Einst, in der guten alten Zeit, konnte die BILD-Zeitung das Sommerloch noch mit „Nessie“ stopfen. Meist leider etwas unscharfe Fotos des traurigen Reptils im schottischen Loch Ness tauchten zuverlässig auf, wenn die Kanzler (das waren vor 2005 noch ausschließlich alte weiße Männer) abtauchten. Das ist lange her. Irgendwann verlor der Saurier seinen Reiz.
Es folgte eine Zeit animalischer Beliebigkeit. Mal war das Sommertier der Saison ein ausgebüxtes Känguru im Sauerland, mal der dackel-fressende Killerwels Kuno und mal ein Kaiman. Wir fürchteten Problembär Bruno (2006) und wir verfolgten 100 Tage die flüchtige Kuh Yvonne (2011).
Dem Deutschen Volke eine Zukunft von Greenpeace

Doch im Corona-Jahr 2020 ist alles anders. Kein Sommertier weit und breit. Aber da wirft sich Greenpeace mit Verve in die Bresche. Wie einst das Ungeheuer von Loch Ness erscheinen uns in diesem Sommer die ritterlichen Umweltretter mal hier, mal dort, Fassaden verhüllend, Banner tragend, und immer mit der Kamera im Anschlag.
Thematisch geht es dabei quer durch das politische Gemüsebeet. Den Auftakt machte die Verdunklung der CDU-Parteizentrale in Berlin. Aus Protest gegen die Kohlepolitik. Zwei Tage später war der Reichstag dran. Aus Protest gegen die Kohlepolitik. Keine zwei Wochen später: Die Greenpeace-Yacht „Beluga II“ strahlt nächstens die Kreidefelsen von Rügen an. Nicht zur Störung nachtaktiver Vögel und Falter, sondern zum Schutz der Meere. Der Zweck heiligt die Mittel.
Tönnies-Bashing hilft immer

Dann blitzschneller Ortswechsel nach Rheda-Wiedenbrück, Banner aufhängen am Fleischwerk. Der spendenwillige Verbraucher denkt: Endlich unternimmt mal jemand was gegen diesen furchtbaren Tönnies. Erst Schalke-Präsident und dann auch noch Bulgaren zum Schweine schlachten zwingen (Achtung, Ironie).
Heute (22.07.) dann bekommt Wirtschaftsminister Altmaier ungebetenen Besuch. Er ist offenbar verantwortlich für den Verkauf von Waffen an die US-Polizei, was Greenpeace nicht gut findet.
Von der Titelseite in die Randspalte
Allein im Juli inszenierte die Organisation bislang fünf bundesweit medienwirksame Auftritte, und der Monat ist noch nicht zu Ende.
Woher der Aktionismus? Die Erklärung liefert Corona.
Die Pandemie raubte den Hamburger Spendenmillionären monatelang die Aufmerksamkeit der Medien. Statt um Atommüll, Schutz des Amazonas und Plastik im Meer interessierte die Deutschen nur noch Klopapier, Knäckebrot und wie sie den Sommer ohne „Malle“ überstehen. Da bietet sich das Sommerloch an, um wieder in den Kampf um die Titelseiten einzugreifen. Also, alle Aktivisten Marsch und fleißig gegen den medialen Untergang angebannert. Und darum brauchen wir 2020 kein Sommertier, dafür haben wir Greenpeace.
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