sachliche Basis stellen
Der Deutsche Bauernverband betonte in einer ersten Reaktion auf die Studie, dass keine bislang unbekannten gesundheitsbedenklichen Konzentrationen von Glyphosatrückständen im Urin der Testpersonen gefunden worden seien. Zudem verwies der Bauernverband nochmals auf die Einschätzungen des BfR, das Glyphosat als unbedenklich einstuft, und appellierte an die Politik, Bewertungen auf sachlicher und wissenschaftlicher Basis zu fällen.
Laut Arbeitsgemeinschaft Glyphosat (AGG) forderte vor diesem Hintergrund erneut, von der Panikmache abzurücken, keine Risiken herbeizureden und den Nutzen des Wirkstoffs Glyphosat nicht unter den Teppich zu kehren. Der Nachweis von Glyphosat im Urin bedeute nur, dass die geringen aufgenommenen Glyphosatmengen nahezu gänzlich ausgeschieden würden, stellte AGG-Sprecherin Ursula Lüttmer- Ouazane klar. Glyphosat reichere sich nicht im Körper an und sei deshalb für den Stoffwechsel unkritisch.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) unterstrich, dass die in der aktuellen Studie gefundenen Werte bei Erwachsenen und auch bei Kindern im erwartbaren Bereich lägen und gesundheitlich unbedenklich seien. Man habe vergleichbare Urinwerte in der Vergangenheit bereits wissenschaftlich bewertet und die Ergebnisse veröffentlicht, erklärte BfR-Präsident Prof. AndreasHensel. Die Aussagekraft der sogenannten "Urinal-Untersuchung" der Heinrich-Böll-Stiftung sei wegen der nicht-wissenschaftlichen Probenahme und statistischer Mängel gering.
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