Herr Hogan, in Ihrer Vision für eine EU-Agrarpolitik nach 2020 übernehmen die Mitgliedstaaten mehr Verantwortung für die Erreichung der GAP-Ziele. Haben Sie vor, die Gemeinsame Agrarpolitik zu renationalisieren?
Hogan: Lassen Sie mich ganz klar sagen, die neue Arbeitsweise, die wir in der Mitteilung dargelegt haben, stellt keine Renationalisierung der GAP dar. Die Gemeinsame Agrarpolitik ist seit 1962 eine europäische Politik und wird das auch noch viele Jahre bleiben. Die öffentliche Konsultation, deren Ergebnisse wir in der Mitteilung berücksichtigt haben, hat gezeigt, dass eine Agrarpolitik auf europäischer Ebene eindeutig unterstützt wird, und wir möchten dies nicht ändern.
"Pragmatisch und flexibel"
Warum dann die stärkere Betonung der Subsidiarität?
Hogan: Die Erfahrung und die öffentliche Konsultation haben gezeigt, dass der Ansatz "one-size-fits-all", bei dem Brüssel die Regeln auf zentraler Ebene festlegt und dafür sorgt, dass sie EU-weit umgesetzt werden, unabhängig von den oft sehr unterschiedlichen Bedürfnissen und Anliegen der Mitgliedstaaten in der Landwirtschaft, einfach nicht funktioniert.
Es ist viel vernünftiger, die Ziele auf EU-Ebene festzulegen, eine breite Palette von Instrumenten zur Erreichung dieser Ziele zu definieren und es anschließend den Mitgliedstaaten zu überlassen, welches dieser Instrumente für ihre Bedürfnisse am besten geeignet ist, um die Ziele zu erreichen.
Es wird nicht renationalisiert, weil die Ziele und Ergebnisse auf EU-Ebene klar definiert werden. Die Vorgehensweise ist einfach pragmatisch und flexibel. Sie spiegelt unter anderem die massiven technischen Fortschritte in der Landwirtschaft wider, die es überhaupt erst ermöglichen, diese Art von Politikansatz wesentlich leichter zu überwachen und zu kontrollieren.
Wer wird die gemeinsamen Ziele der GAP künftig definieren?
Hogan: In all ihren Entwicklungen war die GAP immer eine gemeinsame Politik, die in allen EU-Ländern angewandt wurde. Dies wird auch in Zukunft der Leitgedanke der Politik bleiben. Die übergeordneten Ziele dieser Politik - die Sicherstellung der europäischen Nahrungsmittelversorgung, die Unterstützung von Landwirten und ländlichen Gemeinschaften sowie eine nachhaltigere und klimafreundlichere Landwirtschaft - werden weiterhin auf europäischer Ebene festgelegt.
"Werden über den Wettbewerb wachen"
Wenn die Mitgliedstaaten mehr Einfluss auf die Umsetzung der GAP gewinnen, wie wird die Kommission einen fairen Wettbewerb auf dem Binnenmarkt gewährleisten?
Hogan: Das "Gemeinsame" in der GAP wird beibehalten, indem grundlegende politische Parameter und Ziele auf EU-Ebene festgelegt werden. Die Mitgliedstaaten werden dann GAP-Strategiepläne entwerfen, um diese Ziele zu erreichen. Die Kommission wird diese Pläne billigen, um sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten das geforderte Ergebnis liefern. Die Kommission wird die Fortschritte auf dem Weg zu diesen Ergebnissen genau überwachen und gegebenenfalls eingreifen.
Was die Frage des Wettbewerbs anbelangt, so gibt es klare Regeln, denen die Betreiber entlang der gesamten Lebensmittelversorgungskette, von landwirtschaftlichen Erzeugern bis zu Lebensmittelhändlern, entsprechen müssen. Und natürlich müssen die nationalen Behörden strenge Regeln für staatliche Beihilfen und Subventionen einhalten. Fälle, in denen diese Regeln verletzt werden, werden natürlich von der Europäischen Kommission ordnungsgemäß untersucht.
Wie wird eine angemessene Finanzierung der GAP nach dem Brexit sichergestellt?
Hogan: Wir sind noch nicht in der Lage, die finanziellen Aspekte der nächsten GAP zu diskutieren. Wir wissen noch nicht, wie die Mittelausstattung für die nächsten sieben Jahre nach 2020 aussehen wird. Der Haushalt wird von den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten beschlossen. Im Moment konzentrieren wir uns eher auf das, was wir mit der Politik erreichen wollen, und darauf, wie wir dies tun sollen.
Herr Agrarkommissar, wir bedanken uns für das Interview.
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