Berlin Ein Unglück kommt selten allein. Statt Landwirte wie Bäcker und Metzger auch stärker von den Energiekosten zu entlasten, müssen viele Bauern auch noch mit steuerlichen Zusatzbelastungen rechnen. Denn der Bund will bekanntlich im Zuge der Änderung des Verbrauchsteuergesetzes die Vorsteuerpauschale für Landwirte ab dem 1. Januar 2023 von 9,5 % auf 9,0 % senken. Nach Berechnungen des FDP-geführten Bundesfinanzministeriums würde das für die landwirtschaftlichen Betriebe eine Zusatzbelastung von 40 Mio. € bedeuten.
Der CDU-Agrarexperte Hans-Jürgen Thies wirft dem Bundesfinanzministerium vor, sich nicht an das eigene Gesetz gehalten zu haben, indem es aus der Umsatzsteuerstatistik nicht alle steuerbaren Umsätze aus der Regelbesteuerung herausrechne. Dadurch werde zum Schaden der kleinen bäuerlichen Betriebe der Pauschalierungssatz zu stark reduziert.
Union sieht versteckte Steuererhöhung
Die „selbsternannte Steuersenkungspartei FDP“ in Gestalt von Bundesfinanzminister Christian Lindner erhöhe Steuern dort, wo es im Großen nicht so auffalle, so Thies. Allerdings hatte die Vorgängerregierung unter der Union die gleiche Rechenmethode angewandt, als sie 2021 die Vorsteuerpauschale von 10,7 % auf 9,5% absenkte. Damals hatte der heutige Bundeskanzler Olaf Scholz das Finanzressort zu verantworten. Nach Schätzungen der früheren Bundesregierung kam es dadurch zu Mehrbelastungen von 80 Mio. € im Jahr 2022 und 95 Mio. € ab 2023.
Der CDU-Politiker betont, dass die Vorsteuerpauschalierung ein bewährtes Verfahren zum Schutz der kleineren landwirtschaftlichen Betriebe mit einem Jahresumsatz bis 600.000 € vor übermäßigem Bürokratieaufwand sei. „Die uns von der EU auferlegte jährliche Neubewertung der Pauschalierung muss im Interesse der Betriebe transparent und nachvollziehbar vorgenommen werden. Für die Berechnung legt das Umsatzsteuergesetz präzise Kriterien fest“, stellt Thies klar.
Vorwurf: Pauschale künstlich heruntergerechnet
Der finanz- und haushaltspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Sebastian Brehm, hielt der Ampelkoalition vor, sie wolle die Vorsteuerpauschale auf null herunterfahren. Die jetzt vorgesehene Absenkung um einen halben Prozentpunkt sei offenbar der erste Schritt dahin. Dieser Eindruck verstärke sich auch dadurch, dass die Vorsteuerpauschale durch eine willkürliche Ausblendung von Faktoren künstlich heruntergerechnet worden sei. Die Berechnungsmethodik sei „schlichtweg falsch“.
Die Unionsfraktion warnte, dass sich damit nun auch steuerpolitisch der wirtschaftliche Druck gerade auf die kleinen und mittleren Bauernhöfe verstärke. Die Konsequenz werde sein, dass viele weitere bäuerliche Betriebe in den Ruin getrieben würden, „mit erheblichen Folgen auf das Leben in den ländlichen Regionen unseres Landes über die Landwirtschaft hinaus“.
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