Merkel, Klöckner, Altmaier treffen die Lebensmittelwirtschaft

Wie billig dürfen Lebensmittel sein? Bundeskanzlerin Angela Merkel lädt zum Spitzengespräch ins Kanzleramt, um über Billigangebote und Handelspraktiken zu diskutieren. Sie will keine Preise diktieren und sich aus der Preisfindung heraushalten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Bundesministerin für Landwirtschaft und Ernährung, Julia Klöckner, treffen im Kanzleramt zum Gespräch mit Vertretern des Lebensmitteleinzelhandels zusammen. Themen sind die Wertschätzung von Lebensmitteln und Dumpingpreise sowie faire Preisgestaltung und Lieferbedingungen bei Lebensmitteln mit Blick auf Bauern und Handel.
Das Gespräch war eines der Ergebnisse des Agrargipfels von Kanzlerin Merkel und Bundesministerin Klöckner Ende des vergangenen Jahres. Denn auch der Handel trägt Verantwortung für die Wertschätzung von Nahrungsmitteln und deren Erzeuger.
Leider gab es Probleme beim Livestream im Bundeskanzleramt. Ab Minute 24 ist der Livestream leider abgebrochen. Fünf Ergebnisse wurden nach dem Gipfel formuliert.
Merkel lehnt staatliche Eingriffe ab
Die Kanzlerin dringt beim Spitzentreffen über Lebensmittel auf rücksichtsvollere Geschäfte in der Nahrungsmittelindustrie. Staatliche Eingriffe in die Preise lehnt sie aber ab. Merkel machte deutlich, dass die nationale Umsetzung einer EU-Richtlinie gegen bestimmte unlautere Handelspraktiken "sehr schnell" im Laufe dieses Jahres vorangebracht werden solle. Sie hob Aktivitäten des Handels für die Einhaltung von Nachhaltigkeit und Menschenrechten bei importierten Lebensmitteln hervor.
Eingangsstatement von Julia Klöckner
Aus Sicht der Ministerin sei es wichtig, dass bei den folgenden drei Problembereichen ein gemeinsames Grundverständnis entwickelt wird:
- Es muss gewährleistet sein, dass erhöhte Lieferanforderungen (Standards), die die Landwirtschaft erfüllen muss, ihren Niederschlag auch in erhöhten Erzeugerpreisen finden.
- Lebensmittel – unsere Mittel zum Leben – müssen wieder mehr wertgeschätzt werden. Denn wir alle wollen eine tierwohlgerechtere und nachhaltigere Lebensmittelproduktion. Die Landwirtschaft kann diese Aufgabe nicht alleine stemmen.
- Wir brauchen ein faires Miteinander der Akteure in der Lebensmittelkette. Die Marktmacht der Akteure in der Kette ist sehr unterschiedlich verteilt.
DBV: Erzeugerseite braucht Verhandlungsposition auf Augenhöhe
Bauernverbandes Joachim Rukwied zieht folgendes Fazit: „Diese Runde war ein erster wichtiger Schritt, aber weitere müssen folgen. Dabei müssen unbedingt die Landwirte mit an den Tisch. Wir dürfen nicht bei der Umsetzung der europäischen UTP-Richtlinie stehen bleiben. Diese Regelung hat Lücken, die viele Probleme ungelöst lassen. Qualität, Regionalität und hohe Standards müssen angemessen honoriert werden. Dazu braucht die Erzeugerseite eine Verhandlungsposition auf Augenhöhe, die auch kartellrechtlich abgesichert ist.
Heidl: „Schluss mit rücksichtslosen Rabatten!“
BBV-Präsident Walter Heidl äußert sich im Vorfeld: "Ein Vorrang für regionale Erzeugnisse bringe Vorteile für Verbraucher, Handel, Landwirtschaft und Umwelt gleichermaßen, denn „die Arbeit der bayerischen Bäuerinnen und Bauern erfüllt weltweit höchste Standards in Sachen Umwelt- und Klimaschutz und Tierwohl. Unsere Lebensmittel sind frisch, sie stehen für kurze Wege und regionale Kreisläufe", so Heidl. "Diese Qualität erfordert einen angemessenen Preis. Die Handelskonzerne haben hier und jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder sie machen weiter wie bisher und ruinieren mit ihrer Preisschlacht unsere bäuerliche Landwirtschaft. Oder sie nehmen ihre Verantwortung endlich ernst und werden zu einem verlässlichen Partner für eine regionale Lebensmittelerzeugung."
Rewe verteidigt Preisgestaltung
Vor dem Spitzengespräch im Kanzleramt über Billigangebote bei Lebensmitteln hat Rewe-Chef Lionel Souque die Preisgestaltung des Handels verteidigt. "In Deutschland leben rund 13 Millionen Menschen in Armut oder an der Armutsgrenze. Günstige Lebensmittelpreise ermöglichen diesen Menschen eine gesunde und sichere Ernährung. Das wollen und werden wir als Lebensmittelhändler auch in Zukunft sicherstellen", sagte der Manager der Deutschen Presse-Agentur.
ALDI distanzierte sich nach dem Gipfel ausdrücklich von unlauteren Geschäftspraktiken, verspäteten Zahlungen sowie nachträglichen Änderungen von Lieferverträgen. Die Auflagen der europäischen Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken (UTP) werden in den Verträgen von ALDI seit Jahren bereits umfassend berücksichtigt.
Die Unternehmensgruppen ALDI Nord und ALDI SÜD begrüßen, dass der Dialog fortgeführt wird. Wir sind sehr interessiert an gemeinsamen Lösungen und beteiligen uns weiter konstruktiv am Austausch mit allen Beteiligten.
Verbraucherzentrale: Preisdruck ist nicht im Interesse des Verbrauchers
In der Debatte um Lebensmittelpreise in Deutschland fordern die Verbraucherzentralen faire Verhandlungsbedingungen zwischen Erzeugern und Supermarktketten. "Ein Preisdruck des Handels zulasten von Tierschutz- und Umweltstandards ist nicht im Interesse der Verbraucher", sagte der Chef des Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller, der Deutschen Presse-Agentur vor einem Spitzentreffen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU)
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