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Regierungsbefragung

Özdemir gerät bei Prognose über den Düngermarkt ins Straucheln

Während der gestrigen (21.09.) Regierungsbefragung trat Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) selbstbewusst auf. Inhaltich kamen aber Unsicherheiten zum Vorschein.
Johanna Michel
Johanna Michel, agrarheute
am Donnerstag, 22.09.2022 - 15:44 (Jetzt kommentieren)

Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) stellte sich gestern (21.09.) den Fragen von Bundestagsabgeordneten. Die Überzeugungskraft in der Krise zu behalten, gestaltete sich für ihn an manchen Stellen schwierig.

Seine Äußerungen zur Entwicklung der Lebensmittelpreise und zur Stilllegung von Düngemittelfabriken konnte Özdemir nicht unkorrigiert stehen lassen. Gegenüber dem CDU-Abgeordneten Steffen Bilger verteidigte er sich mit der Feststellung, dass die aktuelle wirtschaftliche Lage mit der Inflation zu Bedingungen geführt habe, mit denen sich die damalige Regierung nicht habe auseinandersetzen müssen. Auf Bilgers Bitte, aufzuzählen, wie viele Gesetze er bereits verabschiedet habe, verwies Özdemir auf „umfassende Versäumnisse“ aus der Vorgängerregierung.

Düngung: Knappheiten bei strengeren Regeln

Der AfD-Abgeordnete Stephan Protschka erkundigte sich nach zu erwartenden Düngerknappheiten aufgrund der stillgelegten Düngemittelfabriken. Laut Özdemir befinde sein Haus sich im engen Austausch mit der Landwirtschaft, dem Landhandel und mit der Düngemittelindustrie.

Zunächst verkündete der Minister, dass für 2023 keine Engpässe abzusehen seien. Wie sich der Düngermarkt danach entwickle, sei abhängig vom Fortgang des Kriegs. Später ergänzte Özdemir, „mögliche Engpässe, was die Preise angeht“ seien nicht zu erwarten; für die Menge an Düngemitteln könne noch keine Aussage getroffen werden.

Bezüglich einer Knappheit von Kohlensäure versicherte Özdemir, dass das Bier nicht schal werde und die Produktion aufrecht erhalten werden solle.

Die Richtlinien zur Umsetzung der Düngeverordnung will der Minister bis Ende November „in trockenen Tüchern haben“. Er betonte, dass das Verursacherprinzip das Ziel sei und sagte zum Abwenden des Vertragsverletzungsverfahrens: „Deutschland hat wieder ein anständiges Verhältnis zur Kommission.“

Ökolandbau trotz sinkender Nachfrage ausbauen

Artur Auernhammer

Nachdem Özdemir den Stand seiner geplanten Ernährungsstrategie erläutert hat, wies der CSU-Agrarpolitiker Artur Auernhammer darauf hin, dass der Verbraucher momentan verstärkt zu Billigprodukten aus Discountern greife und der Anteil des Bio-Konsums zurückgehe. - „Sie haben in Teilbereichen Recht, es gibt eine Verlagerung“, sagte der Grünen-Politiker. Es würden jedoch nach wie vor Bioprodukte eingekauft – allerdings weniger in Bioläden.

Die Biobranche müsse jetzt ihre Vorteile ausspielen, beispielsweise die Unabhängigkeit von mineralischem Dünger. Staatliche Organisationen müssten außerdem in ihren Kantinen auf das Bioangebot achten. Auf Auernhammers Nachfrage, was für Betriebe getan wird, die gerade umgestellt haben, verwies Özdemir auf die bestehenden Förderprogramme des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) und auf die Bio-Stufe beim geplanten Umbau der Tierhaltung. Darüber hinaus werde die Forschung zum Ökolandbau vorangebracht. Ziel sei es, im Bioanbau eine ähnliche Produktivität wie in der konventionellen Landwirtschaft zu erreichen.

Für die Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, die Özdemir befürwortet hatte, gebe es „erkennbar keine Mehrheit“. Trotzdem schreie das System danach, überprüft zu werden.

Verbesserungsbedarf bei EU-Pflanzenschutzverordnung

Keine Zweifel habe das BMEL laut Özdemir an der Reduzierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes. Bei den geplanten EU-Regeln gebe es aber noch „ein paar Baustellen“. Es müsse genau auf die Flächenkulisse geschaut werden, weil die Definition von sensiblen Gebieten in Europa nicht einheitlich sei. Die Grundrichtung der EU-Pläne bestätigte Özdemir aber. Er führte Dänemark als Beispiel an, wo der Pflanzenschutzmitteleinsatz schon reduziert worden sei, ohne die Ernten gelitten hätten.

Gero Hocker vom Koalitionspartner FDP erkundigte sich beim Minister, ob er seine Meinung teile, dass die Vorschläge von Vize-Kommissionpräsident Frans Timmermans völlig aus der Zeit gefallen sind. Das verneinte Özdemir, betonte aber nochmals, dass der EU-Vorschlag zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln nicht zu Deutschland passe.

Zudem bekannte sich der Grünen-Politiker zum Glyphosatverbot. Falls es in Europa nicht gelingt, das Verbot umzusetzen, wolle er auf nationaler Ebene alles tun, um das Ziel aus dem Koalitionsvertrag – ein Markt ohne Glyphosat ab 2024 – umzusetzen.

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