Braune Skelette. Kahle Hänge. Riesige Holzpolter. Wer durch Deutschland fährt, kann nicht übersehen, wie die Klimakrise den Wald trifft. Und damit auch die Waldbauern. Doch auch wenn 2021 vielerorts die Grundwasserspeicher wieder aufgefüllt und eine Atempause verschafft hat - wird wohl noch schlimmer kommen. Anfang August kam der neue Bericht des Weltklimarates. Danach steht es nicht gut um die Lage des Planeten.
Adé Wald, wie Opa ihn kannte
Auch des Deutschen Herzenslandschaft wird betroffen sein. Die Wälder, wie wir sie kennen, gibt es Ende des Jahrhunderts nicht mehr. Eins ist klar: Der deutsche Wald und die deutsche Forstwirtschaft stehen damit vor dramatischen Umwälzungen. Bis zu vier Grad haben Experten als Temperaturerhöhung auf ihrem Zettel.
In Bayern bleibt damit von der PNV – der Potenziellen Natürlichen Vegetation – bis auf ein paar Fragmente in den Alpen und im Bayerischen Wald nichts mehr übrig. Denn damit sind etliche Baumarten an ihrem Standort nicht mehr optimal. Liebgewonnene Waldbilder werden so zu Erinnerungen und heutige Arbeitsweisen in Zukunft ungeeignet. Es geht nicht mehr darum, Wälder der Altvorderen zu sichern. Es gilt, das Prinzip Wald zu sichern.
Wachsen lassen, aufgeben oder umbauen: Diese Optionen haben Waldbesitzer
Der Wald ist eben nicht nur Freizeitkulisse für Mountainbiker und Gassigeher. Er ist Lieferant von Wasser, reiner Luft und Rohstoffen. Er ist ein Wirtschaftsfaktor. Gerade Privatwaldbesitzer stehen da vor großen Herausforderungen. Schon früher war Waldbau eine Wette auf die Zukunft. Ich pflanze oder pflege etwas, von dem frühestens die Enkel etwas haben. Eine solch langfristige Denkweise ist vielen Menschen fremd.
Grundsätzlich haben Waldeigentümer drei Möglichkeiten:
- Ihr Wald ist in einer guten Verfassung. Die Baumartenmischung passt, Wasser ist auch zur Genüge da. Das sind gute Voraussetzungen, dass natürliche Waldökosysteme sich anpassen können. Kein Handlungsbedarf für Sie.
- Schlechter sieht es dort aus, wenn der Wald aufgrund früherer Entscheidungen nicht mehr optimal passt. Die Fichtenwälder schienen einst eine gute Idee zu sein, eine sichere Bank. Heute leiden sie dort, wo sie nicht ursprünglich wuchsen, besonders unter Hitze und Käfer. Die zweite Option ist daher eine radikale: Geben Sie Ihre Flächen als verloren. Ja, das bedeutet, alle laufen Gefahr die Segnungen des Waldes zu verlieren. Vielleicht kommt ein neuer Wald irgendwann, vielleicht auch nicht.
- Die dritte Option setzt auf einen Fortbestand eines anderen Waldes. In Nordrhein-Westfalen etwa empfiehlt die Waldbaustrategie von 2018 eine Risikostreuung. „Zunächst einmal haben wir unser Konzept so abgesteckt, dass wir Wälder haben wollen, die selbst mit einer Temperaturerhöhung von vier Grad Celsius noch Wälder bleiben“, sagt Heiner Heile, Waldbauexperte der Forstverwaltung Nordrhein-Westfalens. Dieses wichtige Element nennt der Experte Standortdrift: „Wir haben veränderte Bedingungen für die Baumarten im Hinterkopf, die erst in vielen Jahren eintreten könnten.“ Neben den beiden prägenden Hauptbaumarten werden stets zwei weitere standortgerechte Nebenbaumarten eingebunden. Weitere Pionierbaumarten können das Baumartenportfolio abrunden.
Waldbaustrategie: Das sind die neuen Mitspieler im Wald
Zum Beispiel die Birke. Vielen Förstern alter Schule galt sie als Unkraut. Heute ist der Blick auf die Baumart differenzierter. Die Birke kann das Feld für anspruchsvollere Baumarten wie die Rotbuche bereiten oder sichern. Die Landesforsten "Wald und Holz NRW" haben mal ein paar Chancen aufgeführt, die die Birke mit sich bringen könnte:
Mit im Rennen sind auch fremdländische Baumarten oder Baumarten mit südlichen Herkünften. Douglasien sind ohnehin bereits alte Bekannte. Sie stammen aus Nordamerika, sind in Deutschland aber schon seit mehr als 100 Jahren zu finden. Auch die amerikanische Roteiche könnte in größeren Stil eine Chance bekommen. Und wer weiß, was in Zukunft noch alles kommen wird. Vielleicht werden wir irgendwann Libanonzedern in der Senne wachsen sehen?
Der Deutsche Wald: Einer für alle - aber auch alle für einen?
Für die Zukunft klar ist aber auch: Private Waldbesitzer dürfen nicht Außenvorbleiben. Es gilt sie zu unterstützen. Und das meint nicht nur mit Beratung, sondern auch Geld. Denn auch wenn Erlöse aus dem Holzverkauf in die Tasche des Waldbauern fließen – die Gemeinschaft hat etwas vom Prinzip Wald. Hilfen müssen dabei langfristig angelegt sein und da ansetzen, wo der größte Bedarf besteht. Die 100 Euro pro Hektar aus dem Corona-Hilfe-Paket sind zwar ein nettes Geschenk. Aber mit Almosen lässt sich das Prinzip Wald nicht erhalten. Das ist ein Langstreckenlauf und kein Sprint.
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