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Korruptionsvorwürfe an Osteuropa: Was sind die Motive der Grünen?

Korruptionsvorwuerfe-Europaeische Union-EU
am Freitag, 13.08.2021 - 07:19 (Jetzt kommentieren)

Die Grünen im Europaparlament haben mit ihrem Bericht zu Missständen bei der Agrarförderung in Osteuropa eine durchsichtige Agenda. Doch im Zentrum der Vorwürfe steckt ein wichtiger Punkt.

Die Studie der Grünen-Fraktion im EU-Parlament hat für einigen Wirbel gesorgt. Wird in Osteuropa – insbesondere in Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien – Misswirtschaft mit EU-Agrarbeihilfen betrieben? Dieser Vorwurf steht im Raum, doch er ist nicht alleine. Ein zweiter Vorwurf der Grünen: EU-Agrarbeihilfen gehen in Osteuropa vor allem an Großbetriebe, kleine landwirtschaftliche Betriebe gehen leer aus oder bekommen zumindest weniger Geld als sie sollten.

Groß gegen Klein als klassischer Vorwurf

Porträt von Simon Michel-Berger

Große gegen kleine landwirtschaftliche Betriebe auszuspielen ist ein klassischer Vorwurf in der Agrarpolitik – sei es beim Tierwohl, bei der Nachhaltigkeit oder bei der Beliebtheit in den Augen der Verbraucher. Doch es gibt keine belastbare wissenschaftliche Untersuchung, dass große Betriebe allein wegen ihrer Größe besser oder schlechter sind als kleine Betriebe. Hinzu kommt, dass es keine klare Definition von groß oder klein gibt. Ein bayerischer Durchschnittsbetrieb mit 35 Hektar (im Jahr 2017) ist im Vergleich zum bundesweiten Durchschnitt von 62 Hektaren eher klein. Verglichen mit den EU-Durchschnitt von knapp 17 Hektar (im Jahr 2016) ist der bayerische Betrieb eher groß und mit Hinblick auf den durchschnittlichen rumänischen Betrieb mit weniger als 4 Hektar schon fast riesig.

Ein Angriff auf den Produktivitäts- Aspekt der Gemeinsamen Agrarpolitik

Durchsichtig ist auch der Angriff der Grünen auf die Struktur der Agrarpolitik in Osteuropa im Vorfeld der aktuellen Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik. Während im Westen und Norden der EU der Umweltschutz eine immer höhere Bedeutung gewonnen hat, ist der Fokus im Osten noch stark auf traditionellen Werten der Agrarpolitik wie der Steigerung der Produktivität und Mobilisierung von Investitionen in den Sektor. Angriffe auf die Länder in Osteuropa sind ein Versuch, diesen Aspekt der Gemeinsamen Agrarpolitik in den Hintergrund zu stellen.

Korruptionsvorwürfe müssen ernst genommen werden

Trotzdem bleibt ein wichtiger Punkt, dem die EU-Agrarpolitik Rechnung tragen muss: Es schadet dem Ansehen der EU, wenn in der öffentlichen Wahrnehmung Betriebe in einigen EU-Staaten mit Kontrollen drangsaliert werden und in anderen Ländern scheinbar keine Regeln gelten. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser aber am besten sind Kontrollen, die überall gleichermaßen scharf sind. Wenn das nicht gelingt, nimmt das Projekt Europa dauerhaften Schaden.

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