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Laschet statt Söder: Union wählt Kanzlerkandidat der Schmerzen

Laschet-CDU-Praesidium
am Dienstag, 20.04.2021 - 15:25 (1 Kommentar)

Markus Söder hat die Entscheidung des CDU-Vorstands in der Frage der Kanzlerkandidatur akzeptiert. Sie ist mit 31 zu 9 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) gegen ihn und für Armin Laschet ausgefallen. In der Union hat sich damit der Kanzlerkandidat der Schmerzen gegen den der Herzen durchgesetzt.

Heute hat auch die CDU ihren Kanzlerkandidaten gewählt. Anders als bei den Grünen war es eine echte, dokumentierte Wahl mit Abstimmung und Ergebnis in Stimmen. Die Entscheidung bei Bündnis 90 - die Grünen gestern kann man als sachliche Diskussion mit anschließendem einstimmigen Resultat im Sinne des Landes schönreden. Oder man kann in die Satzung des Bundesverbandes der Partei schauen, wo steht: „[...] wobei den Frauen bei [Wahlvorschlägen] die ungeraden Plätze vorbehalten sind (Mindestquotierung)“.

Porträt von Simon Michel-Berger

Die Wahl von Annalena Baerbock zur Kanzlerkandidatin ihrer Partei bestand also im Wesentlichen daraus, dass der Bundesvorstand sie gefragt hat: „Willst Du es selber machen oder verzichtest Du zu Gunsten von Robert?“. Verzichtet hat sie offensichtlich nicht und damit hätte die Geschichte schon vor Wochen abgeschlossen sein können. Doch das wäre ja langweilig gewesen. So machten grüne Medienstrategen aus dieser für Baerbock sicher schweren Entscheidung, die gewiss erst nach einem langen inneren Reifungsprozess entstand, gestern eine schöne Medieninszenierung, die ihresgleichen sucht. Sie waren damit auch erfolgreich, denn ein Großteil der Presse in Deutschland ist darauf aufgesprungen.

CDU-Präsidium hatte einstimmig für Laschet votiert

Wie sah es währenddessen im Lager der Union aus? Überraschen dürfte die Entscheidung der CDU für Armin Laschet seit Anfang April niemand mehr. Wäre Markus Söder doch noch Kanzlerkandidat geworden, hätte das gesamte CDU-Präsidium geschlossen zurücktreten können. Schließlich hatte es sich noch vor einigen Tagen einstimmig hinter Laschet gestellt.

Verpasst hat die Union bei dem Gezerre aber, sich als Partei der bürgerlichen Mitte zu positionieren, die einen klaren, personenunabhängigen Wertekompass hat. Im zunehmend offenen Streit zwischen Laschet und Söder wurden stattdessen viele persönliche Rechnungen aufgemacht, die irgendwann bezahlt werden müssen. Eine Erneuerung der Partei sieht anders aus.

Union steht schwerer Wahlkampf bevor

Armin Laschet steht nun ein schwerer Wahlkampf bevor. Seine grüne Kontrahentin ist zwar nicht immer faktensicher (Kobold statt Kobalt in Elektrobatterien), aber Wahlen werden nicht nur von Fakten gewonnen, sondern auch von Gefühlen. Früher waren in Situationen unklarer Mehrheiten parteitreue Wählergruppen oft als Zünglein an der Waage entscheidend – selbst, wenn sie zahlenmäßig klein sind. Aber sogar ehemals engste Verbündete wie die Landwirte sehen in den Unionsparteien nicht mehr die erste Wahl. Auf wen Laschet an der Wahlurne wirklich noch zählen kann, wird sich im Herbst zeigen.

Ob es CDU/CSU damit für die erhoffte neue GroKo mit den Grünen reicht? Wenn die Grünen in so ein Bündnis die Visionen, Inhalte und die Verlässlichkeit mitbringen und die Union lediglich die restlichen Stimmen, die es zur Mehrheit braucht, dann höchstens als Juniorpartner.

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