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Christian Schmidt im Interview

Milchkrise, DüVo und mehr: 9 Kernpositionen des Agrarministers

am Dienstag, 12.07.2016 - 13:30 (Jetzt kommentieren)

Bundesagrarminister Christian Schmidt erhöht den Druck auf die Milchbranche. Seine agrarpolitischen Ansichten und Vorhaben bekräftigt er im Interview.

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU)

Im ausführlichen Interview mit Agra-Europe spricht Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt über seine Überzeugungen hinsichtlich

  • der Bewältigung der Milchkrise,
  • der Neugestaltung der Düngeverordnung,
  • der Zusammenarbeit mit dem Umweltministerium,
  • dem Brexit und
  • der zukünftigen Ausgestaltung der GAP.

1. Lieferbeziehungen zwischen Molkereien und Erzeuger

Schmidt will die Lieferbeziehungen selbst stärker in den Fokus nehmen. Man müsse prüfen, "ob ein A-B-Preissystem möglicherweise mehr Verlässlichkeit gibt, ob beide Seiten auf Augenhöhe verhandeln oder ob es veränderte Vorgaben für Vertragslaufzeiten geben muss".

"Ich behalte mir aber gesetzgeberische Eingriffe vor, wenn ich Schieflagen auf dem Milchmarkt erkenne. Dazu gehört auch, dass wir den Artikel 148 voll umsetzen und möglicherweise eine Anpassung im Hinblick auf die Lieferbeziehungen vornehmen."

2. Milch-Mengenbegrenzung

Keine Chance räumt der CSU-Politiker Forderungen nach einer obligatorischen Mengenbegrenzung auf EU-Ebene ein. Dies sei mit dem bestehenden europäischen Recht nicht machbar. "Nationale Alleingänge lehne ich strikt ab. Da wäre der Schaden für unsere Bauern größer als der Nutzen", erklärt der Minister gegenüber AgE.

3. Andienungspflicht

"Ich respektiere, dass es im Genossenschaftsrecht Satzungsrechte gibt", unterstreicht Schmidt. Allerdings müssten diese Satzungsrechte dem Prinzip von Friedrich Wilhelm Raiffeisen dienen und den Erzeugern Vorteile bringen.Wenn das nicht erreicht werden könne, müsse man das System der Andienungspflicht hinterfragen.

4. Weiteres Hilfspaket

Erneut spricht sich Schmidt dafür aus, Liquiditätshilfen im Rahmen eines zweiten EU-Hilfspakets an eine Mengendisziplin zu knüpfen: "Jeder, der für sich staatliche Hilfen in Anspruch nimmt, muss einen Gegenleistung bringen und einen Beitrag zu Marktberuhigung leisten." Hinsichtlich der Ausgestaltung wartet der Minister auf die Vorgaben der Europäischen Kommission. Mit deren Vorschlag für ein neuerliches Hilfspaket rechnet Schmidt für die nächste Ratssitzung am 18. Juli.

Bis August will er Klarheit über die weiteren Hilfsmaßnahmen für die Landwirtschaft schaffen. "Ich will erreichen, dass die ersten Gelder noch in diesem Jahr auf den Höfen ankommen. Das hängt aber von der Verfügbarkeit der Haushaltsmittel, vor allem auf EU-Ebene, ab."

5. Novelle Düngeverordnung

Weitergehende Änderungen an dem Entwurf zur Novelle der Düngeverordnung schließt Schmidt aus. "Sollte die Landwirtschaft und vor allem die kleineren Betriebe tatsächlich überfordert und in ihren Handlungsmöglichkeiten unangemessen beschränkt werden, werden wir das nicht akzeptieren. Dann wird man sich tatsächlich vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) auseinandersetzen müssen", führt Schmidt im Interview aus.

6. Zusammenarbeit mit Umweltministerium

Deutliche Auffassungsunterschiede räumt der Minister mit dem Bundesumweltministerium ein. Dem wirft er ideologisch und parteipolitisch motivierte Positionen vor. Eine gemeinsame Position beider Ministerien zur GAP-Reform schätzt er als schwierig ein.

7. GAP nach 2020

Zurückhaltend äußert sich der CSU-Politiker zu einer möglichen Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Hier warne er vor "ideologischen Turnübungen".

"Wir sind in der Verpflichtung, im Hinblick auf die Halbzeitüberprüfung der letzten GAP-Reform und der Finanzplanungsperiode Position zu beziehen.Wir müssen die Veränderungen aufnehmen, die sich durch Entwicklungen auf dem Markt ergeben, aber auch aus neuen Fragen wie der Ökologie oder des Tierwohls. Aber dies darf nicht zu Lasten des Basiseffekts bei der Ersten Säule gehen."

8. Staatliches Tierwohllabel

Der Minister bekräftigt sein Ziel, ein staatliches Tierwohllabel zu schaffen. Dazu gebe es derzeit intensive Gespräche, etwa mit der Brancheninitiative Tierwohl.

9. Brexit

"Wir werden uns auf EU-Ebene dafür einsetzen, dass die zukünftigen Handelsbeziehungen den Handel mit Großbritannien möglichst wenig beeinträchtigen. Der Austritt des Nettozahlers Großbritannien wird die anstehenden Verhandlungen zur GAP sicher nicht leichter machen. Ich warne aber im Hinblick auf die nächste Reform vor zu vielen ideologischen Turnübungen, auch in unserem Lande. Ich bin gegen allzu große Veränderungswünsche. Wenn wir denen nachgäben, würde nach meiner Einschätzung auf europäischer Ebene die Bereitschaft sinken, die Landwirtschaft weiter wie bisher zu unterstützen."

Die Agrarminister der Bundesländer 2020

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