Im Kern ist der Green Deal ein umfassender Plan für rund 50 Gesetzgebungsvorhaben, die die neue EU-Kommission für den Klimaschutz anpacken will. Schrittweise soll Europa binnen 30 Jahren klimaneutral werden. Das Zwischenziel für 2030 lautet, die Emissionen um 50 bis 55 Prozent unter den Wert von 1990 zu senken. Bisher hat sich die EU ein Minus von 40 Prozent vorgenommen.
Dazu sind Auflagen für die Landwirtschaft, aber auch in Energieversorgung, Industrieproduktion und Verkehr vorgesehen.
Von der Leyen bezeichnete die Strategie als „Beginn einer Reise“. „Wir haben nicht alle Antworten“, unterstrich die neue Kommissionschefin. Aber an einer Wirtschaft auf Basis fossiler Rohstoffe festzuhalten, sei realitätsfremd.
Landwirtschaft soll umweltfreundlicher werden
Zur Landwirtschaft heißt es im „Green Deal“: Die Nahrungsmittelproduktion führe noch immer zu Luft-, Wasser- und Bodenverschmutzung, trage zum Verlust an Artenvielfalt und dem Klimawandel bei und verbrauche unverhältnismäßig viele Ressourcen. Gleichzeitig werde ein bedeutender Teil der Lebensmittel verschwendet.
Um hier den Weg zu einer nachhaltigeren Ernährungspolitik zu ebnen, will die EU-Kommission im Frühjahr 2020 eine Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ vorlegen und eine breite öffentliche Debatte starten. Bis März 2020 soll außerdem eine Biodiversitätsstrategie vorliegen. Hinzu kommt eine neue EU-Forststrategie
Die Kommission erkennt an, dass die europäischen Landwirte der Schlüssel seien für den Wandel. Darum sollen ihre Anstrengungen zum Schutz von Umwelt und Biodiversität sowie zur Anpassung an den Klimawandel gefördert werden. Wenigstens 40 % des GAP-Budgets sollen ab 2021 für Klimamaßnahmen eingesetzt werden.
Signifikant weniger Dünger und Pflanzenschutz
Die Kommission will strikt darauf achten, dass die neuen nationalen Strategiepläne, mit denen die reformierte GAP umgesetzt werden soll, sich an den hohen Klimazielen orientieren. Landwirte sollen unter anderem dafür belohnt werden, wenn sie Kohlenstoff im Boden speichern.
Der Einsatz von Dünger- und Pflanzenschutzmitteln sowie von Antibiotika soll „signifikant“ zurückgeführt werden. Ein konkretes Minderungsziel nennt der Green Deal entgegen vorab bekanntgewordenen Versionen an dieser Stelle nicht mehr.
Der Ökolandbau soll ausgedehnt werden. Auch hier wird kein Ziel beziffert.
Mitgliedstaaten sind uneins
Der Green Deal ist gedacht als Signal an den EU-Gipfel am Donnerstag, bei dem es auch um das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 geht, und den laufenden UN-Klimagipfel Madrid.
Heute Nachmittag findet im Europäischen Parlament eine erste Debatte zu dem Aktionsprogramm statt. Von der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament erhielt von der Leyen bereits Rückendeckung. Das Programm sei ausgewogen und gut, sagte Gruppenchef Daniel Caspary in Brüssel. In dieser Form werde die Union dies im Europaparlament mittragen. Entscheidend sei, dass von der Leyen auf marktwirtschaftliche Mechanismen setze, die Klimaschutz auf möglichst preiswerte Weise erreichten.
EU-Ratschef Charles Michel forderte alle Mitgliedstaaten auf, die Strategie mitzutragen. Allerdings stellen sich Polen, Ungarn und Tschechien bisher noch quer.
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Umfassende Hilfen für den Umbau vorgesehen
Beim EU-Gipfel beraten die EU-Staats- und Regierungschefs morgen, ob sie das Ziel der Klimaneutralität 2050 offiziell annehmen.
Zur Finanzierung setzt von der Leyen in den nächsten zehn Jahren auf Investitionen in Höhe von 1 Billion Euro. Darüber hinaus werde ein "Fonds für einen fairen Übergang" Hilfen für Regionen bieten, die besonders große Anstrengungen übernehmen müssen. Über den Fonds sollen noch einmal 100 Milliarden Euro mobilisiert werden.
Bauernverband sieht Defizite in der Agrarförderung
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, stellte fest, der Green Deal setze hohe Ziele im Umwelt- und Klimaschutz. Für die Landwirtschaft sei es dabei entscheidend, dass auch konkrete Lösungswege aufgezeigt würden. Statt neuer Regulierung und Auflagen seien neue Kooperationsmodelle und Märkte für Umweltleistungen erforderlich.
Nach Einschätzung des DBV wird der hohe umweltpolitische Anspruch der neuen EU-Kommission nicht im Rahmen der bestehenden EU-Agrarförderung zu erfüllen sein.
Der Bauernverband fordert, den Green Deal mit dem hohen Wettbewerbsdruck an den Agrarmärkten in Einklang zu bringen. Daher müssten die geforderten höheren Umwelt- und Sozialstandards der EU auch für Agrarimporte gelten. Notwendig seien auch einheitlichere Rahmenbedingungen im EU-Binnenmarkt statt nationaler Alleingänge.
Kritik am Green Deal
Grüne und Umweltschützer kritisieren, dass von der Leyens neues Etappenziel erst im Herbst nächsten Jahres festgezurrt werden soll. Der „Green Deal“ sei zunächst nur die Ankündigung einer Vielzahl von Gesetzen und Programmen in den Jahren 2020 und 2021 ist.
Dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) gehen von der Leyens Pläne hingegen zu weit. Die ständige Verschärfung der Klimaziele führe zu einer Verunsicherung der Konsumenten und Unternehmen, sagte BDI-Präsident Dieter Kempf der Deutschen Presse-Agentur. Das sei "Gift für langlebige Investitionen".
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