Aus der Unionsfraktion war deutlich weniger Kritik an dem gestern vom Kabinett verabschiedeten Agrarpaket zu hören als im Vorfeld des Beschlusses vor allem aus der CSU geäußert worden war.
Die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Gitta Connemann, und der agrarpolitische Sprecher der Fraktion, Albert Stegemann, stellten fest, es sei "gelungen die Umschichtung moderat zu halten. Dadurch stünden der Landwirtschaft mehr Mittel für Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen zur Verfügung. Connemann und Stegemann unterstrichen, damit werde keine Vorentscheidung für die neue Förderperiode getroffen.
Die Gesetzgebungsvorhaben zum Aktionsprogramm Insektenschutz wollen die Unionsagrarier "aufmerksam begleiten". "Wir behalten uns eigene Schwerpunkt- und Akzentsetzungen vor. Dies gilt zum Beispiel mit Blick auf die Unterschutzstellung von Streuobstwiesen oder das Verbot der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln", so Connemann und Stegemann. Sie betonten, wenn eine Regelung auf Grundlage des Aktionsprogramms dazu führen sollte, dass in das Eigentum von Landwirten eingegriffen werde, müsse ein finanzieller Ausgleich erfolgen.
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SPD feiert einen Sieg der Umweltministerin
Den Beschluss zur höheren Umschichtung der Direktzahlungen werteten der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Matthias Miersch, und der agrarpolitische Sprecher der Fraktion, Rainer Spiering, als „Erfolg für die SPD und ihre Umweltministerin“. Mittelfristig müsse die Umschichtung weiter erhöht werden. „Dann könnten wir weg von der bedingungslosen Flächenzahlung hin zu einer sozialeren und ökologischeren Landwirtschaft“, so die SPD-Politiker.
Zugleich kündigte Miersch an, die SPD werde ein freiwilliges staatliches Tierwohllabel nicht mittragen.
Das Aktionsprogramm Insektenschutz
AfD sieht fatales Signal für bäuerliche Betriebe
AfD-Agrarsprecher Stephan Protschka kritisierte den Umschichtungsbeschluss indes als „fatales Signal“ und als eine Entscheidung gegen die bäuerlichen Familienbetriebe.
Die Betriebe hätten fest mit den Fördergeldern gerechnet und ihre Planungen vorgenommen. Dies sei umso bedauerlicher, als die Direktzahlungen der Einkommens- und Risikoabsicherung dienten und einen finanziellen Ausgleich für höhere Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutzstandards darstellten.
FDP bewertet Tierwohllabel als Rohrkrepierer

Der Agrarsprecher der FDP-Fraktion, Dr. Gero Hocker, sagte voraus, das Tierwohllabel werde ein Rohrkrepierer. Es sei völlig unklar, ob und inwieweit sich über die Haltungskriterien ein Einvernehmen mit dem Bundesumweltministerium erzielen lasse.
Zudem sei das Tierwohllabel nicht verpflichtend, es werde daher mit bestehenden Kennzeichen konkurrieren und nur für zusätzliche Verwirrung sorgen. Viel sinnvoller wäre die Verabschiedung eines verbindlichen Labels auf EU-Ebene.
Tackmann zweifelt an effektiver Mittelverwendung
Kirsten Tackmann, die agrarpolitische Sprecherin der Linke-Fraktion, meinte, Nutzungseinschränkungen für Insektizide und Herbizide zum Schutz der biologischen Vielfalt seien richtig. Sie ersetzten aber nicht eine dringende Korrektur der Fehler des EU-Zulassungsverfahrens, damit gefährliche Wirkstoffe gar nicht erst zugelassen würden.
Zum Tierwohllabel stellte Tackmann fest, dass hier längst der Handel mit eigenen Kennzeichen den Takt vorgebe. Sie forderte ein verpflichtendes staatliches Label.
Im Hinblick auf die höhere Umschichtung der Direktzahlungen und den angekündigten 100 Millionen Euro für den Insektenschutz wies Tackmann darauf hin, dass die Mittel der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur schon jetzt bei weitem abgerufen würden. Ob eine Verschiebung von Geld aus der Ersten Säule in freiwillige Programme der Zweiten Säule dort ankomme, wo es am dringendsten gebraucht werde, bleibe offen.
Grüne fordern deutlich höhere Umschichtung
Für Grünen-Agrarsprecher Friedrich Ostendorff geht die Anhebung der Umschichtung in die zweite Säule auf 6 % nicht weit genug. Er sprach sich dafür aus, den Spielraum von 15 % auszuschöpfen, „um dadurch die ländliche Entwicklung und besonders die Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen in der Landwirtschaft zu fördern".
Bundestag und Bundesrat entscheiden
Damit das sogenannte Agrarpaket für Tier- und Umweltschutz in der Landwirtschaft umgesetzt werden kann, sind zahlreiche Änderungen bestehender Gesetze und Verordnungen notwendig. Außerdem soll ein neues Insektenschutzgesetz erlassen werden.
Die parlamentarischen Beratungen werden in den nächsten Wochen und Monaten anlaufen. Inwieweit die Koalitionsfraktionen Änderungen an dem Paket durchsetzen, wird sich erst noch zeigen. Über den Bundesrat sprechen dabei teilweise auch die Länder dabei mit.
Der rheinland-pfälzische Landwirtschaftsminister Dr. Volker Wissing monierte bereits, das Paket bedeute eine deutliche wirtschaftliche Schwächung der bäuerlichen Landwirtschaft. „Diese Art der Agrarpolitik beschwört in ihren Reden das Leitbild des bäuerlichen Familienbetriebs, leistet mit ihren Taten aber der weiteren Konzentration in der Landwirtschaft Vorschub“, sagte Wissing.
Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast meinte, "der Kompromiss bei der Umschichtung war zu erwarten, da die SPD sogar 15 Prozent gefordert hatte." Die 1,5 Prozent, die nun zusätzlich in die zweite Säule fließen, könnten für die Landwirte auch neue Möglichkeiten eröffnen. Es gehe jetzt darum, ein auf Niedersachsen zugeschnittenes Förderangebot zu entwerfen. Erste Abstimmungen zwischen den Bundesländern würden sicher auf der Agrarministerkonferenz Ende des Monats in Mainz erfolgen.
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