Das Ergebnis der Verhandlungen der EU-Kommission zum Mercosur-Abkommen kritisiert der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, scharf: „Es ist nicht zu akzeptieren, dass die EU-Kommission diese völlig unausgewogene Vereinbarung unterzeichnet. Dieses Handelsabkommen ist Doppelmoral pur. Es gefährdet die Zukunft vieler bäuerlicher Familienbetriebe, die unter den hohen europäischen Standards wirtschaften“.
Ungleiche Anforderungen bei Umwelt- und Klimaschutz, beim Antibiotikaeinsatz und beim Pflanzenschutz, sowie die fehlende ausreichende Absicherung des europäischen Marktes würden zu einer dramatischen Wettbewerbsverzerrung - insbesondere bei Rindfleisch, Geflügel und Zucker führen.
Auch die Nachhaltigkeitsziele der Bundesregierung würden konterkariert. Bauernpräsident Rukwied fordert die Staats- und Regierungschefs und das Europäische Parlament auf, die europäischen Standards für Landwirtschaft und Lebensmittel zu schützen und auf ein ausgewogenes Ergebnis hinzuwirken. „Die Landwirtschaft darf nicht zugunsten der Automobilindustrie geopfert werden“, so Rukwied.
"Das Abkommen wird die europäischen Landwirte unlauterer Konkurrenz aussetzen", fürchtet auch die Chefin der französischen Bauerngewerkschaft FNSEA, Christiane Lambert. Die Unterschrift der EU unter einem derartigen Vertrag sei daher "inakzeptabel".
Kommission öffnet Büchse der Pandorra
Die EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften (COGECA) hielten der EU-Behörde vor, mit dem geplanten Abkommen die „Büchse der Pandora“ zu öffnen. Beklagt wurde erneut eine „Doppelmoral“ der Kommission mit Blick auf die Lebensmittelsicherheitsstandards und den Umweltschutz.
Die Handelsreferentin der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Berit Thomsen, warnte, „wir importieren aus diesen Ländern künftig nicht nur Rindfleisch, sondern die mit der stark industriellen Produktion verbundenen Klimaschäden und menschenunwürdigen Produktionsbedingungen“. Die EU-Kommission und Teile der deutschen Politik stellten immer wieder heraus, dass die europäische Handelspolitik wertebasiert sei. In Brasilien würden aber die Werte wie Menschenrechte mit Füßen getreten, so Thomsen. Im Jahr 2017 seien 70 Morde an Kleinbauern und -bäuerinnen, Indigenen und Aktivisten verübt worden, die sich gegen das vordringende Agribusiness verteidigt hätten.
Die AbL-Handelsreferentin forderte eine neue EU-Handelspolitik, „die bäuerliche Arbeit, Tierwohl, Klimaschutz und Artenvielfalt stärkt, statt zerstört“. Die Agrarimporte aus Südamerika würden zu Marktstörungen in Europa führen, „denn wir haben bereits einen vollen Rindfleischmarkt“.
Grüne sehen Abkommen als faulen Deal
Heftige Kritik kommt auch aus dem Lager der Grünen im EU-Parlament. Die grüne Europaabgeordnete Anna Cavazzini sprach von einem „faulen Deal“. „Die Lippenbekenntnisse zum Pariser Klimaabkommen polieren nur das Image des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro auf“, so Cavazzini.
Der agrarpolitische Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, Martin Häusling, sprach von einer "wahren Katastrophe für die Umwelt, für das Klima und für die Menschenrechte". Der Grünen-Politiker kündigte an, seine Partei werde alles in ihrer Macht stehende tun, um die Entscheidung der "längst abgewählten EU-Kommission" im EU-Parlament noch aufzuhalten.
Wirtschaftsminister Altmaier hält Abkommen für einen Erfolg
Für Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) ist das Abkommen "ein Erfolg für uns alle" und brächte mehr Wohlstand und Arbeitsplätze. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer sieht besondere Vorteile für den Maschinenbau, die Auto- und Lebensmittelindustrie.
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