Die Vorschläge der Bundesregierung, die gestern vorab bekannt geworden waren, sehen unter anderem vor
- den Nährstoffvergleich durch Aufzeichnungspflichten über die tatsächlich aufgebrachten Düngermengen zu ersetzen
- die Sperrfristen für das Aufbringen von Düngemitteln in den besonders belasteten Gebieten auf Grünland und für das Aufbringen von Festmist von Huf- und Klauentieren und Komposte zu verlängern und
- besondere Vorgaben für das Ausbringen von Düngemitteln für Hangflächen bereits ab fünf Prozent Neigung festzuschreiben.
Klöckner sieht Länder bei den roten Gebieten in der Pflicht
Klöckner unterstrich, für die Europäische Kommission, die Deutschland mit einem zweiten Vertragsverletzungsverfahren droht, seien zudem die Länderverordnungen zur Ausweisung roter – also der besonders belasteten – Gebiete ein wichtiger Punkt. Derzeit lägen zwölf Verordnungen vor, einige Länder seien hier in der Pflicht, die entsprechenden Regelungen schnellstmöglich zu erlassen, mahnte die Bundesministerin. Es gelte, Strafzahlungen zu vermeiden.
Die heute besprochenen Anpassungen wollen Klöckner und Schulze am kommenden Mittwoch der EU-Kommission in Brüssel vorstellen.
Niedersachsens elektronisches Monitoring als Blaupause
Niedersachsens Landwirtschaftsminister Barbara Otte-Kinast stellte im Anschluss an das heutige Treffen in Berlin fest: "Uns wurde deutlich gemacht, dass Deutschland gegenüber der EU-Kommission kaum Spielraum hat."
Otte-Kinast kündigte an, Niedersachsen werde einen Baustein liefern, um das Monitoring zu erfüllen. Brüssel fordere eine flächendeckende, schlagbezogene, elektronische Erfassung der Nährstoffströme. Genau das verfolge das niedersächsiche System ENNI. Diese elektronische Erfassung könne als Blaupause dienen und werde in die Bund-Länder-Arbeitsgruppe einfließen.
Grüne Landesminister wollen Mineraldüngung mitbilanzieren
Nach Auffassung der grünen Minister und Senatoren von neun Bundesländern ist allerdings unklar, ob die geplanten Verschärfungen ausreichen, um das Umsetzungsdefizit zu beheben. "Das Damoklesschwert hoher Strafzahlungen hängt damit weiter über der Bundesrepublik", stellen die Politiker in einem heute vorgelegten gemeinsamen Schreiben fest. Das sei das Ergebnis einer jahrelangen Verzögerungstaktik und Missachtung der gemeinsamen europäischen Gewässerschutzregelungen vor allem durch die jeweils zuständigen Bundesagrarminister.
Die grünen Landesminister wollen verhindern, dass "alle in Mithaftung genommen werden", insbesondere ökologisch und extensiv wirtschaftende Betriebe. Nur über eine vollständige und ehrliche Hoftorbilanz inklusive der mineralischen Düngemittel könne die Einhaltung von Umweltzielen beim Gewässerschutz, Naturschutz und letztlich auch beim Klimaschutz gewährleistet werden.
Die Minister und Senatoren von Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen betonen, das von der EU-Kommission geforderte Monitoring müsse sich auf die tatsächliche Düngung konzentrieren, nicht auf das Nitratmessnetz, wie es die Bundesregierung plane.
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DBV kritisiert Düngeverbot zu Zwischenfrüchten

Vor dem Treffen bei Klöckner hatte der Umweltbeauftragte des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Eberhard Hartelt, erklärt, Strafzahlungen aus Brüssel müssten unbedingt abgewendet werden, aber die fachlichen Grundsätze präziser und ordnungsgemäßer Düngung dürften nicht dem politischen Druck geopfert werden.
Mit Sorge sieht Hartelt die Planung von Bund und Ländern für ein generelles Düngeverbot zu Zwischenfrüchten. Ein Verbot der Düngung nicht nur im Herbst, sondern auch im Spätsommer stelle die besonders gewässerschützende Maßnahme des Zwischenfruchtanbaus in Frage und sei damit kontraproduktiv.
Kleine und mittlere Tierhalter werden zum Aufgeben gezwungen
Hartelt erklärte, viele Betriebe seien dann gezwungen, die Lagerkapazität für Wirtschaftsdünger kurzfristig massiv auszudehnen – und das bei großen Hindernissen im Bau- und Genehmigungsrecht.
"Diese unlösbare Situation wird viele kleine und mittlere Tierhalter in den Ausstieg treiben", warnte Hartelt. Nach wie vor nicht ausgeschöpft seien die Möglichkeiten zur präziseren regionalen Abgrenzung der betroffenen Gebiete, um die strengeren Regelungen im Düngerecht gezielt dort zur Anwendung zu bringen, wo noch Probleme bestünden.
Zudem müsse es eine Möglichkeit für Betriebe geben, von den strengeren Regelungen für nitratsensible Gebiete ausgenommen zu werden, wenn beispielsweise anhand der Nährstoffbilanz belegt werde, dass der Betrieb gewässerschonend wirtschafte.
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