Aktualisiert am 16.11.2018, um 12:45 Uhr:
Innerhalb der Regierungskoalition, aber auch zwischen Regierung und Netzbetreibern ist ein heftiger Streit über die Einführung des neuen Mobilfunkstandards 5G entbrannt. Dieser soll für viel schnelleres Internet als bisher sorgen. Die Frequenzen sollen ausgeschrieben werden.
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) fordern "5G für alle".
Unterstützung erhalten die beiden Unions-Minister von SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. Er sagt: "Wir brauchen eine Ausschreibung, die sicherstellt, dass alle Menschen in Deutschland Zugang zu 5G bekommen, unabhängig davon, wo sie wohnen".
Merkel: "5G natürlich nicht für alle"
Im Gegensatz dazu meinte Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einer Klausurtagung zum Thema Digitalisierung in Potsdam, der Ausbau des mobilen Internets in Deutschland könne "natürlich nicht jetzt für alle 5G umfassen".
Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) betont seit längerem, ein flächendeckender 5G-Ausbau sei "unfassbar teuer".
Brandbrief der Mobilfunk-Riesen
In einem Brandbrief an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) drohen Manager von Deutscher Telekom, Vodafone und Telefónica sogar mit Klagen und warnen vor einer "extensiven Ausweitung von Versorgungsauflagen" - also der Pflicht, auch alle ländlichen Regionen zu 100 Prozent mit 5G-Masten abdecken zu müssen.
Die Manager werfen der Politik eine Erwartungshaltung vor, "die ökonomisch in keiner Weise darstellbar und rechtlich nicht haltbar" sei.
Bundesnetzagentur erhöht die Auflagen
Die Bundesnetzagentur hat indes heute ihren Entwurf der Regeln vorgelegt, nach denen im Frühjahr 2019 die ersten 5G-Frequenzen versteigert werden.
Die erfolgreichen Bieter müssen sich verpflichten, bis Ende 2022 mindestens 98 Prozent der Haushalt je Bundesland mit mindestens 100 Mbit/s zu versorgen. Zusätzlich sind je Betreiber 1.000 "5G-Basisstationen" und 500 Basisstationen in "weißen Flecken" bis Ende 2022 zu errichten.
Gegenüber dem ersten Konsultationsentwurf wurden die Vergabeauflagen erhöht. Damit soll unter anderem die Anbindung der Haushalte im ländlichen Raum verbessert werden. Zugleich soll der Aufwand für die Mobilfunkanbieter dadurch beherrschbar bleiben, indem die Möglichkeiten zur Kooperation zwischen den Netzbetreibern und zur gegenseitigen Anrechnung der Versorgung erweitert wurden.
Der Chef der Netzagentur, Jochen Homann, will seine Vorstellungen dem mit Politikern besetzten Beirat am 26. November erläutern. Nach der Sitzung werden Homann und zwei Vize-Präsidenten die Vergaberegeln endgültig beschließen.
Seehofer will 100 Prozent Abdeckung
Eine Sprecherin Seehofers sagte, das Ziel müsse eine 100-prozentige Abdeckung sein. Eine Versorgung mit dem Hochgeschwindigkeits-Internet nur für 98 Prozent der Haushalte, wie es bisher die Vorgaben für die 5G-Versteigerung der Bundesnetzagentur vorsehen, bedeute, dass rund 15 bis 20 Prozent der Fläche nicht damit versorgt würden. "Und das sind naturgemäß ländliche Regionen."
Klöckner will keine weißen Flecken
Landwirtschaftsministerin Klöckner sagte der "Rheinischen Post": "Es gibt zu viele weiße Flecken auf der Landkarte." Ziel sei eine "zeitnahe Abdeckung von 99 Prozent aller Haushalte", die restliche Lücke solle dann über Förderprogramme geschlossen werden.
Hinter vorgehaltener Hand heißt es aus der Mobilfunk-Branche, die Erwartung einer Vollabdeckung sei ein völlig unrealistisches Wunschkonzert. Würde man Vorgaben zu einem flächendeckenden 5G-Ausbau umsetzen, käme es zudem zu einer "Verspargelung" der Landschaft. Denn die leistungsstarken 5G-Masten haben eine geringere Reichweite als 4G-Anlagen, es müssten deutlich mehr gebaut werden als beim aktuellen 4G-Netz.
Voraussetzung für autonomes Fahren
Aus der Industrie hingegen kommen Forderungen nach einem umfassenden 5G-Netz. Die Technologie wird zum Beispiel für das autonome Fahren gebraucht. Zudem befürchten Mittelständler auf dem Land, ohne flächendeckende Versorgung wirtschaftlich abgehängt zu werden, wenn sie nur ein zweitklassiges Netz haben oder gar weiterhin Funklöcher.
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