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Europäische Kommission

Wird ein Pole der nächste EU-Agrarkommissar?

Gebäude der EU-Kommission in Brüssel
am Dienstag, 27.08.2019 - 11:43 (Jetzt kommentieren)

Die künftige EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen führt diese Woche Gespräche mit den Brüsseler Kandidaten. Für den Posten von Agrarkommissar Phil Hogan gibt es einen Favoriten. Er kommt aus Polen.

In dieser Woche wird die künftige Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, mit den Kandidaten für die nächste EU-Kommission ihre Vorstellungsgespräche führen. Insgesamt hat die ehemalige Verteidigungsministerin 26 Kommissionsposten zu vergeben. Großbritannien wird wegen des Brexits keinen Vertreter mehr in die Brüsseler Behörde entsenden.

Alle übrigen Mitgliedstaaten - mit Ausnahme der Schwergewichte Frankreich und Italien - haben inzwischen ihre Kandidaten benannt. Für das Amt des EU-Agrarkommissars gibt es gleich mehrere Bewerber, aber inzwischen offenbar einen klaren Favoriten.

Rechnungsprüfer Janusz Wojciechowski in der Favoritenrolle

Janusz Wojciechowski

Wie die für gewöhnlich gut informierte Brüsseler Redaktion "Politico" schreibt, will von der Leyen das Agrarkommissariat an Polen vergeben. Die Pläne sind so konkret, dass Polen diese Woche seinen Bewerber für den Kommissionsposten auswechselte.

Statt dem bisher nominierten Krzysztof Szczerski, der sich für Infrastruktur und Regionalpolitik bewarb, ernannte die polnische Regierung nun Janusz Wojciechowski. Das hat ein Regierungssprecher in Warschau bestätigt.

Der 64-jährige Jurist gehört zurzeit dem Europäischen Rechnungshof an. Von 2004 bis 2014 war er Abgeordneter verschiedener Parteien im Europäischen Parlament, zuletzt für die Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Von 2014 bis 2016 war Wojciechowski stellvertretender Vorsitzender des Agrarausschusses im Europaparlament. Er soll heute bereits ein erstes Gespräch mit von der Leyen geführt haben.

Bulgarien ist am Agrarkommissariat ebenfalls interessiert

Interesse an dem mit einem großen Budget ausgestatteten Agrarkommissariat hat auch Bulgarien angemeldet. Sofia schickt die derzeitige Digitalkommissarin Mariya Gabriel ins Rennen. Auch wenn Gabriel erst seit 2017 als Digitalkommissarin fungiert, ist sie kein Neuling auf dem Brüsseler Parkett. Von 2011 bis 2017 saß sie als Abgeordnete für die Partei „Bürger für ein europäisches Bulgarien“ (GERB) im Europaparlament und von 2014 bis 2017 fungierte sie als Vizepräsidentin der EVP-Fraktion.

Betrugsskandal könnte nachwirken

Nachteilig für Gabriel könnte sein, dass ihre bulgarische GERB-Regierung erst im Frühjahr in einen Betrugsskandal zu Lasten der EU verwickelt war. Wegen EU-geförderter Gästehäuser, die oft als Privatvillen genutzt werden, musste Landwirtschaftsminister Rumen Poroschanow zurücktreten. In Bulgarien wurden von 2007 bis 2013 amtlichen Angaben zufolge 746 Gästehäuser gebaut, die von einem EU-Programm zur Entwicklung ländlicher Regionen mitfinanziert wurden. Bei der zuständigen Agrarzahlungsagentur in Sofia wurde ermittelt. Poroschanow hatte diese Behörde im Zeitraum der festgestellten Verstöße geleitet.

Hogan könnte Handelskommissar werden

Der aktuelle EU-Agrarkommissar Phil Hogan ist von seiner Regierung bekanntlich erneut als Kandidat für den irischen Kommissionsposten benannt worden. Er würde wohl auch das Agrarressort weiter leiten. Mehr Interesse wird ihm jedoch an dem politisch höher bewerteten Posten des EU-Handelskommissars nachgesagt.

Vieles spricht dafür, dass von der Leyen ihn in dieser Rolle einsetzen wird: Hogan ist als politisches Schwergewicht und Ire die ideale Besetzung, um nach einem Brexit weitere Verhandlungen mit den Briten über den Handel mit der EU zu führen. Eine zentrale Frage wird dabei die grüne Grenze zwischen der Republik Irland und Nordirland sein, die dann zur EU-Außengrenze wird.

Anhörungen im Parlament Anfang Oktober

Falls sich von der Leyen für den Polen Wojciechowski als Agrarkommissar entscheidet, braucht der - wie alle Kandidaten - allerdings noch das grüne Licht des Europäischen Parlaments.

Die Anhörungen durch das EP finden in der ersten Oktoberwoche statt. Erst mit der Zustimmung durch das Parlament können die neuen Kommissare am 1. November planmäßig ihre Ressorts übernehmen.

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