Vertane Chance, Enttäuschung, Ernüchterung – nach fast zwölf Stunden Verhandlungen fallen in der abschließenden Online-Pressekonferenz zur Sonder-Agrarministerkonferenz (Sonder-AMK) heute (5.2.) starke Worte. Unter dem Vorsitz des sächsischen Agrar- und Umweltministers Wolfram Günther (Grüne) wurden nur minimale Kompromisse erzielt. Zentrale Fragen wie etwa der Umschichtung von Direktzahlungen, der Kappung und Degression sowie der Verteilung der Mittel für die ländliche Entwicklung auf die Bundesländer blieben trotz der Marathonsitzung offen. Gegenseitige Schuldzuweisungen prägten den Auftritt der Minister kurz vor Mitternacht.
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) sprach von einem „sehr überschaubaren Ergebnis, freundlich formuliert.“ Es sei enttäuschend, was trotz des hohen Zeitdrucks alles nicht beschlossen worden sei. Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) sagte, so eine Konferenz habe er noch nicht erlebt. Von den grünen Agrarministern sei kein substanzieller Vorschlag gekommen. Das wies Brandenburgs Agrarminister Axel Vogel für die grünen Minister zurück.
70 Euro je Hektar für Junglandwirte

Sachsens Minister Günther fasste das Erreichte zusammen:
- Junglandwirte sollen mit 70 Euro/ha bis zu einer Fläche von 120 ha gefördert werden; dafür werden 2% der Mittel in der ersten Säule aufgewandt.
- Zum Schutz von Dauergrünland (GLÖZ 1) wird in der Konditionalitiät eine Stichtagsregelung eingeführt. Das Referenzjahr soll 2015 sein, abhängig vom Ergebnis des Trilogs.
- Das System der Zahlungsansprüche wird abgeschafft. Das Kriterium des "echten Betriebsinhabers" wird nicht angewandt.
- Für Kleinerzeuger (bis 1.250 Euro Förderhöhe) soll es Erleichterungen bei den Kontrollen geben, jedoch keine Ausnahme von der Konditionalität.
- Mehrfamilienbetriebe sollen chancengleich behandelt werden.
- Einzelne Bundesländer sollen durch die zu treffenden Entscheidungen "nicht unverhältnismäßig" benachteiligt werden.
- Auf Ebene der Staatssekretäre wird weiter über die Umsetzung der EU-Agrarreform verhandelt werden.
- Unmittelbar nach Abschluss des Trilogs soll eine Sonder-AMK tagen.
Bei der Umschichtung von der ersten in die zweite Säule sei man dicht an einer Einigung innerhalb eines Korridors von 7,5 bis 8% dran gewesen, so Günther. Weiter stellte er fest, die Forderung nach einer gemeinsamen Konferenz der Agrar- und Umweltminister habe gegen die CDU-geführten Agrarressorts nicht durchgesetzt werden können.
Parlamentarisches Verfahren soll im Juni abgeschlossen werden
Klöckner konstatierte, sie werde nun als Bundeslandwirtschaftsministerin ohne gemeinsame Positionierung der Länderminister in die Ressortabstimmung der notwendigen Gesetzesvorschläge zur Umsetzung der EU-Agrarreform gehen. Für den Übergangszeitraum 2022 soll es nach ihrem Willen bei 6% Umschichtung bleiben. Die grün geführten Länderressorts hatten in der Sonder-AMK eine "signifikante Erhöhung" gefordert.
Erfreut zeigte Klöckner sich darüber, dass die Länder den Zeitplan des Bundes als realistisch anerkannt hätten. Wegen der Bundestagswahl und der Diskontinuität müsse das parlamentarische Verfahren durch Bundesrat und Bundestag bis Juni, noch vor der Sommerpause abgeschlossen werden.
Kritik übte sie daran, dass obwohl zehn der 16 Agrarminister sowohl Umwelt- als auch Agrarressortchef seien, diese sich als Umweltminister sehr wohl zur EU-Agrarreform hätten positionieren können, nicht aber als Landwirtschaftsminister.
Das wollen die unionsgeführten Agrarminister erreichen
Die Minister der unionsgeführten Agrarressorts waren mit einem konkreten Vorschlag in die Verhandlungen gegangen. Sie wollen bei den Eco-Schemes relativ wenige Maßnahmen anbieten und den Zuschlag auf die ersten Hektare erhöhen. Dafür sollen Kappung und Degression der Direktzahlungen nicht angewandt werden. Die Umschichtung von zurzeit 6 % der Direktzahlungen in die Zweite Säule soll beibehalten werden.
Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sprechen sich dafür aus, 20 % der Mittel in der ersten Säule für Eco-Schemes zur Verfügung zu stellen.
Insgesamt 15 % der Mittel aus der ersten Säule sollen für die Unterstützung kleiner und mittlerer Betriebe eingesetzt werden. Künftig sollen Betriebe für die ersten 70 ha einen Zuschlag erhalten. Dieser soll 100 Euro für die ersten 30 ha und 50 Euro für weitere 40 ha betragen. Begünstigt werden sollen nur Betriebe bis maximal 300 ha.
Um die Einkommenswirksamkeit der Direktzahlungen zu erhalten, sollen 60 % des Budgets der ersten Säule für die Basisprämie vorbehalten sein.
Die künftige Verteilung der Mittel aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) soll dem Unionsvorschlag zufolge nicht mehr nach historischen Kriterien erfolgen. Stattdessen sollen ab 2023 insgesamt 45 % der ELER-Mittel nach dem Anteil der Länder an der Agrarfläche im Bundesgebiet verteilt werden. In diesem Jahr liegt dieser Anteil bei 15 %; 2022 steigt er auf 20 %.
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