Klöckner: Forderung der Kommission nicht ignorieren
Julia Klöckner zieht die Bilanz aus einem Jahr Amtszeit und verteidigt die vorgesehene erneute Verschärfung der Düngeverordnung vor Journalisten in Berlin. Man könne die Forderungen der Europäischen Kommission nicht ignorieren, sagt Klöckner und betonte die Bedeutung eines wirkungsvollen Grundwasserschutzes für die Bundesregierung. Klöckner räumte zugleich ein, dass die von der Brüsseler Generaldirektion Umwelt verlangten Nachbesserungen „eine enorme Belastung“ für die betroffenen Landwirte darstellten. Umso wichtiger seien Regelungen, die „fachlich geboten und zugleich machbar“ seien.
Entschieden wies die Ministerin Kritik an der Verhandlungsführung ihres Hauses zurück, wie sie in den Reihen des landwirtschaftlichen Berufsstandes laut geworden ist und die bis zu Rücktrittsforderungen an die Adresse ihres Staatssekretärs reichte. „Ich lasse mir eine solche Diskussion nicht aufzwingen“, betonte Klöckner. Auf der Leitungsebene gebe es keine Unstimmigkeiten in der Frage des Düngerechts. Sämtliche Entscheidungen seien mit ihr abgestimmt und würden gemeinsam getragen.
„Wir sind nicht einzelnen Interessengruppen verpflichtet“, stelle die Ministerin heraus. Sie bekräftigte zugleich ihre Forderung an die Agrarbranche, sich stärker zu öffnen und umweltpolitische Erfordernisse nicht als Angriff auf die Landwirtschaft zu deuten.
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Zielkonflikte in der Gesellschaft
Klöckner stellte außerdem fest, dass jeder heute scheinbar eine bestimmte Haltung zur Landwirtschaft und auch zur Tierhaltung habe. Die verschiedenen Interessengruppen stellten oft Maximalforderungen. Für Differenzierungen bleibe in der "öffentlichen Wahrnehmung und Debatte wenig Raum". Während die einen pauschal von "Bauern-Hetze" sprächen, gehe es bei anderen um "Agrarlobbyismus". Zielkonflikte seien unter anderem:
- "Wir wollen regionale Produktion um die Ecke, aber fordern immer mehr Auflagen, die es gerade den Kleinbetrieben schwierig macht, zu überleben."
- "Wir sind für mehr Tierwohl, aber selten bereit, mehr Geld dafür auszugeben."
- "Landwirte werden für Artensterben und Umweltverschmutzung verantwortlich gemacht, aber selbst hat man nichts gegen Kreuzfahrten, Privatflüge oder schnelle Autos."
Die große Herausforderung und politische Aufgabe sei es nun, der Komplexität der Themen gerecht zu werden, nicht einen zu schnellen Schlag zu machen und sich nicht den "Schlagzeilen und schnellem Applaus" hinzugeben. Es gehe um die Wirksamkeit der Maßnahmen und darum, die Ziele zu erreichen. Dazu werde ein Politikstil angestrebt, der alle Beteiligten verbindlich in die Pflicht nehme. Dazu brauche es einen Instrumentenmix.
Julia Klöckners Jahresbilanz
Digitalisierung als neues Leitbild implementiert
Als möglichen Ansatz zur Entschärfung der Zielkonflikte fasst die Ministerin die Digitalisierung der Landwirtschaft ins Auge. In diesem Zusammenhang werde ein mit 15 Millionen Euro bestücktes Programm zur Digitalisierung in der Landwirtschaft aufgelegt. Die Digitalisierung helfe, Tierwohl zu messen und zu mehren, da sie verlässliche Daten und Fakten liefere, sagte Klöckner. Durch diese ließen sich "Bauchgefühldebatten" vermeiden. An dem Programm bestehe hohes Interesse - bereits 25 Pilotprojekte wurden nach Angaben des Ministeriums eingereicht.
Weiterhin wurde ein Förderprogramm für die ländlichen Räume "Land.digital" initialisiert. Hier gibt es 68 innovative Modellprojekte, in denen digitale Kleinprojekte, zum Beispiel Apps, zur Vernetzung des dörflichen Lebens gefördert werden.
Greenpeace-Proteste vor dem Ministerium
Anlässlich der Pressekonferenz Klöckners demonstrierten heute Greenpeace-Aktivisten vor dem Ministerium in Berlin. Mit einem Plakat forderten sie die Ministerin dazu auf, "Tierleid nicht länger unter den Teppich zu kehren". Sie kündigten zudem an, eine Petition für "artgerechtere und ökologische Tierhaltung in der Landwirtschaft" vorzulegen. Nach Meinung der Aktivisten habe Klöckner "viel gesagt, aber wenig getan". Sie müsse die "Probleme angehen und nicht länger schönreden".