Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem sie den Ausbau der Photovoltaik (PV) erleichtern und beschleunigen will. Auch der Zubau von Photovoltaik-Anlagen auf landwirtschaftlichen Flächen dürfte dadurch zunehmen.
Verbesserungen sind insbesondere für Agri-Photovoltaik-Anlagen (Agri-PV) vorgesehen. Einen erheblichen Eingriff plant die Ampelkoalition allerdings im Eigentumsrecht. Der Deutsche Bauernverband (DBV) warnt, diese Regelung komme gar einer entschädigungslosen Enteignung gleich.
Was steht also konkret drin im Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und weiterer energierechtlicher Vorschriften?
Das ist das Ziel des Solarpakets 1
Der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch soll bis 2030 auf 80 Prozent steigen. Darum soll der Zubau von Solaranlagen innerhalb von vier Jahren verdreifacht werden.
Während im vergangenen Jahr rund 7 GW Photovoltaik-Leistung neu installiert wurden, soll der Zubau in diesen Schritten zunehmen:
- 13 GW in 2024
- 18 GW in 2025
- 22 GW ab 2026.
Mindestens die Hälfte der Zusatzleistung soll an oder auf Gebäuden sowie Lärmschutzwänden installiert werden. Der Zubau von Freiflächenanlagen (FFA) auf landwirtschaftlich genutzten Flächen wird bis 2030 auf 80 GW und bis 2040 auf 177,5 GW gedeckelt.
Wie soll der Ausbau der Photovoltaik beschleunigt werden?
Für den beschleunigten Ausbau sind verschiedene Maßnahmen geplant. Die Flächenkulisse für die Förderung von klassischen Freiflächenanlagen wird um die benachteiligten Gebiete erweitert. Naturschutzgebiete und Nationalparke bleiben ausgenommen.
Die Mindestöffnung beträgt 1 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen eines Bundeslandes bis Ende 2030. Danach steigt der Mindestanteil auf 1,5 Prozent. Werden die Schwellenwerte überschritten, kann das Land die benachteiligten Gebiete wieder ausschließen. Die bisherige „Opt-in-Regelung“ für benachteiligte Gebiete wird somit durch eine „Opt-out-Regelung“ für die Länder abgelöst.
Zudem sollen verstärkt Anlagen auf bereits versiegelten oder vorbelasteten Flächen, insbesondere Parkplätzen, errichtet werden.
Außerdem sind Erleichterungen für den Anschluss von sogenannten Balkon-PV geplant.
Ein wesentlicher Treiber für den beschleunigten Ausbau ist jedoch die neue Duldungspflicht für Flächeneigentümer und Nutzer.
Was bedeutet die neue Duldungspflicht für Flächeneigentümer und Pächter?
Die neuen §§ 11a und 11b EEG 2023 werden in der Landwirtschaft am heftigsten kritisiert.
Mit diesen Paragrafen erhalten Anlagenbetreiber und ihre Auftragnehmer das Recht, für den Anschluss und den Betrieb einer EEG-Anlage ein Grundstück zu betreten und zu befahren. Dieses Wegenutzungsrecht soll den Netzanschluss beschleunigen. Für die Verlegung von Anschluss- und Steuerungsleitungen von neuen EEG-Anlagen gilt also künftig eine Duldungspflicht.
Für den Bau und Rückbau von Windkraftanlagen wird ebenfalls eine Duldungspflicht für die Überfahrt und Überschwenkung des Grundstücks neu eingeführt.
Wie werden Eigentümer entschädigt?
Anders als bisher soll die Entschädigung für den unterirdischen Leitungsbau bei EEG-Anlagen nicht mehr vertraglich frei verhandelbar sein. Das Gesetz legt vielmehr eine einmalige Zahlung von 5 Prozent des Verkehrswertes für die Fläche des in Anspruch genommenen Schutzstreifens fest. Dessen Breite hängt von den technischen Notwendigkeiten ab.
Für den Bau und Rückbau von Windkraftanlagen ist für die Überfahrt eine Zahlung von 28 Euro pro Monat und Hektar vorgesehen. Die Summe leitet sich von der durchschnittlichen jährlichen Pacht in Höhe von 329 Euro je Hektar für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke ab. Für eine Überschwenkung soll es keine Entschädigung geben.
Unbeschadet davon bleiben Schadenersatzansprüche des Landwirts zum Beispiel für zerstörtes Eigentum oder während der Bauzeit landwirtschaftlich nicht nutzbare Flächen.
Warum werden Agri-PV gestärkt?
Agri-PV haben gegenüber Freiflächenanlagen den Vorteil, dass darunter weiterhin Landwirtschaft betrieben werden kann. Die doppelte Nutzung der Fläche durch Agri-PV soll den Flächendruck mindern, der sonst durch eine Ausdehnung von klassischen Freiflächenanlagen zunehmen würde.
Für 1 GW PV-Leistung durch Freiflächenanlagen werden je nach Effektivität zwischen 1.000 und 2.000 Hektar Fläche benötigt.
Was plant die Regierung konkret für Agri-PV?
Für Agri-PV, Moor-PV und schwimmende Anlagen auf Gewässern, sogenannte besondere Solaranlagen, wird eine neue Ausschreibung eingeführt. Die Förderung kann bis zu 9,5 Cent/kWh erreichen.
Die gesonderten Ausschreibungen werden ein Volumen von anfänglich 500 MW haben und jährlich um weitere 500 MW bis auf 3.000 MW in 2029 aufgestockt. Parkplatz-Anlagen sollen beim Zuschlag bevorzugt werden.
Können die Ausschreibungsmengen durch die besonderen Solaranlagen nicht vergeben werden, rücken klassische PV-Freiflächenanlagen nach.
Was sind extensive Agri-PV und Biodiversitäts-Solaranlagen?
Mit dem Gesetz soll die Regierung ermächtigt werden, in einer Verordnung gesonderte Anforderungen an „extensive Agri-PV“ und „Biodiversitäts-Solaranlagen“ festzulegen.
Für Agri-PV, die auf extensiv bewirtschafteten Flächen errichtet werden, ist ein Bonus geplant. Voraussetzung soll unter anderem der Verzicht auf Herbizide werden.
Die Biodiversitäts-PV sollen eine besonders naturverträgliche Variante der Freiflächenanlage werden.
Die Details zu den ökologischen und technischen Anforderungen sollen bis zum Frühjahr 2024 geregelt werden.
Gibt es Veränderungen bei Dachanlagen?
Die Pflicht zur Direktvermarktung von Strom aus Dachanlagen soll flexibler gestaltet werden.
Für Landwirte besonders interessant ist, dass Gebäude im Außenbereich, die nach 2012 und vor dem 1. März 2023 gebaut wurden, für die Vergütung von PV-Anlagen zugelassen werden. Das sollen rund 35.000 Gebäude sein, beispielsweise Scheunen im Außenbereich. Ihr Potenzial wird auf 1 GW geschätzt.
Wann tritt das Solarpaket 1 in Kraft?
Bevor das Gesetz in Kraft treten kann, muss der Entwurf von Bundestag und Bundesrat im parlamentarischen Verfahren erörtert werden. Änderungen sind daher durchaus möglich.
Da der Regierungsentwurf als Einspruchsgesetz formuliert ist, sind die Einflussmöglichkeiten der Länderkammer allerdings begrenzt. Vorgesehen ist, dass das Solarpaket 1 zum 1. Januar 2024 in Kraft tritt.
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