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Milchmarkt

Milchmenge: Begrenzung in Krise ist nicht durchsetzbar

Hartwig-Bettina-Dr.
am Montag, 11.06.2018 - 07:08 (Jetzt kommentieren)

Viele Bundesländer und Milchbauern fordern, in Krisenzeiten die Milchmengen zu begrenzen. Bundesregierung und die EU halten davon aber gar nichts.

Hartwig-Bettina-Dr.

Eine Begrenzung der Milchmenge in Krisenzeiten ist derzeit politisch auf EU-Ebene nicht durchsetzbar. Das stellte Dr. Bettina Hartwig, Leiterin der Unterabteilung Agrarmärkte im Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL), klar.

„Die EU-Kommission verschwendet derzeit keinen Gedanken an solche Überlegungen“, so die Ministerialdirigentin bei der Mitgliederversammlung des Verbandes der Milcherzeuger Bayern e.V. (VMB).

Zwar räumte die Marktexpertin ein, dass die EU einen beachtlichen Anteil von 30 Prozent am Weltmarkt habe und die Mengenentwicklung in der EU eine Rolle am internationalen Markt spiele. Dennoch gebe es keine Garantie steigender Milchpreise bei entschädigungslosen Mengenkürzungen.

Derzeit fordern 10 der 16 Bundesländer, dass sich der Bund in Brüssel für solche Maßnahmen einsetzt. „Gerade die bisherigen Milchkrisen zeigten, dass Milcherzeuger bei sinkenden Preisen zunächst die Milchmengen erhöhten, um die Liquidität auf ihren Höfen sicherzustellen. Sollten Mengen entschädigungslos gekürzt werden, geraten Milchbauern noch schneller in eine existenzielle Krise“, befürchtet die BMEL-Mitarbeiterin.

Milchbranche hat viele Möglichkeiten

Stattdessen müssten Milcherzeuger und Molkereien laut Hartwig auf andere Lösungen setzen. Besser auszubauen sei das privatwirtschaftliche Risikomanagement, beispielsweise die Absicherung über Warenterminbörsen.

„Auch bei der Wertschöpfung müssen die Molkereien ansetzen“, zeigte die Referentin auf. „So importiert Deutschland Milchprodukte mit höherer Wertschöpfung und führe Produkte mit niedrigeren Margen aus“. 

Eine gezieltere Mengenplanung und das frühzeitige Weitergeben von Preissignalen könnten ebenfalls helfen, besser auf Krisen vorbereitet zu sein. Die Beamtin empfahl den Molkereien eine stärkere Preisdifferenzierung über Festpreise in ihren Lieferbeziehungen zu setzen. Fazit: Die Molkereibranche hat es (noch) selbst in der Hand, ihre Lieferbeziehungen krisengerechter auszugestalten.

Artikel 148 nur als letzte Möglichkeit

Nur sanft drohte Hartwig vor Milchbauern und Molkereivertretern mit dem Artikel 148 der Gemeinsamen Marktordnung (GMO). Der Bund wolle nichts vorschreiben. Der neue Rechtsrahmen sei als wirklich letzte Handlungsmöglichkeit, als „ultima ratio“ des Gesetzgebers zu verstehen. Der Artikel 148 GMO ermöglicht, alle Molkereien zu verpflichten, Menge, Preise und Laufzeiten in Verträgen zu fixieren. „Der Artikel kratzt nicht an der Andienungsplicht der Genossenschaften“, stellte die Unterabteilungsleiterin klar.  

Vorsitzende von Milcherzeugergemeinschaften erklärten, dass solche Vorgaben in der Praxis schwer umsetzbar seien und nicht nur Vorteile für die Milchbauern brächten. „In langfristigen Verträgen ist über einen längeren Zeitraum kein vernünftiger Milchpreis festzuschreiben“, kritisierten Johann Bauer, Vorstandsmitglied der Bayern MEG, und Reinhard Endres, Vorstandsvorsitzender der Milchplattform e.V. 

Das agrarheute-Magazin hat in seiner Juni-Ausgabe im Titelthema über die Erfahrungen von Milcherzeugergemeinschaften mit festen Milchmengen in ihren Liefervereinbarungen berichtet.

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