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Flutkatastrophe

Nach dem Hochwasser: Diese Hilfen sollen für Landwirte kommen

Nikola Steinbock und Julia Klöckner bei der Pressekonferenz im BMEL am 16.08.2021
am Montag, 16.08.2021 - 17:01 (Jetzt kommentieren)

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner stellte heute (16.08.) ein Bündel von Hilfsmaßnahmen für die Landwirtschaft vor. Neben geschädigten Betrieben sollen auch Landwirte, die geholfen haben, mit unbürokratischen Hilfen rechnen.

Wie Klöckner bei der Pressekonferenz im Bundeslandwirtschaftsministerium versicherte, soll es keine Nachteile für hilfeleistende Betriebe geben. Die Ministerin betonte das Engagement vieler Landwirte, die sich mit ihren Maschinen direkt und ohne Aufforderung auf den Weg gemacht hätten.

Die für sämtliche Bereiche erforderliche Neukonzeptionierung werde viel Zeit und Geld kosten, kündigte Klöckner an. Für die landwirtschaftlichen Betriebe gehe es zum einen um wirtschaftliche Konsequenzen. Zum anderen gehe es im Hinblick auf Naturkatastrophen ihre um die Sicherheit.

Liquiditätshilfeprogramm Unwetter von der Landwirtschaftlichen Rentenbank

Nikola Steinbock bei der Pressekonferenz im BMEL am 16.08.2021.

Nikola Steinbock, Bereichsvorständin der Landwirtschaftlichen Rentenbank, verwies zunächst auf die wichtigen Soforthilfen des Bundes und der Länder von 400 Mio. Euro. Wie Klöckner zuvor erläuterte, seien die Land- und Forstwirtschaft mittlerweile pauschal in der Soforthilfe enthalten.

Die Rentenbank unterstütze durch ihr Liquiditätshilfeprogramm Unwetter. Die Laufzeiten betragen vier, sechs oder zehn Jahre, der Zinssatz beträgt 0,01 Prozent. Das erste Jahr ist tilgungsfrei, so Steinbock.

Mit einer Eigenerklärung müssten betroffene Landwirte zunächst an ihre Hausbank wenden, erklärte Steinbock. Diese übernehme dann die Antragstellung bei der Rentenbank. Mindestens bis zum 31.03.2022 laufe die Antragsfrist. Wichtig für die Beantragung seien Fotos beziehungsweise eine Schadensdokumentation.

Steinbock wies auf die Hotline der Landwirtschaftlichen Rentenbank hin. Unter der Telefonnummer 069-2107-700 erhielten Landwirte oder deren Hausbank ein Beratungsangebot. Die Liquiditätshilfen könnten zum Beispiel für Reparaturen, Maschinenneuanschaffungen, den Erwerb von Futtermitteln oder zur Überbrückung genutzt werden.

Kabinett entscheidet über ökologische Vorrangflächen

Die CDU-Politikerin berichtete über ein Bündel von Maßnahmen, für die teilweise noch Ausnahmegenehmigungen erteilt werden müssen. So werde am kommenden Mittwoch (18.08.) dem Bundeskabinett ein Entwurf für eine Verordnung zur Nutzung ökologischer Vorrangflächen für Futterzwecke vorgelegt.

In Rheinland-Pfalz bereits erteilt worden seien Ausnahmegenehmigungen für die Pflanzenschutzmittelausbringung mit Luftfahrzeugen im Flachland. Wie die Ministerin erklärte, habe der Pilzbefall nach dem Hochwasser enorm zugenommen. Für Weine, bei denen beispielsweise lediglich das Etikett abhanden gekommen ist, strebe Klöckner eine Sondervermarktung an.

Auf EU-Ebene setze sich die Ministerin darüber hinaus dafür ein, dass Landwirte auch bei erlittenen Flächenverlusten weiterhin Agrarförderungen bekommen. Hier solle es ein unkonventionelles Vorgehen geben. Schon zugestimmt habe die EU-Kommission dem Verzicht von Einzelmeldungen, die Landwirte nach Fällen höherer Gewalt vornehmen müssen. Entscheidungen über Zahlungen pauschaler finanzieller Hilfen könnten stattdessen anhand von Hochwasserkarten oder Luftaufnahmen getroffen werden.

Außerdem hätten Bund und Länder die bisherigen steuerlichen Erleichterungen für Landwirte erweitert. So könnten die Aufräumarbeiten mit Traktoren als Betriebsausgaben behandelt und Landmaschinen von der Kfz-Steuer befreit werden. Ob es auch beim Agrardiesel, der für die Unterstützung verbraucht wurde, steuerliche Erleichterungen geben wird, sei dagegen noch unklar. An Finanzminister Olaf Scholz (SDP) gewandt betonte Klöckner ihre Erwartung, dass er diese Maßnahme mitträgt.

Für die Insolvenzantragspflicht fordert die Ministerin eine Aussetzung über den Oktober hinaus.

Auf der Tagesordnung des Kabinetts stehe am Mittwoch zudem ein Wiederaufbaufonds, der in einem Errichtungsgesetz verankert werden soll. Der Wiederaufbaufonds ermögliche die Bildung eines Sondervermögens durch den Bund. In der nächsten Woche werde das Vorhaben im Bundestag und im Bundesrat behandelt.

Klöckner appellierte an alle Beteiligten, die Maßnahmen schnell und unbürokratisch umzusetzen.

65 von 68 Weinbaubetrieben an der Ahr betroffen

Die Schadenshöhe im landwirtschaftlichen Bereich in Rheinland-Pfalz bezifferte Klöckner mit 220 Mio. Euro. Davon gingen 110 Mio. Euro auf die Weinbaubetriebe im Ahrtal, 50 Mio. Euro auf Winzergenossenschaften, 40 Mio. Euro auf landwirtschafte Wirtschaftswege, 20 Mio. Euro auf landwirtschaftliche Flächen und 5 Mio. Euro auf Rebflächen zurück. Die Flut habe 65 von den 68 Weinbaubetrieben an der Ahr getroffen.

Beim Wein werde laut Klöckner ein Komplettverlust für die Lagerbestände des Jahrgangs 2020 erwartet. Für die Jahrgänge 2019 und 2018 gebe es Teilverluste. Auf 20 Prozent der Rebflächen seien Schäden entstanden. Außerdem seien in der Pfalz Gemüseanbauflächen von 4.500 Hektar beschädigt worden.

Im nordrhein-westfälischen Agrarbereich sei ein Schaden von etwa 52 Mio. Euro entstanden. Betroffen gewesen seien hier beispielsweise Lagerbestände in Hallen und Silos, überflutete Möhren- und Kartoffelfelder oder Milchviehbetriebe, bei denen das Melken seither nur noch durch Notstromaggregate möglich sei.

In Bayern habe die Land- und Forstwirtschaft Schäden von etwa 6 bis 8 Mio. Euro erlitten.  

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