Wenn die Landwirtschaftsminister von Bund und Ländern morgen (5.5.) in Berlin zu einer Sonder-Agrarministerkonferenz (Sonder-AMK) zusammenkommen, dürfte erneut intensiv gestritten werden um ein Finanzierungskonzept für die Transformation der Tierhaltung.
Zwar betonen sowohl die Minister der unionsgeführten Länder als auch die Länder mit Grünen-Ressortchefs, dass der Transformationsprozess ohne eine ausreichende Finanzierung nicht gelingen könne. Die Unionsländer erklären darüber hinaus, dass die Tierhalter „verlässliche und konkrete Zusagen zur Förderung der laufenden Mehrkosten benötigen“.
Ausdrücklich enthält der Beschlussvorschlag der sogenannten B-Länder einen Hinweis auf die Forderungen der Borchert-Kommission
- nach rechtssicheren Verträgen für die Tierhalter mit Laufzeiten von 20 Jahren,
- einem Förderbetrag von zunächst 80 % bis 90 % der laufenden Mehrkosten sowie
- nach einer Einbeziehung eines Großteils der schweinehaltenden Betriebe in die Förderung.
Grüne Minister ohne Bezug zur Borchert-Kommission
Demgegenüber wollen die grünen Agrarminister der Länder lediglich sicherstellen, dass sich die Förderrichtlinien konsequent an den Vorgaben des geplanten Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes orientieren. E
inen Bezug zu den Borchert-Empfehlungen stellen die Grünen nicht her. Die grünen Agrarminister wollen sich auch nicht der Forderung ihrer Unionskollegen anschließen, das im geplanten Bundesförderprogramm vorgesehene Förderkriterium „intakter unkupierter Ringelschwanz“ schrittweise und mit realistischen prozentualen Anteilen intakter Ringelschwänze einzuführen.
Großteil der Landwirte könnte von der Förderung ausgeschlossen werden
Im Vorfeld der Sonder-AMK, über die agrarheute morgen im Anschluss an die Konferenz berichten wird, hat auch der Deutsche Bauernverband (DBV) nochmals die Forderungen der Landwirte formuliert. Aus Sicht des DBV sind die geplanten Obergrenzen im Bundesprogramm zum Umbau der Tierhaltung inakzeptabel.
Angesichts der Herausforderungen für die Betriebe seien die vorgesehenen Begrenzungen der Fördersummen, der Fördersätze und der Tierzahlen völlig unzureichend, kritisierte der Verband. Er warnt davor, den überwiegenden Teil der landwirtschaftlichen Tierhaltung in Vollerwerbsbetrieben von vornherein von der Förderung auszuschließen.
Dies sei der Fall, wenn die Zuschüsse wie geplant auf maximal 200 Sauen und 6.000 verkaufte Mastschweine jährlich begrenzt würden. Unumgänglich sei stattdessen eine gesicherte und deutlich höhere Förderung von Tierwohlinvestitionen, die die Breite der tierhaltenden Betriebe einbeziehe.
Bauernverband sieht Bewegung beim Baurecht für den Stallbau
In die Diskussion um Änderungen des Baurechtes ist dem DBV zufolge mit der Einigung der Koalitionsfraktionen Bewegung gekommen. Beispielsweise werde endlich anerkannt, dass im Baugesetzbuch eine Tierwohlverbesserungsklausel mit entsprechendem Bestandsschutz notwendig sei. Allerdings lasse die vorgelegte Gesetzesanpassung die Sauenhaltung außen vor. Dies sei nicht nachvollziehbar, da diese Betriebe massiv unter Druck stünden, sich an die Vorgaben der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung anzupassen.
Unverhältnismäßig ist laut Bauernverband, dass Landwirte ihre alten Ställe zurückbauen müssen, wenn sie einen tierwohlgerechten Ersatzbau errichten. Nicht zuletzt unter Eigentumsaspekten müsse eine Umnutzung des Altstalles ohne Tiere ermöglicht werden.
DBV-Anliegen zur Sonder-Agrarministerkonferenz
Tierwohl muss Vorrang erhalten im Immissionsschutzrecht
Schließlich bekräftigt der DBV seine Forderung nach einem eindeutigen Tierwohlvorrang im Immissionsschutzrecht, ohne den die geplanten Erleichterungen im Baurecht ins Leere liefen. Unerlässlich sei eine Überarbeitung der TA Luft und des Bundesimmissionsschutzgesetzes.
Die von der AMK ins Auge gefassten gemeinsamen Vorgaben für die Auslegung und den Verwaltungsvollzug der bestehenden TA Luft hält der DBV für dringend erforderlich; diese könnten aber nur ein erster Schritt sein. Unabhängig von der Definition „qualitätsgesicherter Haltungsverfahren“ in der TA Luft bedarf es laut Bauernverband einer Anpassung des Bundesimmissionsschutzgesetzes, um überhaupt Änderungen vorhandener Stallbauten im Sinne des Tierwohls realisieren zu können. Der DBV schlägt hier beispielsweise eine „Tierwohl-Verbesserungsgenehmigung“ im Zuge einer geänderten Abwägung der Schutzgüter Luft und Tierwohl vor.
Bioland kritisiert unzureichende Unterstützung für Ökobetriebe
Der größte deutsche Öko-Anbauverband Bioland kritisierte das geplante Bundesprogramm zum Umbau der Tierhaltung ebenfalls. Das Bundesprogramm benachteiligt in seiner jetzigen Entwurfsfassung aus Sicht von Gerald Wehde, Leiter des Bereichs Agrarpolitik bei Bioland, die Bio-Schweinehalter.
Wehde kritisiert den einheitlichen Deckelungsbetrag für die laufenden Mehrkosten in allen Haltungsstufen. „Wer verspricht, 70 beziehungsweise 80 Prozent der Mehrkosten zu fördern, muss dies auch für die Bio-Schweinehaltung erfüllen“, so Wehde. Es müsse eine fachlich umfassende Berechnung der Mehrkosten herangezogen werden, die die Realität widerspiegelt. Werden die höheren Futter- und Arbeitskosten nicht berücksichtigt, blieben Ökobetriebe darauf sitzen.
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