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Kommentar

Kükentöten: Politischer Wunschtraum scheitert an Realität

Klöckner mit einem Plakat und der Aufforderung zum Beenden von Kükentöten
am Freitag, 25.09.2020 - 05:00 (6 Kommentare)

Seit Jahren kündigen die Bundeslandwirtschaftsminister der Union an, dass ein Ausstieg aus dem Kükentöten unmittelbar bevorsteht. Vor rund zwei Wochen legte Julia Klöckner dazu einen Gesetzentwurf vor. Nun zeigt die Wirtschaft, dass es so einfach doch nicht geht.

In den letzten Jahren verging kaum eine Internationale Grüne Woche in Berlin, ohne dass sich der damalige Landwirtschaftsminister Christian Schmidt oder die aktuelle Amtsinhaberin Julia Klöckner nicht mit einer Maschine fotografieren ließen, die als Beweis dienen sollten, dass die Geschlechterbestimmung im Ei immer besser funktioniert. Mit einem marktwirtschaftlich tragfähigen Verfahren sollte es möglich sein, das Töten von Eintagsküken zu verbieten.

Gesetzentwurf Kükentöten: halb machbar, halb Wunschtraum

Simon Michel-Berger

Am 9. September jubelte man im Bundeslandwirtschaftsministerium, dass Deutschland mit seinem Gesetzentwurf zur Beendigung des Kükentötens weltweit Vorreiter werden würde.

Der Text sieht unter anderem vor, dass ab 2022 männlichen Küken aus Zuchtlinien zur Legeleistung nicht mehr getötet werden dürfen. Das ist in der Tat technisch machbar, indem man das Geschlecht der Küken im Ei bestimmt und diese Eier nicht weiter bebrütet.

Problematisch wird es mit dem zweiten Teil des Gesetzentwurfes: Demnach dürfen ab 2024 auch keine Hühnerembryonen ab dem siebten Bebrütungstag mehr getötet werden. Das ist momentan technisch nicht machbar und niemand kann sagen, ob es 2024 machbar sein wird. Die Respeggt-Gruppe, welche das Seleggt-Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Brutei (am 9. Bruttag) anbietet, ist sich so unsicher, dass sie den Bau eines neuen Zentrums zur Geschlechtsbestimmung deswegen vor Kurzem gestoppt hat.

Das Luftschloss wackelt

Respeggt hat bereits ein solches Zentrum. Es müsste schließen, wenn der zweite Teil des Klöcknerschen Gesetzes in Kraft träte. Was aber würde das bedeuten?  Vielleicht könnten andere Anbieter in die Bresche springen. Falls das nicht passiert, dann wäre die bisherige Geschlechterbestimmung im Ei nutzlos. Weil das Töten von Eintagsküken aber verboten wäre, müssten alle männlichen Küken aufgezogen werden. Damit würde sich das ganze Verbot des Kükentötens, an dem zwei Bundesminister seit Jahren arbeiten, als Kartenhaus erweisen. Wunsch und Wirklichkeit klaffen eben auch in der Agrarpolitik oft weit auseinander.

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