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Demos und Länderinitiativen

Insektenschutz: Gute Beispiele verunsichern Politiker

Demonstranten vor dem Brandenburger Tor am 14. April 2021
am Freitag, 16.04.2021 - 14:44 (Jetzt kommentieren)

Gestern (15.04.) beriet der Bundestag in erster Lesung über die Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes – einem Teil des Insektenschutzpakets. In der Debatte blieb die Demo von Mittwoch (14.04.) nicht unerwähnt.

Nachdem die erste Lesung des Tagesordnungspunkts erst ohne Aussprache geplant war, diskutierten die Abgeordneten am Donnerstagabend schließlich doch 40 Minuten über die im Naturschutzgesetz geplanten Änderungen zum Insektenschutz. Von einigen Parlamentariern wurde die Demo am Mittwoch wahrgenommen – Mängel im Gesetzentwurf gestand sich aber fast niemand aus der Koalition ein. Stattdessen wurde auf Zuständigkeiten verwiesen.

SPD: Ministerium und Bundesländer tragen Verantwortung beim Insektenschutz

Agrarpolitiker bei der Demo gegen das Insektenschutzpaket am 14. April 2021 in Berlin

Der SPD-Abgeordnete Carsten Träger richtete sich in seiner Rede an die Demo-Teilnehmer, die sich am Mittwoch vor dem Brandenburger Tor versammelten. Er wies auf den Teil des Insektenschutzpakets hin, der über die Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung geregelt wird und über den das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) allein mit den Bundesländern entscheiden wird. „Liebe Landwirte, wenn‘s das nächste Mal zu einer Demo geht, dann lenken Sie doch Ihre Traktoren bitte zum zuständigen Landwirtschaftsministerium und protestieren Sie da – da ist die Kritik gut adressiert“, sagte Träger.

Rainer Spiering, Obmann der SPD-Fraktion im Landwirtschaftsausschuss, verwies auf die Länderöffnungsklausel im Gesetzentwurf. Diese ermögliche den Bundesländern, eigene Initiativen wie den Niedersächsischen Weg zu schaffen. In Niedersachsen werde den Landwirten ein Vertragsnaturschutz ermöglicht. Insgesamt stelle das Bundesland jährlich 120 Mio. Euro für den Niedersächsischen Weg bereit.

Darüber hinaus stimmte Spiering seinem Fraktionskollegen Carsten Träger zu, dass die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung in der Zuständigkeit des BMEL liege. Ministerin Julia Klöckner (CDU) werde dafür sorgen müssen, dass Länderinitiativen weiterhin offen bleiben. Niedersachsen habe sich beim BMEL mehrfach abgesichert, dass seine Initiative beibehalten werden könne. Spiering betonte, sich dafür einsetzen zu wollen, dass die Ministerin ihr Wort hält.

Uneinigkeit über Möglichkeiten der Bundesländer

Ein ganz anderes Bild über die Zukunft der Länderinitiativen zeichnete Silvia Breher (CDU). Sie wies darauf hin, dass nach Angaben des BMEL und des Bundesumweltministeriums (BMU) die Wege für die Bundesländer beim Insektenschutz nicht offen blieben. Daher seien Änderungen am Gesetzentwurf notwendig – und Julia Klöckner setze sich dafür ein, dass die Länderöffnungsklauseln gesetzlich verankert werden.

Ein finanzieller Ausgleich und die Förderfähigkeit müssten sichergestellt werden, so Breher. Die CDU werde Gesetz nicht einfach durchwinken, sondern die öffentliche Anhörung am Montag (19.04.) und das parlamentarische Verfahren nutzen.

Anlässlich der Debatte betonte auch Gitta Connemann, stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, dass die geplanten Regelungen nachgebessert werden müssten. Erfolgreiche Ansätze wie die Initiative in Niedersachsen dürften nicht kaputt gemacht werden. Außerdem müsse beim Insektenschutz in FFH- und Naturschutzgebieten eine Kooperationspflicht sowie ein Rechtsanspruch auf Entschädigung eingeführt werden. Das habe Klöckner bereits in einer Protokollerklärung zum Kabinettsbeschluss gefordert.

Grüne: Gesetz schützt weder Insekten noch Landwirte

Carina Konrad (FDP) kritisierte, dass der Gesetzentwurf eine Ideologie verfolge und den integrierten Pflanzenschutz unmöglich mache.

Steffi Lemke (Grüne) sah im Vorhaben keinen „Untergang der Landwirtschaft“. Es sei jedoch kein Ausgleich zwischen Naturschutz und Landwirtschaft erzielt worden, sagte Lemke. Mit dem Paket werde kein Insektenschutz erreicht, gleichzeitig demonstrierten aber die Landwirte. Außerdem beschränkten sich die Regelungen auf Schutzgebiete, übrige Landschaften seien ausgelassen worden. Lemke rief die Koalition dazu auf, für den gesellschaftspolitischen Bereich zu retten, was noch zu retten ist.

Vor staatlichen Eigentumseingriffen durch das geplante Gesetz warte Stephan Protschka (AfD) in der Debatte.

Wie geht es beim Insektenschutz weiter?

Im Anschluss an die Debatte wurde der Gesetzentwurf an die Ausschüsse des Bundestags überwiesen. Die fachlichen Beratungen finden – vermutlich im Mai – im federführenden Umweltausschuss sowie im Landwirtschafts-, Rechts- und im Verkehrsausschuss statt.

Am kommenden Montag (19.04.) führt der Umweltausschuss eine öffentliche Anhörung zum Thema durch.

Nach der zweiten und dritten Lesung im Bundestag könnte der Bundesrat frühestens am 28. Mai 2021 über das Bundesnaturschutzgesetz abstimmen.

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