Nicht gelten lassen will die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Gitta Connemann, die Kritik vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) an einem „engen Beziehungsgeflecht“ zwischen Agrarwirtschaft, Agrarpolitik und Deutschem Bauernverband (DBV).
Die CDU-Politikerin warf dem NABU vor, er messe mit zweierlei Maß. „Was er bei sich nicht hinterfragt, prangert er beim Bauernverband mit Vehemenz an“, erklärte Connemann und verwies auf den unlängst erfolgten Wechsel des bisherigen NABU-Landesvorsitzenden von Nordrhein-Westfalen, Josef Tumbrinck, als Unterabteilungsleiter ins Bundesumweltministerium.
Connemann: Kompetenz schadet nicht
Keinesfalls anstößig ist für Connemann das Engagement von Parlamentariern in Interessenverbänden. „Seit wann schadet Kompetenz?“, fragt die Abgeordnete. Es sei doch gut, „wenn ein Abgeordneter weiß, worüber er spricht“. Deshalb seien ja auch Gewerkschaftsvertreter im Ausschuss für Arbeit und Soziales, Mediziner im Gesundheitsausschuss und Mitglieder vom BUND im Umweltausschuss.
Connemann: „Wieso sollte gerade die Landwirtschaft da eine Ausnahme bilden müssen?“ Wäre das so, dürfte sich ihrer Auffassung nach kein Politiker mehr neben seinem Mandat engagieren.
Allein die Abgeordneten entscheiden
Laut Connemann steht jede Fraktion im Austausch mit Verbänden und Interessenvertretern. Die Union mache da keine Ausnahme: „Wir reden mit Agrarverbänden wie übrigens auch mit Gewerkschaften oder Kirchen.“
Die Abgeordneten erhielten auf diese Weise Hinweise aus der Praxis, bekämen mögliche Auswirkungen ihrer Entscheidungen vor Augen geführt und würden auch mit Forderungen konfrontiert.
Daran sei grundsätzlich nichts Anrüchiges, denn, so Connemann, „am Ende entscheiden immer wir Abgeordnete allein“. Ein Problem bestehe nur dann, wenn sich Abgeordnete von außen bestimmen ließen. „Das kann ich bei uns aber nicht erkennen“, sagt die Unionspolitikerin.
Hintergrund
Der NABU hatte gestern eine von ihm in Auftrag gegebene Studie „Verflechtungen und Interessen des Deutschen Bauernverbandes“ des Instituts Arbeit und Wirtschaft (iaw) der Universität Bremen veröffentlicht.
Der DBV sei eng verwoben mit CDU/CSU und der Europäischen Volkspartei (EVP), heißt es darin. Derzeit hätten 85 Prozent der Unionsmitglieder im Bundestagsernährungsausschuss einen direkten Bezug zur Agrar- und Landwirtschaft.
Die ARD hatte in ihrer Berichterstattung "Gekaufte Agrarpolitik?" am 29. April um 22.55 Uhr vor allem die Verflechtungen des EU-Abgeordneten Albert Deß und des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Franz-Josef Holzenkamp moniert, der heute Präsident des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV) ist.
Auch DBV-Präsident Joachim Rukwied begleite etliche Ämter in der Agrarbranche, monierten die ARD-Jouunalisten. Dabei ist Rukwied kein Mitglied im Bundestag.
NABU-Präsident Olaf Tschimpke sieht darin eine wesentliche Ursache, „dass notwendige Reformen oft scheitern und sich Einzelinteressen der Agrarbranche gegenüber dem Gemeinwohl durchsetzen“.